KOMMENTAR: Erinnerungen an „absolut reines Gewissen“ und „gebe Ihnen mein Ehrenwort“
ERBACH. - Aus der Koks-Affäre um Christoph Daum im Jahr 2000 ist der Satz in Erinnerung geblieben: „Ich tue dies, weil ich ein absolut reines Gewissen habe.“ Der damalige Bundesligatrainer von Bayer Leverkusen und designierte Bundestrainer wollte die Beweggründe für seine freiwillige Haarprobe, der er sich unterziehen wollte, um die Doping-Vorwürfe gegen ihn zu entkräften, in einer Pressekonferenz verdeutlichen. Das Ergebnis ist bekannt.
Nun hat sich der Erbacher Bürgermeister Harald Buschmann in der ihn belastenden Marketingaffäre keineswegs einer Haarprobe unterzogen, noch steht dies zu erwarten, auch wenn die Darmstädter Staatsanwaltschaft die Vorprüfungen in ein offizielles Ermittlungsverfahren übergeleitet hat.
Eine einfache Erklärung, weshalb er sich bedingungslos und über gefasste Gremienbeschlüsse hinweg, fast zwei Jahrzehnte für seine persönliche Wahlkampfagentur stark gemacht hat und noch immer macht, fehlt allerdings und weckt Erinnerungen an die Pressekonferenz von Christoph Daum.
Ohne die geforderten korrekten Antworten auf Fragen der dazu verpflichteten Parlamentarier und der Pressevertreter, lediglich mit dem Verweis auf angebliche Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte, lassen sich die im Raum stehenden schwerwiegenden Anschuldigungen nicht eliminieren.
Ausweichende oder fehlende Antworten auf klare Fragen
Auch wenn grundsätzlich die Unschuldsvermutung gilt und der Vorwurf juristisch noch längst nicht bewiesen ist, hätte der Bürgermeister gerade weil er sich nach den im Dezember vor Gericht aktenkundig gewordenen erneuten Vorwürfen aktuell im Wahlkampf befindet, sehr leicht für seine Entlastung sorgen können, indem er alle Fakten offen auf den Tisch gelegt hätte.
Dieser Aufforderung kam er jedoch weder aufgrund der parlamentarischen Anfrage der ÜWG-Fraktion im Juni 2017 noch aufgrund der gemeinsamen Anfrage von SPD und ÜWG im Dezember 2017 ordnungsgemäß nach. Viele Fragen aus beiden Anfragen blieben ausweichend oder gar nicht beantwortet.
Insbesondere hat er der Fristsetzung von den beiden Stadtverordnetenfraktionen ihrer am 8. Februar gestellten gezielten Nachfragen zu seinen unvollständigen Antworten, nicht entsprochen und sich der Fristsetzung mit der dürftigen Begründung umfangreicher Recherchen „bis in die untersten Verwaltungsstrukturen“ widersetzt. Gleiches erfolgte mit einer gezielten Presseanfrage vom 02. Februar zu unklarem Verwaltungshandeln.
Erinnerungen an Ehrenwort trotz schmutziger Tricks
So werden denn neben den Erinnerungen an Christoph Daums „absolut reines Gewissen“ auch Erinnerungen an Uwe Barschels schmutzigen Tricks durch seinen Berater Pfeiffer im Landtagswahlkampf 1987 in Schleswig-Holstein wach.
Der damals amtierende Ministerpräsident Barschel hatte in einer aufsehenerregenden Pressekonferenz am 18. September 1987 alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe zurückgewiesen und erklärt:
„Über diese Ihnen gleich vorzulegenden eidesstattlichen Versicherungen hinaus gebe ich Ihnen, gebe ich den Bürgerinnen und Bürgern des Landes Schleswig-Holsteins und der gesamten deutschen Öffentlichkeit mein Ehrenwort – ich wiederhole: Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort! – dass die gegen mich erhobenen Vorwürfe haltlos sind.“
Nach seinem später erfolgten Rücktritt und seinem, bis heute noch immer ungeklärten Tod, widerriefen Barschels Fahrer und seine Sekretärin frühere, Barschel entlastende Aussagen und gaben an, Barschel habe sie zu Falschaussagen gedrängt.
Im Abschlussbericht wurde mit den Stimmen aller Ausschussmitglieder, auch denen der CDU, festgestellt, dass bei vielen Aktivitäten seines Rambos Pfeiffer eine Mitwisserschaft Barschels feststehe oder jedenfalls wahrscheinlich sei.
Kein Ehrenwort, aber angeblich ein reines Gewissen
Nein, sein Ehrenwort hat Harald Buschmann weder den ihn kontrollierenden Erbacher Parlamentariern, noch den ihn befragenden Journalisten gegeben. Die volle Wahrheit aber hat er ihnen auch (noch) nicht gesagt. Vielmehr erklärt er jetzt ständig, auch im Hörfunk und in seinen verschiedenen aktuellen Verlautbarungen, er habe sich nichts zu schulden kommen lassen, er sei sich keiner Schuld bewusst.
Dabei weiß er es sehr viel besser, und hat bereits eigene Verfehlungen, einige nennen sie schriftliche Lügen, andere Urkundenfälschung, gegenüber Kommunalaufsicht und in einer Pressemitteilung eingestanden. Will er eigentlich den Wahlbürgern Sand in die Augen streuen? Er sollte davon ausgehen, dass sich auch Erbacher Bürger deutlich über seine persönlichen Sprachrohre hinaus informieren.