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Schöllenbacher Schatz bekommt neuen Platz

Sehr interessiert: Georg Herbert Ihrig, Klaus Weber, Anja Hering und Thomas Ihrig (von links) schauen sich im Kreisarchiv des Odenwaldkreises die Schöllenbacher Flurkarten aus dem 18. Jahrhundert an. Solange die Karten im Ortsarchiv in Hesselbach nicht fachgerecht gelagert werden konnten, wurden sie im Kreisarchiv aufbewahrt. Foto: Stefan Toepfer/Kreisverwaltung

Sehr detailliert: eine von zehn Schöllenbacher Flurkarten aus dem 18. Jahrhundert. Zu sehen ist oben der Eyderbach, heute Itterbach genannt, und rechts oben der Grundriss der Quellkirche. Foto: Kreisarchiv

Große Flurkarten aus dem 18. Jahrhundert vervollstĂ€ndigen Ortsarchiv

SCHÖLLENBACH. - Johann Wilhelm Grimm muss ein ziemlich dickes Fell gehabt haben, damals im Odenwald. Zahlungsunwillige Gemeinden, aufmĂŒpfige BĂŒrger oder unzuverlĂ€ssige Mitarbeiter machten dem Landvermesser mitunter arg zu schaffen. Mehrfach musste er sich bei der Regierung des Hauses Erbach-FĂŒrstenau beschweren, in dessen Auftrag er Flurkarten erstellte, die der Obrigkeit bei einer gerechten Besteuerung helfen und Eigentumsfragen klĂ€ren sollten.

Von 1749 bis 1757 war Grimm unterwegs und hat von zahlreichen OdenwÀlder Kommunen Karten angefertigt. Zum Beispiel von Schöllenbach, wo er seine Arbeit 1754 beendete.

Auch dort gab es, wie andernorts, Proteste gegen das Vorhaben der Regierung, ein Kataster anzulegen. Grimm beklagte sich ĂŒber die mangelnde UnterstĂŒtzung der Schöllenbacher, die ĂŒberdies seinen Messburschen fast totgeschlagen hĂ€tten.

Ein Amtmann musste fĂŒr Ordnung sorgen. Aber auch wenn sich Grimm mit seiner Arbeit nicht beliebt machte, setzte er sie unverdrossen fort. Die PrĂ€zision seiner Vermessung gilt bis heute als außerordentlich.

Davon geben auch die zehn Flurkarten von Schöllenbach einen guten Eindruck. Nachdem sie lÀngere Zeit im Kreisarchiv des Odenwaldkreises zwischengelagert waren, sind sie nun sozusagen heimgekehrt: ins Dorfgemeinschaftshaus von Hesselbach, in dem auf Initiative der Gemeinde ein Archivraum eingerichtet wurde.

In ihm werden dank der intensiven Arbeit des ehrenamtlich tÀtigen Gemeindearchivars Klaus Weber und von Georg Herbert Ihrig Zeugnisse der Geschichte von Hesselbach, Schöllenbach und Kailbach aufbewahrt. Aus diesen Orten bestand die Gemeinde Hesseneck, bevor sie zum 1. Januar dieses Jahres mit Beerfelden, Rothenberg und Sensbachtal zur Stadt Oberzent fusionierte.

Kreisarchivarin Anja Hering wĂŒrdigt das große Engagement fĂŒr das Ortsarchiv. „Das, was dort geleistet wurde, ist vorbildlich. Daran können sich andere Gemeinden ein Beispiel nehmen.“

Weber und Ihrig hatten vor fĂŒnf Jahren damit begonnen, Archivalien aus Hesselbach, Schöllenbach und Kailbach sowie aus dem 1836 aufgegebenen Dorf Galmbach zu sichten, zu reinigen und zu inventarisieren.

„Das war eine Menge Arbeit, aber sie hat sich gelohnt“, sagt Weber. Der Frankfurter hat ein Domizil in Schöllenbach und ist an Wochenenden oft dort. Er schĂ€tzt die Zusammenarbeit mit Ihrig sehr, denn der EinundachtzigjĂ€hrige ist in dem Ort aufgewachsen und weiß viel zu berichten.

Zum Beispiel kennt er viele alte Flurnamen noch, weswegen auch er großes Interesse an den Grimm’schen Karten hat. Gemeinsam mit seinem Sohn Thomas Ihrig und Klaus Weber war er vor kurzem im Kreisarchiv, um die großen und schönen Karten aus den HĂ€nden von Kreisarchivarin Hering entgegenzunehmen. Mit ihnen ist der Bestand des Ortsarchivs in Hesselbach nun komplett.

Thomas Ihrig war von 1993 bis Ende 2017 BĂŒrgermeister von Hesseneck und ist derzeit Stadtrat der neuen Stadt Oberzent. Unter Ihrigs AmtsvorgĂ€nger Friedel Sepp waren die Karten auf dem Dachboden des Rathauses in Schöllenbach aufbewahrt worden, dem Sitz der Gemeindeverwaltung von Hesseneck.

Sepp hatte die Restaurierung der Karten in Auftrag gegeben. Um sie fachgerecht lagern zu können, kamen sie danach ins Kreisarchiv. Zwischenzeitlich wurde zwar der Archivraum in Hesselbach fertig, aber es fehlte noch ein Spezialschrank fĂŒr die Archivierung der Karten.

Er wurde vor kurzem angeschafft, so dass sie nun einen ordnungsgemĂ€ĂŸen Platz haben. „Auch mir ist wichtig, dass die Karten nun wieder dort sind, wo sie hingehören“, sagt Thomas Ihrig. Er und Weber können sich gut vorstellen, sie einmal in einer Ausstellung zu zeigen.