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Odenwaldkreis: Das Verfahren um die Affäre Standortmarketing neigt sich dem Ende zu

Noch in diesem Jahr könnte der umfangreiche Strafprozess gegen den früheren Landrat des Odenwaldkreises Dietrich Kübler in der sogenannten Standortmarketing-Affäre zu Ende gehen. Foto: © by –pdh–

Was bisher geschah im Strafverfahren gegen den Ex-Landrat des Odenwaldkreises Dietrich Kübler (67, ÜWG) + + + Weitere Strafverfahren zeichnen sich ab

ODENWALDKREIS / MICHELSTADT. - Wenn keine besonderen Ereignisse eintreten, werden am 20. Dezember die Plädoyers im Verfahren gegen den früheren Odenwälder Landrat Dietrich Kübler im Amtsgericht Michelstadt gehalten. Die Urteilsverkündung könnte noch am selben Tag erfolgen.

Mit diesem Termin endet dann ein Verfahren, das am 6. Juli diesen Jahres begann und sich dann über zwölf Verhandlungstage erstreckte. Drei Termine waren vorgesehen gewesen.

Die Affäre begann mit den ersten FACT-Berichten im Juni 2013 über vermutete Unregelmäßigkeiten beim geplanten neuen Standortmarketing-Projekt des Kreises im Jahr 2011. Die Kritik hatte sich am Vorgehen des damaligen Landrats entzündet, der bei der Bewerberauswahl den mit ihm befreundeten Inhaber einer Erbacher Werbeagentur bevorzugt und in den Genuss des mit EU-Mitteln geförderten größeren Auftrags gebracht haben soll.

Dabei soll nach Aussagen verschiedener Zeugen gegen Vergaberegeln verstoßen und mit Drohungen und Einschüchterungen vorgegangen worden sein. Am Ende widerrief die fördernde hessische Wirtschafts- und Infrastrukturbank (WI-Bank) einen Großteil der zugesagten Fördermittel.

Der Schaden für den Kreis allein aus diesem Vorgehen beträgt nach Ansicht der Darmstädter Staatsanwaltschaft knapp 100.000 Euro. Sie wirft dem ehemaligen Landrat Untreue zu Lasten des Odenwaldkreises vor.

Beobachter erwarten weitere Strafverfahren gegen andere Personen

Der Prozessverlauf offenbarte eine Reihe ungewöhnlicher Vorkommnisse. Möglicherweise werden die Ergebnisse der Beweisaufnahme weitere Verfahren nach sich ziehen. Da sind zum einen einige Zeugen, denen sowohl Amtsrichter Helmut Schmied als auch Staatsanwältin Brigitte Lehmann eindringlich und wiederholt erklärt haben, dass falsche Zeugenaussagen strafbewährt sind.

Und dann ist da ein Hauptabteilungsleiter, der eine recht dubiose Rolle gespielt hat, sowohl im Verlauf der Bewerberauswahl zum Jahreswechsel 2011/2012, der anscheinend durch Unterdrückung von juristischen Erkenntnissen zum Schaden des Odenwaldkreises beigetragen hat, als auch im Zeugenstand mehrmals eindringlich belehrt werden musste.

Dass Menschen sich nach sechs Jahren nicht mehr an Einzelheiten von Sitzungen erinnern können, ist absolut nachvollziehbar. Seltsam nur, dass eine Reihe von Zeugen sich an Details sehr gut erinnern konnten, deren Bekundung ihnen wichtig erschien, sich aber an prozessual entscheidende und schon damals wichtige Einzelheiten partout nicht erinnern können wollten.

Den Vogel schoss dabei der jetzt amtierende Landrat ab. Dem aufmerksamen Publikum entgingen die sehr passenden Erinnerungslücken nicht, auch nicht Staatsanwältin und Richter, dessen Gesichtszüge nicht selten seine Gemütslage widerspiegelten. Anonymen Hinweisen auf Zeugenbeeinflussung vor ihren Aussagen können und wollen wir hier nicht nachgehen.

Geheimtreffen wurde nicht aufgearbeitet

Und dann sind da noch die Paragraphen 264 und 27 im Strafgesetzbuch. Sie beziehen sich auf Subventionsbetrug und Beihilfe dazu. Sie wurden während der letzten Verhandlungstage vom Amtsrichter zur Sprache gebracht und beziehen sich auf den Abruf der Fördermittel bei der WI-Bank und der gleichzeitigen Bestätigung der Ordnungsmäßigkeit der zugrundeliegenden Vorgänge. Und das, nachdem das kreiseigene Rechtsamt insgesamt fünfmal auf unrechtmäßige Ereignisse bei der Bieterauswahl hingewiesen hatte.

Wie es zurzeit aussieht, werden die Erschütterungen durch die Affäre Standortmarketing im Odenwaldkreis auch nach der Beendigung des laufenden Verfahrens noch andauern.

Zumal nicht alle Themen abgearbeitet wurden, allemal die noch nicht aufgeklärten Umstände eines Geheimtreffens von zwei der acht Aufsichtsratsmitgliedern der Odenwald Tourismus GmbH mit der so genannten „Kessel-Connection“, bestehend aus dem Ex-Landrat Kübler und den beiden Bürgermeistern Harald Buschmann (Erbach) und Stefan Lopinsky (Reichelsheim).