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Konfrontation mit der Katastrophe im Ahrtal

HĂ€ufig war im Fernsehen das von der Flut völlig zerstörte `Hotel LangÂŽ in Altenahr zu sehen. Nun ist man mit dem Wiederaufbau beschĂ€ftigt. KreisgeschĂ€ftsfĂŒhrer Ulrich Bergmann vom DRK-Kreisverband Ahrweiler, der dortige Rotkreuz-PrĂ€sident Achim Haag sowie DRK-PrĂ€sident Georg Kaciala und Vorstand Frank Sauer (von links) ĂŒbergeben vor diesem Zeugen der Naturkatastrophe den Scheck, dessen Betrag OdenwĂ€lder BĂŒrger gespendet haben.

In einem der zurzeit unersetzlichen Waschcontainer ĂŒbergeben symbolisch (von rechts) DRK-Vorstand Frank Sauer und PrĂ€sident Georg Kaciala das von OdenwĂ€lder BĂŒrgerinnen und BĂŒrgern gesammelte Geld an den Rotkreuz-PrĂ€sidenten Achim Haag vom Kreisverband Ahrweiler. Fotos: Michel Lang / DRK-Odenwaldkreis

Die BrĂŒcke ĂŒber die Ahr hat die Flut weggerissen. Am anderen Ufer sieht man Zelte, in denen die Angelegenheiten des Alltags provisorisch bewĂ€ltigt werden und die aufgestellten Waschcontainer. Foto: Frank Sauer / DRK-Odenwaldkreis

SpendenĂŒbergabe des Roten Kreuzes lehrt Demut

ERBACH. - Eigentlich sollte es die symbolische Übergabe eines Schecks in geordnetem Rahmen werden.

Doch ein solcher Rahmen ist dort noch nicht vorhanden und der Wunsch nach einem geordneten Leben nÀhrt sich durch die Hoffnung auf bald wieder nutzbare Strukturen im Alltag.

Nach erfolgter Grundhilfe brauchen die Menschen im Ahrtal nun Psychologen, Sozialarbeiter und Psychotherapeuten, um die tiefen seelischen Wunden zu behandeln.

Und UnterkĂŒnfte, in denen diese ihre Leistungen anbieten können. Denn viele der noch stehenden GebĂ€ude sind schadhaft und somit nicht nutzbar.

Im Keller des DRK-Kreisverbandes Ahrweiler in Bad-Neuenahr trocknet langsam die NĂ€sse, das Wasser hat die dort archivierten Unterlagen vernichtet.

Unweit der GeschÀftsstelle standen HÀuser, die es nicht mehr gibt. Den stummen Blicken öffnet sich eine gÀhnende Leere.

Das Hochwasser in der Nacht auf Donnerstag, den 15. Juli 2021, hat sie gerissen, die Flut Ruinen sowie einen mit FÀkalien und Heizöl durchtrÀnkten Boden hinterlassen, der das Grundwasser verseucht hat. Strom gab es nicht mehr.

„Das war wie im Krieg, nur dass wir nicht beschossen wurden“ sagte Rotkreuz-PrĂ€sident Achim Haag und freute sich sichtlich gerĂŒhrt als dessen OdenwĂ€lder Kollege Georg Kaciala und DRK-Vorstand Frank Sauer am vergangenen Donnerstag symbolisch einen Scheck in Höhe von 60.300 Euro ĂŒberreichten.

Haag hatte allein in seinem Wohnort Altenahr 40 Tote zu beklagen. Er beschrieb, dass die Ahr mit einem Druck von rund 60 Tonnen viele Fundamente weggerissen und dadurch die betreffenden HÀuser zerstört habe.

Auch heute sitzen noch Menschen in einigen oberen Stockwerken, die sie wegen der entstandenen und noch bestehenden SchÀden nicht verlassen können. Die Feuerwehr versorgt die Betroffenen mit dem Nötigsten.

