AWO-Delegierte gehen auf Distanz zum früheren Kreischef Dr. Reuter
Unterstützung versprach AWO-Bezirksgeschäftsführer Ulrich Bauch (2. von rechts) dem neu gewählten Kreisvorstand mit dem Vorsitzenden Dirk Daniel Zucht (Mitte) und den stellvertretenden Vorsitzenden Gregor Hitzel (links) und Friedel Weber (rechts).
Unter der Leitung der Bezirksvorsitzenden Stephanie Becker-Bösch (rechts stehend) wurde Dirk Daniel Zucht einstimmig zum neuen Vorsitzenden des AWO-Kreisverbandes gewählt. Fotos: Ernst Schmerker
MICHELSTADT. - Es war zu erwarten, dass Vorkommnisse in der Führungsspitze den Ablauf der AWO-Kreiskonferenz bestimmen würden.
So waren am Samstag nicht nur alle ausgewiesenen Delegierte der sieben Ortsvereine im Mehrgenerationenhaus zugegen, auch die Bezirksvorsitzende Stephanie Becker-Bösch und Bezirksgeschäftsführer Ulrich Bauch hatten den Weg in den Odenwald gefunden.
In seiner Eigenschaft als stellvertretender Kreisvorsitzender bezog sich Friedel Weber in seinem Jahresrückblick auf eine im August 2021 eingegangene anonyme Anzeige mit der Behauptung, für die Jahre 2011 bis 2017 sei für Beschäftigte nicht nur die Altersvorsorge nicht richtig abgeführt worden.
Auch habe der Vorsitzende Dr. Michael Reuter Mitarbeiter betrogen und „selbst abkassiert“. Zwischenzeitlich seien mehr als 100.000 Euro an Altersvorsorge nachgezahlt worden, so Weber.
Bei der Aufarbeitung der Anwürfe seien zusätzliche Satzungsverstöße zu Tage getreten, die noch einer juristischen Klärung bedürften. Aktuell werde geprüft, inwieweit Regressansprüche gestellt werden könnten.
Auf Druck des Bezirks sei Dr. Reuter am 28. Oktober 2021 zurückgetreten, der stellvertretende Kreisvorsitzende Micha Steffen Stracke aus gesundheitlichen Gründen am 8. November 2021.
Für Gerlinde Krönung als Sprecherin des Ortsvereins Bad König waren die „fragwürdigen und undurchsichtigen Vorkommnisse Anlass, eine geheime und getrennte Abstimmung über die Entlastung des ehemaligen Vorsitzenden und des Restvorstandes zu beantragen.
Bei der vergangenen Kreiskonferenz habe Dr. Reuter vollmundig behauptet, der Kreisverband „sei sauber“. Das Vertrauen der Kreisvorstandsmitglieder sei missbraucht worden, so Krönung. Ein Gegenantrag von Rolf Wilkes aus dem Ortsverein Erbach sah eine Vorstandentlastung zu einem späteren Zeitpunkt vor.
Bei der geheim durchgeführten Abstimmung verweigerten 17 Delegierte bei zwei Ja-Stimmen und vier Enthaltungen die Entlastung von Dr. Michael Reuter. Der Entlastung des Restvorstand wurde mit 18 Ja-Stimmen, zwei Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen stattgegeben.
Einstimmig wurde in offener Abstimmung Dirk Daniel Zucht zum neuen Kreisvorsitzenden gewählt. Der 48-jährige Künstler, Autor und Regisseur lebt in Oberzent. Er versprach Aufarbeitung der Vorkommnisse, Zurückgewinnung von Vertrauen, den Fokus nach vorne zu richten, streitbar in der Sache zu agieren.
Zweiter stellvertretender Vorsitzender wurde Gregor Hitzel vom Ortsverein Erbach. Neuer Beisitzer ist Alexander Siebenlist vom Ortsverein Haingrund.
In der Aussprache bezeichneter Bezirksgeschäftsführer Ulrich Bauch das „System Hammann“ als eine Mischung an Unanständigkeit und persönlicher Bereicherung.
Er bezog sich hierbei auf Bauobjekte Bahnhofstraße und Schwimmbadstraße in Bad König, die Integra, und den 2006 eröffneten und Anfang Juli 2017 niedergebrannten Cap-Markt in Höchst. Für die im Herbst 2018 geplante Wiedereröffnung sei sogar eine Spendenaktion initiiert worden.
Freuen würde der Bezirksgeschäftsführer sich, wenn Dr. Reuter, der in drei Jahren allein 8.000 Euro an Reisekosten in Rechnung gestellt hätte, anderen Beispielen folgen und aus der AWO austreten würde.
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