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Erbacher Marketingaffäre um Bürgermeister Harald Buschmann: Auch hier wurde sauber recherchiert

Im Fokus einer Marketingaffäre der Odenwälder Kreisstadt Erbach angekommen: Bürgermeister Harald Buschmann. Foto: by -pdh-

Kritischer Leser hinterfragt Quellen, begehrt Auskunft über Herkunft der Informationen und der Glaubwürdigkeit und taucht dann wieder ab: Vielleicht weil der Bürgermeister sein Fehlverhalten bereits eingeräumt hat?

ERBACH / ODENWALDKREIS. - Die Reaktionen auf die Berichterstattung zu Fälschungen im Erbacher Rathaus waren heftig, führten zeitweise gar dazu, dass der Server überlastet und kurzzeitig wegen Überbeanspruchung nicht verfügbar war.

FACT hatte zu Wochenbeginn nach langwierigen und umfangreichen Recherchen exklusiv über Ungereimtheiten der städtischen Zusammenarbeit mit der umstrittenen Erbacher Werbeagentur Lebensform GmbH berichtet (siehe: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/odenwaldkreis/details/?tx_ttnews).

Ein Leser hinterfragte via Mail die Hintergründe zur FACT-Berichterstattung wie folgt: „Leider wird in dem Artikel keine Auskunft zu der Herkunft der Informationen des genannten Sachverhaltes und damit der Glaubwürdigkeit dessen getroffen.

Ich hoffe Sie können hier noch nachträglich zur Aufklärung beitragen. Wer hat den Artikel verfasst und können sie bzw. der Autor näher erläutern worauf er seine Aussagen bezieht und belegen kann? Liegen Originale der genannten Unterlagen vor?

„Nebulöse“ Quellen vom Verursacher der Affäre selbst bestätigt

Bitte verstehen Sie den kritischen Umgang meinerseits als Leser mit einer solchen Berichterstattung, gerade in Bezug auf Quellen.

Es erscheint jedoch auf dem ersten Blick sehr nebulös woher der Verfasser seine Aufführungen bezieht, was die Glaubwürdigkeit unabhängig von der Richtigkeit des Sachverhaltes doch in gewisser Weise einschränkt, insbesondere da der Bericht z.T. auch wertende Kommentare aufweist, die für ein ordentliches journalistisches Handwerk in einer solchen Berichterstattung eher ungewöhnlich sind.

Vielleicht können Sie auch einfach Kontakt zu „er“ herstellen?“ Ein Angebot der FACT-Redaktion zum Telefonat mit ihm zur Erläuterung der Redaktionsgepflogenheiten und der gesetzlichen Regelungen zum Informantenschutz hat der Leser bisher nicht angenommen.

Möglicherweise haben die Ereignisse den kritisch nachfragenden Leser zwischenzeitlich auch überrollt, denn Erbachs Bürgermeister Harald Buschmann hat sein Fehlverhalten in Sachen Rückdatierung der Auftrags- und Bestellscheine und damit der Fälschung der Bestellscheine (Juristen bezeichnen diesen Tatbestand als „schriftliche Lüge“) ja eingeräumt und sogar Selbstanzeige erstattet (siehe: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/odenwaldkreis/details/?tx_ttnews).

Beweissicherung gestaltete sich bereits seit 2013 schwierig

Dennoch hier noch einmal die wichtigsten Fakten: Die Vorwürfe stehen seit Jahren im Raum, allein die Beweissicherung gestaltete sich schwierig. Bereits am 14. November 2013 (!) beantwortete der Erbacher Bürgermeister Harald Buschmann eine entsprechende Anfrage der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen.

Mit Hinweis auf angeblichen Datenschutz hat er jedoch jahrelang die Herausgabe von möglicherweise belastenden Unterlagen an die Presse verweigert und damit Erbacher Parlamentarier mehrerer Parteien verärgert.

