Zupacken heißt sein Motto
Josef Reiter vollendet neuntes LebensjahrzehntERBACH. - Josef Reiter am Kreuzweg 21 in Erbach bekam im Leben nichts geschenkt. Und wenn er an seinem 90. Geburtstag am Freitag, 29. April, zurückschaut, so war es doch von Erfolg gekrönt.
Geboren in dem in den Hügeln von Iglau im Sudetenland liegenden Bauerndorf Pistau, ist er mit noch drei Schwestern aufgewachsen. Acht Jahre besuchte er die Volkschule, ehe es im März 1946 zwangsweise in den Westen ging.
Nach einem Lageraufenthalt in Sandbach fand die Familie im heutigen Heuhotel Schwöbel in Hüttenthal ein erstes Unterkommen. Wie die Eltern half auch der Bub in der Landwirtschaft mit. Und so kam´s, dass sich Josef beim Brennholzschneiden mit der Kreissäge an der Hand verletzte und drei Finger verlor.
Als sich in Fürth eine Tätigkeit in einer Schuhfabrik anbot, erfolgte ein erster Arbeitsplatzwechsel. Im Jahr 1959 heiratete der Jubilar seine aus Beerfelden stammende Frau, doch eine gemeinsame Wohnung fand das Paar erst 1962 mit dem Hausbau in Erbach.
Dies war der Grund für den Ehemann, sich auch beruflich in der Kreisstadt umzusehen. Nach Tätigkeiten in der Tuchfabrik Kumpf und der Firma Koziol war Josef Reiter dann neunzehn Jahre für die Brauerei Wörner im Außendienst unterwegs.
Als Beifahrer bei Bierlieferungen lernte er nicht nur die vielen verschiedenen Abnehmer in der Region kennen, sondern hatte mit Transport der anfänglich noch schweren Holzfässer und der Bierkästen auch einen nicht ohne Folgen bleibenden körperlichen Verschleiß.
So kam es, dass der Vielbeschäftigte im Alter von 52 Jahren Frührentner wurde. Arbeitslos war er dennoch nicht. Das 1300 Quadratmeter große Grundstück mit Hausgarten, Hühnern und Kaninchen mussten versorgt werden, auch für die als Hobby betriebene Schweinezucht wollten die Abfälle aus gastronomischen Betrieben abgeholt werden.
Noch immer ist die Hausschlachtung heute genauso obligatorisch wie das Autofahren. Der aus dem Jahr 1977 stammende Mercedes wurde zwar kürzlich abgemeldet, aber hinter dem Lenkrad des BMW sitzt der Senior für Einkaufsfahrten noch immer.
Zwar kümmert sich eine Zugehfrau um die Wohnung, doch gekocht wird noch eigenständig. Seit fünfzehn Jahren ein treuer Begleiter ist der Hund, mit dem er täglich zweimal seine Runden dreht.
Und da der im Haus mitlebende Sohn sich ebenfalls liebevoll um den Vater kümmert, freut sich der Hochbetagte auf die noch vor ihm liegenden Jahre.