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Erbachs Haushalt nach heftigem Ringen ohne Steuererhöhung verabschiedet

Nein, die Herren sind nicht auf dem Weg zu einem Maskenball, und sie kommen auch nicht von einem solchen. Erbachs Parlamentsvorsteher Antonio Duarte (rechts), BĂŒrgermeister Dr. Peter Traub (Dritter von links) und die Fraktionschefs im Stadtparlament Michael GĂ€nssle (ÜWG), Gernot Schwinn (SPD), Erich Petersik (CDU) und Rudolf Burjanko (FDP, von links nach rechts) erlebten gerade eine zeithistorisch einmalige Stadtverordnetensitzung unter den gebotenen Sicherheitsvorkehrungen im Zeichen der Corona-Pandemie in der Werner-Borchers-Halle. Die GRÜNEN-Fraktionschefin verweigerte sich der Ablichtung. Foto: er

Krisenbedingter Kompromiss mit den Stimmen von CDU, ÜWG und FDP beschlossen: Einsparungen von 111.000 Euro schaffen Luft, ohne die Hessenkassen-Verpflichtung zu sichern

ERBACH. - Die OdenwÀlder Kreisstadt Erbach bleibt auf der Grundlage ihres aktuell im zweiten Anlauf beschlossenen Haushalts handlungsfÀhig. Dazu werden keine Steuern erhöht, das ist die gute Nachricht, bei einem ansonsten weiter umstrittenen Zahlenwerk.

Die neue Abstimmung in der Stadtverordnetenversammlung war nötig geworden, nachdem BĂŒrgermeister Dr. Peter Traub dem am 05. MĂ€rz mit den Stimmen von SPD, GRÜNEN und FDP beschlossenen Haushalt widersprochen hatte (siehe FACT-Bericht unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/odenwaldkreis/details/?tx_ttnews).

Die von der SPD vor acht Wochen erhobene Verzichtsforderung auf die Erhöhung der Grundsteuer, die mit Mindereinnahmen in Höhe von 454.000 Euro einhergeht, war krisenbedingt aktuell einmĂŒtiger Konsens. Die Fraktionen waren sich einig, unter den erschwerten aktuellen Bedingungen „den BĂŒrgern nicht noch mehr in die Taschen greifen zu können“ (CDU-Fraktionschef Erich Petersik).

Weiterhin SPD-Forderung nach Einsparung im Stellenplan

Diese Mindereinnahmen sollten nach Vorstellung der Sozialdemokraten ursprĂŒnglich durch Kostenminderung im Personalbereich in Höhe von 125.000 Euro und Ausgabenreduktion im Bereich von Sach- und Dienstleistungskosten in Höhe von 380.000 Euro, somit in der Summe mit 505.000 Euro kompensiert werden.

Insbesondere an der Einsparungsforderung im Personalbereich hielten die Sozialdemokraten nach wie vor fest, um den Haushalt damit jetzt noch um 65.000 Euro zu entlasten, wie Fraktionschef Gernot Schwinn aufzeigte.

Hier sollten aktuell mit Ausnahme der Kitas keine zusĂ€tzlichen Stellen besetzt werden, solange die Organisationsuntersuchungen noch nicht abgeschlossen seien, begrĂŒndete Schwinn die SPD-Positionierung erneut.

BĂŒrgermeister Dr. Traub: „Wir haben Not“

Der BĂŒrgermeister hielt diesem Ansinnen einmal mehr entgegen, die im Stellenplan ausgewiesenen Positionen seien zur Aufrechterhaltung einer funktionsfĂ€higen Verwaltung alternativlos: „Wir haben Not, sonst wĂŒrde ich diese Stellen nicht fordern. Ich habe diese nicht aus Jux und Dollerei gefordert.“

Neben neuen Aufgaben wie etwa der Umsetzung des Online-Zugangsgesetzes seien auch vermehrte Aufgaben im Ordnungsamt nur durch weitere Bedienstete bei der Stadtpolizei zu bewÀltigen.

Gernot Schwinn warnte, die stĂ€dtischen Verpflichtungen gegenĂŒber der Hessenkasse nicht aus den Augen zu verlieren, „weil diese im Ergebnishaushalt erwirtschaftet werden mĂŒssen“. Er sehe es in diesem Moment „unverantwortlich, Verbindlichkeiten festzulegen, die wir nicht mehr steuern können“.

