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Grundsteuererhöhung zum Haushaltsausgleich in Erbach alternativlos

Gewerbesteuereinnahmen sinken um rund 1,2 Millionen Euro + + + „Verantwortungsvolle Entscheidungen erforderlich“ + + + 130 Mitarbeiter, darunter neun Azubis

ERBACH.- Den Entwurf des Haushaltsplans 2020 brachte Erbachs Bürgermeister Dr. Peter Traub in der jüngsten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung ein und erläuterte: „Die Situation im Haushaltsjahr 2020 ist gegenüber dem Vorjahr herausfordernder.“

Dies alleine deshalb „weil wir mit 1,2 Mio. Euro weniger Gewerbesteuereinnahmen planen müssen“. Deshalb bedürfe es „einiger verantwortungsvoller Entscheidungen“, sagte der Bürgermeister.

Für die zeitlich relativ späte Vorlage – dafür gebe es mehrere Gründe – entschuldigte sich der Rathauschef und kündigte an, den Haushalt 2021 rechtzeitig zu präsentieren, damit dieser dann noch zum Jahresende verabschiedet werden könne.

Klar strukturierte Haushaltsrede

Kompensieren konnte Traub indes die aktuelle Verzögerung mit einer klar strukturierten Haushaltsrede und den konkret aufgezeigten wichtigsten Einzelpositionen des Etats.

Dieser umfasst im Ergebnishaushalt 34,193 Mio. Euro bei einem Überschuss von 349.300 Euro, und im Finanzhaushalt verbleibt ein positiver Saldo von 49.400 Euro aus Ein- und Auszahlungen der laufenden Verwaltungstätigkeit.

2.805.600 Euro bei einem positiven Saldo von 115.600 Euro sind im Investitionsbereich, sowie 2.553.600 Euro und einem negativen Saldo von 970.200 Euro im Finanzierungsbereich des Finanzhaushaltes angesetzt. Der Fehlbetrag im Haushaltsjahr 2020 beläuft sich somit auf 805.200 Euro.

Der Gesamtbetrag der Kredite, deren Aufnahme im laufenden Haushaltsjahr zur Finanzierung von Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen erforderlich ist, beläuft sich auf 1,583 Millionen Euro.

Grundsteuer A und B soll jeweils um 100 Punkte steigen

Der Höchstbetrag der Kassenkredite zur rechtzeitigen Leistung von Auszahlungen ist mit 1.5 Mio. Euro veranschlagt. Die Grundsteuer A (für Land- und forstwirtschaftliche Betriebe) soll auf 490 Punkte, die Grundsteuer B auf 530 Punkte (jeweils plus 100 Punkte) angehoben werden.

Diese Maßnahme bezeichnete der Bürgermeister als alternativlos „weil wir keine Luxusprojekte im Haushalt enthalten haben, auf die wir verzichten, oder diese verschieben könnten“. Die Grundsteuererhöhung kompensiere etwa eine halbe Million der fehlenden Gewerbesteuereinnahmen.

Um die dann noch aufzufüllenden Mindereinnahmen von 700.000 Euro im Gewerbesteuerbereich auszugleichen, habe man „unter sorgfältigen Abwägungen in vertretbaren Haushaltspositionen entsprechende Kürzungen vorgenommen“, um einen gesetzeskonformen Haushaltsplan 2020 vorlegen zu können.

„Wir haben auch eine Verantwortung auf das gesamte Gemeinwesen“

Von einem >Haircut<, der Mittelkürzung nach der sogenannten >Rasenmähermethode<, wie gelegentlich praktiziert, rät Traub dringend ab, „denn dann schwächen wir unsere Performance auf breiter Front, brauchen uns nicht zu wundern, wenn Bürger das Vertrauen in ihre Verwaltung, in ihren Staat, verlieren, und sich bei Wahlen auf den Protestweg begeben“.

Kein Politiker sei begeistert, wenn er einer Steuererhöhung zustimmen solle, sagte Traub. „Gerade als gewählte Vertreter unserer Stadt haben wir aber auch eine Verantwortung im Blick auf das gesamte Gemeinwesen zu richten.

Wir können nicht nur Entscheidungen treffen, die uns das unmittelbare Schulterklopfen unserer Wähler einbringen. Es ist mir bewusst, dass es diese Versuchung gibt – wir sollten ihr widerstehen“, appellierte Peter Traub an das Verantwortungsbewusstsein der Mandatsträger.

Durchschnittliche Mehrbelatung der Grundstücksbesitzer zwischen 50 und 100 Euro jährlich

Eine beispielhafte Berechnung für durchschnittliche Grundstücke in unterschiedlichen Lagen habe eine jährliche Mehrbelastung betreffender Grundstücksbesitzer zwischen 50 und 100 Euro durch die Anhebung der Grundsteuer B ergeben.

