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Ehrenring von Georg Heinrich Bogen nach über 200 Jahren zurück in Michelstadt

Nachfahren von Georg Heinrich Bogen übergeben im alten Michelstädter Rathaus den Ehrenring an Bürgermeister Dr. Robischon (rechts).

Nach über 200 Jahren zurück am Ursprungsort – der Bogensche Ehrenring aus dem Jahr 1820. Fotos: © Pressedienst Michelstadt

Nachfahren Bogens übergeben im Alten Rathaus historische Artefakte – „a permanent home at Michelstadt“

MICHELSTADT. – Eine Schenkung von besonderem historischen Wert für Stadt und Bürgerschaft erhielt Bürgermeister Dr. Tobias Robischon am 20. September aus den Händen von Steven und Michael Baun.

Das Brüderpaar aus den USA war in den Odenwald gekommen, um den Bürgern der Stadt Michelstadt denjenigen Ehrenring zu übergeben, den Vorfahre Georg Heinrich Bogen auf den Tag genau vor 202 Jahren aus der Hand der dankbaren Michelstädter Einwohner erhalten hatte, nachdem er sich als höchster städtischer Beamter unter Einsatz seiner Freiheit für deren Sorgen und Nöte beim Darmstädter Großherzog eingesetzt hatte.

Es hätte so trefflich gepasst – exakt 200 Jahre nach der Verleihung an den Volkstribun und Frühdemokraten Georg Heinrich Bogen, dem Vater der historisch präsenteren Figur Ludwig Bogen, sollte der Ehrenring an seinen Ursprungsort zurückkehren.

Doch Corona durchkreuzte die Pläne der Baun-Brüder, erklärte Susan Breitenbach, die als Stadtarchivarin den historischen Hintergrund recherchierte und bis zum Eintreffen der US-Amerikaner den Kontakt zu den Stiftern hielt.

Mit 2-jähriger Verzögerung holten diese nun zusammen mit Steven Bauns Frau Keummi Park den lange geplanten Besuch in Deutschland und der Stadt ihrer Vorfahren nach. Mit im Gepäck der Ehrenring mit der vielsagenden Inschrift „Ihrem Freunde Bogen die Bürger Michelstadt - 20. September 1820“.

Anlässlich der historischen Schenkung, die durch weitere historische Stücke wie einen Pfeifenkopf aus Porzellan noch ergänzt wurde, hatte der Bürgermeister am Dienstag ins Alte Rathaus eingeladen, wo er Familie Baun willkommen hieß.

„Ein herzliches Willkommen und vielen Dank, dass Sie den weiten Weg über den Atlantik auf sich genommen haben, um die Bürger von Michelstadt mit diesem wundervollen Ring und weiteren historisch bedeutsamen Gaben zu beschenken“.

Er werde dafür Sorge tragen, dass der Ehrenring im neuen Stadtmuseum einen gebührenden Platz erhalte, so der Bürgermeister, sei er doch eindrucksvoller Beleg für die Courage von Georg Heinrich Bogen in seinem frühen Kampf um Bürger- und Verfassungsrechte, und dies viele
Jahre vor der Deutschen Revolution 1848/49.

Der erste Kontakt zu Steven Baun entstand im Jahr 2019 über eine Anfrage des New Yorkers an die Gästeinformation Michelstadt. Nachdem erste Fragen nach seinen berühmten Vorfahren aus Michelstadt geklärt waren, machte Baun den Vorschlag, der Stadt den kulturhistorisch wertvollen Ring zu schenken, der sich seit 1820 ununterbrochen im Bogenschen Familienbesitz befand.

Nach der Überreichung des Rings an die Stadt und einem Eintrag ins Stadtbuch, folgten die Stifter Erich Becker bei einer ausgedehnten Stadtführung auf den Spuren ihrer Vorfahren und erhielten interessante Einblicke in die Geschichte, Werte und Bauten Michelstadts.

Nach seinen ersten Eindrücken spontan gefragt, sagte Michael Baun, dass es vor allem die Atmosphäre, das viele Grün und die überall sichtbare wie spürbare Geschichte Michelstadts seien, die ihm so gefallen.

Der offizielle Besuch, der nicht ihr letzter sein wird, so Steven und Michael Baun unisono, endete mit einem Mittagessen, zu dem der Bürgermeister die Ehrengäste in der historischen Altstadt eingeladen hatte.

Historischer Hintergrund (Quelle: Michelstadt – vom Mittelalter zur Neuzeit, Seite 119 ff., Eckhart G. Franz, „Michelstadt wird großherzoglich“):

Aus der Sicht Michelstadts war Georg Heinrich Bogen wichtiger als sein berühmter Sohn Ludwig Bogen. Georg Heinrich Bogen kam durch seine Heirat mit Maria Katharina Rexroth nach Michelstadt und übernahm 1814 die Leitung der städtischen Verwaltung.

Der bürgerlichen Mitbestimmung verpflichtet, organisierte Bogen am 31. Mai 1819 eine Bürgerversammlung in Michelstadt. 342 Bürger der Stadt unterschrieben eine Vollmacht, mit der sie Bogen beauftragten, dem Darmstädter Großherzog und der Regierung ihre Sorgen, Nöte und Hilfsbedürftigkeit vorzutragen.

Die Bürgerschaft sah sich außer Stande, die Steuern in der bisherigen Höhe weiterzuzahlen. Als Bogen im September 1819 nachdrücklich zur Steuerverweigerung aufrief, hatten die „Revolutionäre“ aus Sicht des Großherzogs den „Bogen deutlich überspannt“ und er erließ einen Haftbefehl gegen Bogen.

In Michelstadt kam es daraufhin zu einem Volksaufruhr. Bogen stellte sich dann zwar freiwillig, aber die Michelstädter gaben nicht klein bei und erklärten, „wenn Bogen nicht in drei Tagen nach Michelstadt zurückkäme, würde Blut fließen“.

Um dem entgegen zu wirken, rückten am 22.09.1819 500 Mann Leibgarde und 80 Kavalleristen nach Michelstadt ein, um die Wiederherstellung der öffentlichen Ruhe voranzutreiben. Bogen und
mehrere Mitverschworene blieben mehrere Monate in Untersuchungshaft.

Als Bogen im Frühjahr 1820 freikam, war sein Hauptziel erreicht: Am 18. März 1820 hatte Großherzog Ludewig I. Die geforderte Verfassung für das Großherzogtum erlassen, eine alsbaldige
Wahl des Landtags wurde angeordnet.

Der am 1. Juli 1820 zusammen getretene Landtag hatte dann auch die vertragsmäßige Abänderung der ursprünglich einseitig von Staats wegen „aufgezwungener Konstitution“ durchgesetzt, die schließlich zum endgültigen Verfassungstext vom 17. Dezember 1820 führte.

Um das Erreichte zu würdigen, ließen die Bürger Michelstadt einen Ehrenring anfertigen, der Georg Heinrich Bogen am 20. September 1820 feierlich überreicht wurde.