Hessenkassen-konformer Haushalt nicht zu erreichen

ÜWG-Fraktionschef Michael GĂ€nssle verwies darauf, ein Hessenkassen-konformer Haushalt sei im Gegensatz zur Vorlage im MĂ€rz krisenbedingt nicht zu erreichen. Jede Planung sei aktuell ungewiss.

„Wir leben jetzt in einer Zeit der Unsicherheit und mĂŒssen dennoch sehen, wie wir eine HaushaltsfĂ€hige Planung vorlegen.“ Die gesetzlichen Vorgaben der Hessenkasse enthielten dabei auch einen Passus, der in Notsituationen Ausnahmen gestatte.

Vor diesem Hintergrund sei die jetzige Planung gemĂ€ĂŸ dem gemeinsamen Antrag von CDU-, FDP- und ÜWG-Fraktion eine durchaus zu verantwortende Alternative zur ursprĂŒnglichen Variante mit Grundsteuererhöhungen um jeweils 100 Punkte.

Den daraus resultierenden Mindereinnahmen stehen von der Finanzabteilung aufgelistete Minderausgaben in einzelnen Produktgruppen in Höhe von 111.000 Euro gegenĂŒber.

SPD-Forderung „nicht umsetzbar“

Die von der SPD geforderten und der Fraktion der GRÜNEN unterstĂŒtzte Forderung nach Mindereinnahmen in Höhe von 380.000 Euro im Ergebnishaushalt seien nicht umsetzbar.

Mit neun Stimmen von CDU, ÜWG und FDP verabschiedet wurde schließlich der Antrag dieser Fraktionen, der im Ergebnis 33,63 Millionen bei einem Überschuss von 400 Euro aufweist.

Der Finanzhaushalt schließt mit einem Fehlbetrag von 1,21 Millionen Euro ab. Die Kredite zur Finanzierung von Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen belaufen sich auf 1,58 Millionen Euro. Der Höchstbetrag der Kassenkredite wurde fĂŒr das laufende Haushaltsjahr auf 6 Millionen Euro fixiert.

Außergewöhnliche Parlamentssitzung mit reduzierter StĂ€rke

Die Corona-Pandemie hatte eine frĂŒhere Sitzung des Gremiums und damit den ordentlichen Haushalt der Stadt bisher verzögert. Der Magistrat mit BĂŒrgermeister Dr. Traub an der Spitze konnte ohne den genehmigten Haushalt somit bisher nur Pflichtaufgaben erfĂŒllen.

Eben die durch das Corona-Virus bedingte Pandemie mit ihren drastischen KontaktbeschrĂ€nkungen sorgte jetzt auch fĂŒr eine außergewöhnliche Sitzung des Stadtparlaments.

An Einzeltischen im vorgeschriebenen Abstand hatten nur 16 Vertreter der in der Stadtverordnetenversammlung vertretenen 31 MandatstrĂ€ger unter paritĂ€tischer Wahrung der MehrheitsverhĂ€ltnisse der einzelnen Fraktionen im großen Kreis Platz genommen.

Auch der Magistrat war, ebenfalls paritÀtisch, nur in halber Besetzung zur Sitzung erschienen. Alle Sitzungsteilnehmer, wie auch drei Besucher trugen den vorgeschriebenen Mund-Nasenschutz und hielten sich streng an die Abstandsregeln.

Neuer Ausschuss als Ersatzgremium

FĂŒr kĂŒnftige unaufschiebbar wichtige Angelegenheiten, zu denen das Stadtparlament nicht tagen kann, bildeten die MandatstrĂ€ger einen neuen, neunköpfigen Ausschuss, in dem gemĂ€ĂŸ der FraktionsstĂ€rke alle Parteien vertreten sind.

Dieser Ausschuss tagt in Abstimmung mit dem Parlamentsvorsteher nur in dringenden Notsituationen, wie derzeit gegeben. Er fungiert als Ersatzgremium fĂŒr die Stadtverordnetenversammlung gemĂ€ĂŸ dem vom Landtag im MĂ€rz beschlossenen § 51a der Hessischen Gemeindeordnung.

Die in diesem Ausschuss gefassten BeschlĂŒsse können in der nĂ€chstmöglichen Sitzung der Stadtverordnetenversammlung durch diese allerdings wieder aufgehoben werden.