Dies entspreche einer monatlichen Mehrbelastung zwischen 4 und 8 Euro, bei größeren Gewerbegrundstücken natürlich entsprechend mehr.

Keine Erhöhung der Gewerbesteuer

Man habe bewusst von einer Erhöhung der Gewerbesteuer abgesehen, betonte der Bürgermeister. Mit 400 Punkten liege man hier bereits an der Spitze der Odenwaldkreiskommunen. „Und wir wollen ja mehr Unternehmen in die Kreisstadt ziehen.“

Der Fehlbetrag im Finanzhaushalt sei zu kompensieren über den Zahlungsmittelbestand in Höhe von 2,742 Mio. Euro, der zum Jahresbeginn 2020 noch zur Verfügung stand. Auch der vorgeschriebene Liquiditätspuffer sei über diesen Bestand zu decken. Die bestehende Schuldenlast werde im laufenden Haushaltsjahr, bei gleichzeitigen Neuinvestitionen von 2,7 Mio. Euro, um rund 970.000 Euro verringert.

Rathausbrücke und Fertigstellung der Hauptstraße als größte Investitionsmaßnahmen

Die größten Investitionsposten nannte Traub mit Umbau und Neuschaffung von Räumen im Verwaltungsgebäude sowie einem Konferenzraum in der Werner-Borchers-Halle mit 110.000 Euro, der Gerätebeschaffung für die Freiwilligen Feuerwehren (260.000 Euro), der Sanierung der Brücke vor dem alten Rathaus mit 500.000 Euro („Wir müssen diese Brücke machen!“) sowie der Fertigstellung der Oberen Hauptstraße mit 700.000 Euro.

Im Ergebnishaushalt belaufen sich die zusätzlichen Aufwendungen auf rund 400.000 Euro. Davon entfallen alleine 142.000 Euro auf Sach- und Dienstleistungen sowie 256.000 Euro auf Personalkosten, wovon alleine 142.000 Euro für Rückstellungen anfallen. Für Land- und Forstwirtschaft entstehen Mehrkosten von 120.000 Euro.

Knapp zehn Stellen mehr

Der Stellenplan weist gegenüber dem Vorjahr 9,66 Stellen mehr aus. Davon entfallen 5,43 Stellen auf den Bereich der Kinderbetreuung in den Kitas, sowie zwei Vollzeitstellen ab Oktober 2020 auf den Bereich der Stadtpolizei.

Eine weitere Stelle ist für den IT-Bereich vorgesehen, sowie eine Vollzeitstelle in der Finanzverwaltung. Diese Zusatzkraft sei erforderlich, um der bereits erfolgten Entlassung aus dem Schutzschirm per Testaten des Revisionsamtes zur Rechtsgültigkeit zu verhelfen.

Diese werde es jedoch erst dann geben, „wenn wir die noch offenen Fragen des Revisionsamtes zu unseren Jahresabschlüssen ab 2011 beantwortet haben“. Und das sei mit der derzeitigen Besetzung „weder fachlich noch zeitlich leistbar“, sagte der Bürgermeister.

Zusätzliche Personalkosten von 668.500 Euro, davon 332.000 Euro für Kitas

Auch sei noch ein Mini-Job ab Oktober dieses Jahres in der Bauverwaltung erforderlich. Weitere 1,5 neue Stellen entfallen auf den Bereich Stadtleben (Frühlings- und Wochenmarkt) sowie auf die bereits im Vorgriff besetzte Stelle im Bereich Öffentlichkeitsarbeit.

Die daraus resultierende Summe von 11,48 Mehrstellen reduziert sich um die nicht besetzten Stellen im Bereich der Jugendpflege (1,82), die extern vergeben wurden. Vorbehaltlich der Zustimmung des Parlaments zu diesem Stellenplan wird die Stadt Erbach in diesem Jahr 130 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon neun Azubis beschäftigen.

Die zusätzlichen Kosten im Personalbereich bezifferte der Bürgermeister demnach auf 668.500 Euro, wovon alleine 332.000 Euro auf den Bereich der Kitas entfallen. „Da wir hierfür aber auch 324.000 Euro an Zuschüssen erhalten, fallen diese Mehrkosten praktisch nicht ins Gewicht“.

Von den dann noch verbleibenden Mehrkosten von 344.500 Euro im Personalbereich entfallen rund 227.000 Euro auf Versorgungsaufwendungen, sowie weitere knapp 100.000 Euro auf die Erhöhung der tariflichen Gelder.