Friedenserziehung – bei der TLS zum Volkstrauertag ein Schwerpunkt-Thema
Schüler legen selbstgebastelte Gestecke auf den Gräbern der Kriegstoten niederMICHELSTADT. - Der Volkstrauertag wird 2022 einhundert Jahre alt. Eingeführt wurde er ursprünglich durch den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge zum Gedenken an die vielen Millionen Opfer des Ersten Weltkrieges.
Rund 9,4 Millionen Menschen starben damals binnen vier Jahren auf den Schlachtfeldern, eine ganze Generation junger Männer wurde ausgelöscht. Die erste offizielle Feierstunde zum Volkstrauertag fand 1922 im Deutschen Reichstag in Berlin statt.
Was vor fast vierzig Jahren der spätere Schulamtsdirektors Waldemar Finger in Zusammenarbeit mit dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge ins Leben rief, wird auch heute noch gepflegt.
Jeweils am Freitag vor dem Volkstrauertag finden sich Schüler der Theodor-Litt-Schule auf dem Michel-städter Friedhof ein, um den dort ruhenden Toten der beiden Weltkriege symbolhaft die Ehre zu erweisen.
So war es auch diesmal wieder, als die Schülerinnen und Schüler der Klassen 7MC und 7MA der Theodor-Litt-Schule im Beisein von Bürgermeister Dr. Tobias Robischon, Konrektorin Christel Schwebel, den Klassenlehrer Enrico Zellmer, Andreas Demmel, der evangelischen Gemeindepädagogin Eva Heldmann und weiteren Teilnehmern in einem schlichten Gedenken die Gräber der Gefallenen beider Weltkriege mit selbst gebastelten Gestecken schmückten.
Tage schon von dem Friedhofsbesuch waren im Unterricht im Rahmen der Friedenserziehung die Themenschwerpunkte Konfliktlösung, Toleranz, Freundschaft, Zusammenleben in Vielfalt erörtert worden.
Persönliche Verhaltensstrategien wurden erarbeitet, um in Konfliktsituationen respektvoll und gewaltfrei miteinander umzugehen, Vielfalt als Chance zu begreifen und unterschiedliche Le-bensweisen als etwas Positives zu begreifen.
Letztendliche Absicht war es , den Volkstrauertag the-matisch in das Konzept des Sozialen Lernens einzubinden und nicht vom Lebensalltag der Kinder isoliert zu besprechen.
Dies alles geschah mit dem Anspruch, die Erinnerung an die Opfer der beiden Weltkriege wachzuhalten und aus den „Fehlern“ der Vergangenheit zu lernen.
Ebenso wie im theoretischen Unterricht mit Eifer dabei waren die Schüler der Klasse 7MV mit Lehrer Enrico Zellmer auch beim Basteln der Gestecke. Wie immer war das Tannengrün vom städtischen Bauhof geliefert worden.
Vor der eigentlichen Grabschmückung war es Konrektorin Christel Schwebel, die in ihren begrüßenden Worten nicht nur auf die lange Tradition des hiesigen Gedenkens erinnerte, sondern auch anerkennende Worte für den Einsatz ihrer Lehrerkollegen Demel und Zellmer fand.
Sie verriet, dass die Erkenntnis des französischen Dichters Francois Rabelais aus dem 16. Jahrhundert „ein Kind ist kein Gefäß, das gefüllt, sondern ein Feuer, das entzündet werden will“ sie durch ihre ganze bisherige pädagogische Tätigkeit begleitet habe.
Mit Begeisterung etwas lernen, sich in fachlichen, methodischen und sozialen Bereichen zu entwickeln, um in dieser Welt seinen Platz und seine Rolle zu finden, sei der Kern des Tuns, so die Lehrerin.
Mit dem von Rabelais beschriebenen „Feuer“ leitete sie über zu einer von Schülern künstlerisch gestalteten Friedenstaube, die sichtbar im Blickpunkt des von Lied- und Gedichtsbeiträgen umrahmten Ablaufes stand.
Auch Bürgermeister Dr. Tobias Robischon rief dazu auf, die Erinnerung wach zu halten. In Michelstadt gebe es mehrere Orte des Gedenkens, doch keinen für die Opfer des Munitionslagers.
Dass die Aufarbeitung des über den Volkstrauertag hinausgehenden Themenkreises Friedensforschung bei den Schülern Fragen aufgeworfen und zum Nachdenken angeregt hat, ließ Thorsten Gauß sinnieren:
„Wenn ich so über den Volkstrauertag nachdenke, wird mir klar, dass dieser Tag nicht nur etwas mit den gefallenen Soldaten der zurückliegenden Weltkriege zu tun hat. Mir wird bewusst, dass auch unsere Generation etwas tun kann, um Streit und Konflikte zwischen den Menschen zu verhindern.
Wir sollten alle Menschen so akzeptieren wie sie sind, egal welche Hautfarbe oder Religion sie haben.“ Die Schülerin Elina Teichert bekannte: „Viele Menschen werden auch heute noch rassistisch beleidigt. Wenn ich so etwas auf unserem Schulhof höre, ärgert mich das.
Es ist wichtig, dass wir als Schülerinnen und Schüler dafür sorgen, dass jeder Mensch respektiert wird. Als wir uns dieses Jahr in der Klasse über den Volkstrauertag unterhalten haben, ist mir klar geworden, dass auch wir Schüler jeden Tag etwas für ein friedliches Miteinander tun können.“