HĂ€ufig sieht man Container, die Waschmaschinen fĂŒr die vom Schicksal geschlagenen Familien beherbergen. Handwerker finden sich in der benötigten Anzahl nicht.

BeschĂ€ftigte des Gesundheitssystems sind aufgrund ihrer erlittenen Erlebnisse krankgeschrieben. Bei den Älteren werden die Traumata des vergangenen Krieges wieder wach.

Das gesammelte Geld fließt nun direkt in die Hilfe zur Selbsthilfe ein, ĂŒber deren GrundzĂŒge mit möglichem strukturellem Aufbau Friedel Weyrauch berichtete, die beim OdenwĂ€lder Roten Kreuz diese schon lange etabliert und von der Pike auf betreut hat.

Somit dienen die Mittel aus dem Odenwald dazu, die GrĂŒndung von Gruppen zu ermöglichen, in denen mit UnterstĂŒtzung von geschulten FachkrĂ€ften in BegegnungsstĂ€tten dem psychischen und seelischen Leid entgegengeschritten werden kann.

„FĂŒr diese aufsuchende Hilfe besteht bei uns gerade jetzt großer Bedarf“, machte DRK-KreisgeschĂ€ftsfĂŒhrer Ulrich Bergmann dankbar deutlich.

Ohne lange Wege oder eine lĂ€hmende BĂŒrokratie hatte der Kreisverband Odenwaldkreis nach dem Geschehen ein zielgerichtetes Konto bei seiner Hausbank eingerichtet, auf das die Bevölkerung spenden konnte. Somit war klar: Das Geld kommt direkt dort an, wo es gebraucht wird.

„Man sieht wieder deutlich: In der Not wĂ€chst der Mensch zusammen! Das war eines meiner emotionalsten Erlebnisse seit ich Mitglied im Roten Kreuz bin“, bekannte DRK-PrĂ€sident Georg Kaciala, der sich mit Vorstand Frank Sauer die aktuelle Lage vor Ort anschauen konnte.

Einige Stopps an besonders betroffenen Örtlichkeiten trieben Friedel Weyrauch die TrĂ€nen in die Augen. Als kleines MĂ€dchen wurde deren Familie in der Brandnacht 1944 aus Darmstadt ausgebombt: „Wenn bei mir diese EindrĂŒcke jetzt wieder hochkommen, wie muss es den Menschen hier erst ergehen?“

Ob man die Traumata kurieren kann, wird sich von Fall zu Fall zeigen. „Mit unserer von der Bevölkerung eingegangenen Spende und Friedels weitergegebenen Erfahrungen helfen wir mit, die Voraussetzungen dafĂŒr zu schaffen und die Konfrontation mit der Katastrophe ein wenig ertrĂ€glicher zu gestalten“, sagte DRK-Vorstand Frank Sauer resĂŒmierend.

Den Kontakt hat er ĂŒber den dortigen DRK-GeschĂ€ftsfĂŒhrer Ulrich Bergmann hergestellt, der zuvor seine leitende TĂ€tigkeit beim DRK-Kreisverband Bergstraße ausgeĂŒbt hatte.

Der Besuch sei gleichermaßen als ein Auftakt zur Freundschaft und zum geplanten Austausch der beiden DRK-KreisverbĂ€nde zu werten. „Wir werden definitiv die Entwicklung verfolgen und wenn weitere Hilfe nötig wird, diese auch leisten.

Das tun wir gerne und unser Leitbild verpflichtet uns sogar dazu“, erklĂ€rt Frank Sauer und zitiert Henry Dunant, den BegrĂŒnder des Roten Kreuzes: „Helfen, ohne zu fragen wem!“

Die aktiven Spendenkonten lauten:

Sparkasse Odenwaldkreis IBAN DE 10 5085 1952 0000 0080 86

Volksbank Odenwald IBAN DE 65 5086 3513 0000 1183 46

Als Verwendungszweck bitte „Hochwasserhilfe 2021“ angeben.