Nachdem ÜWG-Politiker am 17.06.2017 erneut Anfragen an den Bürgermeister gerichtet hatten, wurden sie ihrer Ansicht nach am 20.06.017 einmal mehr mit unsachlichen und nichtssagenden Antworten abgespeist.

Buschmann mit Kessel auf Akquisetour und bei „Geheimtreffen“ zusammen mit Lopinsky

Der Kragen platzte den Parlamentariern schließlich, als auch im Prozess gegen den früheren Landrat Dietrich Kübler vor dem Amtsgericht Michelstadt von mehreren Zeugen immer wieder die Namen von Harald Buschmann und Stefan Lopinsky im Zusammenhang mit der umstrittenen Werbeagentur Lebensform fielen.

Da war gar von konspirativen „Geheimtreffen“ der beiden Rathauschefs und Akquise-Touren des Erbacher Bürgermeisters zusammen mit dem Lebensform-Geschäftsführer Johannes Kessel die Rede, die auch der Michelstädter Bürgermeister Stephan Kelbert zuletzt am 1.Dezember im Zeugenstand bestätigte.

Nach gesicherten Informationen von FACT hatte zuletzt selbst die den Bürgermeister tragende Fraktion der Erbacher Christdemokraten durch ihre Magistratsmitglieder insbesondere die städtische Zusammenarbeit mit dieser Agentur zum Projekt Wiesenmarkt 2017 kritisch hinterfragt.

Antworten des Bürgermeisters warfen weitere Fragen auf

Gemeinsam mit der SPD-Fraktion richteten ÜWG-Parlamentarier am 14. Dezember vergangenen Jahres einen umfangreichen Fragenkatalog an den Magistrat der Stadt Erbach, mit Bürgermeister Buschmann an der Spitze (siehe FACT-Bericht unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/odenwaldkreis/details/?tx_ttnews)

Die Antwort des Bürgermeisters folgte am 21.12.2017 und warf umfangreichere und auch neue Fragen auf. Den vielfältigen Themenkomplex hatte die FACT-Redaktion schon seit vier Jahren recherchiert, musste die seither schon bekannte Beweislage jedoch zu 100 Prozent absichern, um auch der Sorgfaltspflicht des Journalismus zu genügen.

Wenn jetzt Leser nach Informanten fragen, von denen Journalisten naturgemäß viele haben, gilt es in erster Linie deren Schutz zu gewährleisten. Dazu gibt es explizit das in der Verfassung verankerte Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten.

Dem wissbegierigen Leser, der den Kontakt zur Redaktion abgebrochen hat, sei versichert, dass die entsprechenden Infos auf FACT mehrfach überprüft und in brisanten Fällen vor der Veröffentlichung von Kollegen nochmals gecheckt werden.

„Spekulation“ der angeblichen „Lügenpresse“ führte zur strafrechtlichen Verurteilung

Beispielhaft dient dazu die Standortmarketing-Affäre im Odenwaldkreis. Von Juni 2013 bis zum Prozess erschien zu dieser Thematik eine große Anzahl von Berichten und Informationen deren Wahrheitsgehalt zunächst von den betroffenen Politikern als „Spekulation eines einzelnen Journalisten“ abgetan wurden.

Später wurden Journalisten und auch die gesamte FACT-Redaktion von der Politik stark angegriffen, ohne dass auch nur gegen einen einzigen Bericht offiziell, etwa juristisch, vorgegangen wurde, weil die Betroffenen zu jeder Zeit wussten, dass alle Berichte haargenau recherchiert waren und exakt stimmten.

So erwies sich die angeblich aus dem Bereich der „Lügenpresse“ stammende „Spekulation“ im Laufe des Strafprozesses gegen den früheren Landrat als in jedem Detail korrekt, wie auch der Vorsitzende Richter am Amtsgericht Michelstadt feststellte.

Dem kritischen Leser sei versichert, dass sich die Arbeitsweise der FACT-Redaktion seither nicht verändert hat, und auch die Beiträge in der aktuellen Marketing-Affäre im Erbacher Rathaus entsprechend sauber recherchiert werden.