Konfrontation mit der Katastrophe im Ahrtal
SpendenĂŒbergabe des Roten Kreuzes lehrt DemutERBACH. - Eigentlich sollte es die symbolische Ăbergabe eines Schecks in geordnetem Rahmen werden.
Doch ein solcher Rahmen ist dort noch nicht vorhanden und der Wunsch nach einem geordneten Leben nÀhrt sich durch die Hoffnung auf bald wieder nutzbare Strukturen im Alltag.
Nach erfolgter Grundhilfe brauchen die Menschen im Ahrtal nun Psychologen, Sozialarbeiter und Psychotherapeuten, um die tiefen seelischen Wunden zu behandeln.
Und UnterkĂŒnfte, in denen diese ihre Leistungen anbieten können. Denn viele der noch stehenden GebĂ€ude sind schadhaft und somit nicht nutzbar.
Im Keller des DRK-Kreisverbandes Ahrweiler in Bad-Neuenahr trocknet langsam die NĂ€sse, das Wasser hat die dort archivierten Unterlagen vernichtet.
Unweit der GeschÀftsstelle standen HÀuser, die es nicht mehr gibt. Den stummen Blicken öffnet sich eine gÀhnende Leere.
Das Hochwasser in der Nacht auf Donnerstag, den 15. Juli 2021, hat sie gerissen, die Flut Ruinen sowie einen mit FÀkalien und Heizöl durchtrÀnkten Boden hinterlassen, der das Grundwasser verseucht hat. Strom gab es nicht mehr.
âDas war wie im Krieg, nur dass wir nicht beschossen wurdenâ sagte Rotkreuz-PrĂ€sident Achim Haag und freute sich sichtlich gerĂŒhrt als dessen OdenwĂ€lder Kollege Georg Kaciala und DRK-Vorstand Frank Sauer am vergangenen Donnerstag symbolisch einen Scheck in Höhe von 60.300 Euro ĂŒberreichten.
Haag hatte allein in seinem Wohnort Altenahr 40 Tote zu beklagen. Er beschrieb, dass die Ahr mit einem Druck von rund 60 Tonnen viele Fundamente weggerissen und dadurch die betreffenden HÀuser zerstört habe.
Auch heute sitzen noch Menschen in einigen oberen Stockwerken, die sie wegen der entstandenen und noch bestehenden SchÀden nicht verlassen können. Die Feuerwehr versorgt die Betroffenen mit dem Nötigsten.
HĂ€ufig sieht man Container, die Waschmaschinen fĂŒr die vom Schicksal geschlagenen Familien beherbergen. Handwerker finden sich in der benötigten Anzahl nicht.
BeschĂ€ftigte des Gesundheitssystems sind aufgrund ihrer erlittenen Erlebnisse krankgeschrieben. Bei den Ălteren werden die Traumata des vergangenen Krieges wieder wach.
Das gesammelte Geld flieĂt nun direkt in die Hilfe zur Selbsthilfe ein, ĂŒber deren GrundzĂŒge mit möglichem strukturellem Aufbau Friedel Weyrauch berichtete, die beim OdenwĂ€lder Roten Kreuz diese schon lange etabliert und von der Pike auf betreut hat.
Somit dienen die Mittel aus dem Odenwald dazu, die GrĂŒndung von Gruppen zu ermöglichen, in denen mit UnterstĂŒtzung von geschulten FachkrĂ€ften in BegegnungsstĂ€tten dem psychischen und seelischen Leid entgegengeschritten werden kann.
âFĂŒr diese aufsuchende Hilfe besteht bei uns gerade jetzt groĂer Bedarfâ, machte DRK-KreisgeschĂ€ftsfĂŒhrer Ulrich Bergmann dankbar deutlich.
Ohne lange Wege oder eine lĂ€hmende BĂŒrokratie hatte der Kreisverband Odenwaldkreis nach dem Geschehen ein zielgerichtetes Konto bei seiner Hausbank eingerichtet, auf das die Bevölkerung spenden konnte. Somit war klar: Das Geld kommt direkt dort an, wo es gebraucht wird.
âMan sieht wieder deutlich: In der Not wĂ€chst der Mensch zusammen! Das war eines meiner emotionalsten Erlebnisse seit ich Mitglied im Roten Kreuz binâ, bekannte DRK-PrĂ€sident Georg Kaciala, der sich mit Vorstand Frank Sauer die aktuelle Lage vor Ort anschauen konnte.
Einige Stopps an besonders betroffenen Ărtlichkeiten trieben Friedel Weyrauch die TrĂ€nen in die Augen. Als kleines MĂ€dchen wurde deren Familie in der Brandnacht 1944 aus Darmstadt ausgebombt: âWenn bei mir diese EindrĂŒcke jetzt wieder hochkommen, wie muss es den Menschen hier erst ergehen?â
Ob man die Traumata kurieren kann, wird sich von Fall zu Fall zeigen. âMit unserer von der Bevölkerung eingegangenen Spende und Friedels weitergegebenen Erfahrungen helfen wir mit, die Voraussetzungen dafĂŒr zu schaffen und die Konfrontation mit der Katastrophe ein wenig ertrĂ€glicher zu gestaltenâ, sagte DRK-Vorstand Frank Sauer resĂŒmierend.
Den Kontakt hat er ĂŒber den dortigen DRK-GeschĂ€ftsfĂŒhrer Ulrich Bergmann hergestellt, der zuvor seine leitende TĂ€tigkeit beim DRK-Kreisverband BergstraĂe ausgeĂŒbt hatte.
Der Besuch sei gleichermaĂen als ein Auftakt zur Freundschaft und zum geplanten Austausch der beiden DRK-KreisverbĂ€nde zu werten. âWir werden definitiv die Entwicklung verfolgen und wenn weitere Hilfe nötig wird, diese auch leisten.
Das tun wir gerne und unser Leitbild verpflichtet uns sogar dazuâ, erklĂ€rt Frank Sauer und zitiert Henry Dunant, den BegrĂŒnder des Roten Kreuzes: âHelfen, ohne zu fragen wem!â
Die aktiven Spendenkonten lauten:
Sparkasse Odenwaldkreis IBAN DE 10 5085 1952 0000 0080 86
Volksbank Odenwald IBAN DE 65 5086 3513 0000 1183 46
Als Verwendungszweck bitte âHochwasserhilfe 2021â angeben.