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Wohlfühloase für Flora und Fauna

Beim Rundgang durch den Schlosspark erläutert Graf Louis (Mitte) die Besonderheiten der Anlage. Mit auf dem Bild Gräfin Isabelle, Werner König, Karlheinz Diehl, Stephan Kelbert (von links nach rechts).

Werner König (rechts) setzt sich seit 40 Jahren schon für das Naturschutzgebiet „Steinbacher Teich und Fürstenauer Park“ ein. Was er heute als offiziell beauftragter Betreuer darüber zu berichten weiß, findet die ungeteilte Aufmerksamkeit von (weiter von rechts) Graf Louis, Thomas Revermann vom Forstamt Michelstadt und Staatssekretär Oliver Conz. Fotos: Ernst Schmerker

Seit 40 Jahren besteht das Naturschutzgebiet „Steinbacher Teich und Fürstenauer Park“

STEINBACH. - Was an der Orangerie im Fürstenauer Schlosspark mit der Inschrift „Führerin sei du, Natur“ wiedergegeben wird, hat sich bewahrheitet.

Seit vierzig Jahren besteht das Naturschutz-gebiet „Steinbacher Teich und Fürstenauer Park“, das nach jahrelangen Bemühungen der Stadtbürger Otto Hirschel, Rudi Becker und Werner König Wirklichkeit wurde.

Grund also, an dieses Jubiläum im Rahmen einer Rückblende zu erinnern.

Am Freitag beim Treffen im Schlosshof dabei waren neben Mitgliedern des gräflichen Hauses Bürgermeister Stephan Kelbert, Staatssekretär Oliver Conz von Hessischen Umweltministerium, MdL Frank Diefenbach, Thomas Revermann von Hessenforst , der langjährige Parkführer Karlheinz Diehl sowie diverse Vertreter der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz nebst weiteren Naturfreunden.

Für sie alle fand Graf Louis herzliche Worte der Begrüßung und des Dankes an die Initiatoren, die die Unterschutzstellung des in Privateigentum befindlichen Geländes auf den Weg brachten.

Sachkundig verstand es Werner König, das sich über drei Jahre hinziehende Verfahren zur Unter-schutzstellung von Teich und Park in Erinnerung zu rufen.

Als Überbleibsel eines einst größeren Feuchtgebietes zwischen Michelstadt und Steinbach wurde von 1869 bis 1871 durch das Gelände ein sehr breiter Damm für die Eisenbahnlinie Darmstadt-Erbach gebaut.

Den weitaus größeren Teil bildete der Steinbacher Teich mit einem beachtlichen Schilfgürtel. Nach dem 2. Weltkrieg war das Teichgelände in strengen Wintermonaten ein beliebter Treffpunkt der Jugend, die dort bei Schlittschuhfahren und Hockeyspielen fast den ganzen Tag verbrachte.

Der Schilfgürtel lieferte den Kindern auch das Material für ihre Flitzebogen und Schleudern. War dann der Teich eisfrei, kamen die Teichhühner, Blässrallen, Zwergtaucher und Enten wieder von der Mümling zurück.

Kein Wunder, dass Lehrer Gerhard Hothum als hervorragender Ornithologe seine jährlichen Vogelstimmenwanderungen am See ausklingen ließ.

Er führte genau Buch über die gehörten und beobachteten Vogelarten und konnte oft noch am See den Eisvogel oder die Wasseramsel in seine Bestandsliste aufnehmen.

Hothum war es ein Anliegen, den Steinbacher Teich als Refugium vieler Vogelarten für die Zukunft in seiner Gesamtheit zu sichern und zu erhalten.

Um diese Idee zu verwirklichen, wandten sich im April 1977 die Naturfreunde Otto Hirschel, Rudi Becker und Werner König brieflich an Graf Alfred. Sie wiesen darauf hin, dass in den letzten zwei Jahrzehnten die Mümlingniederung in dem weiten Talbecken zwischen Erbach und Michelstadt grundlegend verändert worden sei.

Die Sumpf- und Überschwemmungsgebiete mit ihren ausgedehnten Schilfbeständen mit Weiden- und Erlenbrüchen, mit Tümpeln und Teichen wurden aufgefüllt und bebaut; der Fluss wurde weitgehend reguliert, was die vollständige Vernichtung der ursprünglichen Ufervegetation bedeutete.

Alle diese Maßnahmen hatten für die Tier- und Pflanzenwelt dieses Gebiets katastrophale Folgen. Besonders betroffen waren alle Arten von Sumpf- und Wasservögeln; die Amphibien wurden durch die Vernichtung ihrer Laichplätze praktisch ausgerottet.

Die Initiative wurde vom Grafenhaus begrüßt. Unterstützung kam auch von der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie, deren Vorsitzender Willy Bauer allerdings darauf bestand, das Parkgelände mit in das Projekt Naturschutzgebiet mitaufzunehmen.

Am 1. März 1978 wurde die Ausweisung eines Naturschutzgebietes „Steinbacher Teich und Fürstenauer Park“ beim Regierungspräsidium Darmstadt in seiner Funktion als Höhere Naturschutzbehörde beantragt.

Mit der Weiterleitung des Antrages an die Bezirksdirektion für Forsten und Naturschutz begannen Probleme und Verzögerungen, mit denen die Antragsteller nicht gerechnet hatten. Das Hauptproblem für Bürgermeister Hasenzahl und den Magistrat war die so genannte „Erbacher Spange“.

Diese Entlastungsstraße der B45 für Erbach sollte an der Zufahrt zum heutigen REWE-Markt in Michelstadt beginnen und dann entlang der alten B45 bei der Walter Rathenau Allee und über einen Teil des Schlossparks und von dort mitten über den Steinbacher Teich verlaufen.

Man befürchtete, dass die Unterschutzstellung des Teichgeländes die Verwirklichung dieser Trassen-führung unmöglich machen würde. In der Stadtverordnetenversammlung prallten die Meinungen aufeinander.

Erst nach der Veröffentlichung eines Presseartikels mit dem Titel „Hat Michelstadt kein Interesse am Steinbacher Teich?“ kam im Dezember 1978 Bewegung in die Sache.

Die Abgeordnete Ingeborg Seitz (CDU) brachte eine kleine Anfrage im Landtag ein. Auch der inzwischen amtierende Bürgermeister Ruhr und die im Parlament vertretenen Parteien äußerten sich nun positiv wenn es um die Erhaltung des Teiches ging.

Mit Schreiben vom 29. Juni 1981 kam aus dem Ministerium die Nachricht, dass dem Naturschutzgebiet „Steinbacher Teich und Fürstenauer Park“ der Zustimmungsvermerk erteilt wurde. Am 16. Juli 1981 erfolgte dann die Veröffentlichung der Unterschutzstellung im Staatsanzeiger.

In den Jahren nach der Ausweisung hat es immer wieder Maßnahmen zur Verbesserung des Naturschutzgebiets gegeben. So im Juli 1983 ein Entschlammungsversuch, der wegen Mu-nitionsfunde abgebrochen werden musste.

Im März 1999 wurden auf der Mümlinginsel die nicht standortgerechten Hybridpappeln gefällt. Heute wird das Gebiet vom Forstamt Michelstadt in Zusammenarbeit mit der Familie Erbach-Fürstenau nach den Richtlinien eines Pflegeplans betreut. Der vom Regierungspräsidium Darmstadt bestellte Betreuer ist Werner König.