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GRÜNEN-Thema: „Die Zukunft der Odenwaldbahn“

Manfred Ertl, Uwe Schuchmann, Elisabeth Bühler-Kowarsch, Jonas Schönefeld, Petra Neubert und Alfred Hawelky (von links nach rechts).

Bahn- und Nahverkehrsexperte Uwe Schuchmann referiert bei Kreistagsfraktion + + + Elektrifizierung, Zweigleisigkeit, Kapazitätsengpässe, Tarife, Preise und Tourismus

ODENWALDKREIS / MICHELSTADT. – Zum Thema „Die Zukunft der Odenwaldbahn“ referierte jetzt der Bahn- und Nahverkehrsexperte Uwe Schuchmann bei der Kreistagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Odenwald in Michelstadt. Schuchmann ist zweiter Vorsitzender im Kreisverband Darmstadt-Dieburg des Verkehrsclubs Deutschlands (VCD) und engagiert sich auch im Fahrgastverband PRO BAHN.

Die Bereitschaft des ausgewiesenen Odenwaldbahn-Kenners, seine umfassende fachliche Expertise interessierten Kommunalpolitikern zur Verfügung zu stellen, traf auf dankbare Anerkennung aller Teilnehmer. Auch der kürzlich neu gewählte Kreisvorstand der Odenwälder GRÜNEN nahm an dieser Fraktionssitzung teil, wie die Fraktionssprecher Elisabeth Bühler-Kowarsch und Manfred Ertl mitteilen.

Ohne Umschweife kam der Referent zur Sache. Die Modernisierung der Infrastruktur der Odenwaldbahn in den Jahren 2005 bis 2016 hat sich im Ganzen positiv ausgewirkt. Wie Schuchmann erläuterte, umfasste dies auch eine Verkürzung der Bahnsteige und den Abriss der Kreuzungsgleise in Lengfeld und Zell.

Neue Itino-Triebwagen wurden angeschafft. Jetzt gebe es wesentlich bessere Fahrpläne als vorher. Auf der Strecke Hanau-Wiebelsbach sollen ab Dezember 2017 Dieseltriebwagen des Typs LINT 54 eingesetzt werden, wobei die Abkürzung „LINT“ für „leichter innovativer Nahverkehrstriebwagen“ steht. Weitere, heute nur zweiteilig fahrende Itino-Triebwagen könnten dann in der Hauptverkehrszeit dreiteilig fahren.

Allerdings vermerkt Uwe Schuchmann dazu, dass die meisten Züge von und nach Frankfurt bereits heute in Dreifach-Traktion fahren! Um Kapazitätsengpässe in den Hauptverkehrszeiten zu bewältigen, bestünde laut Schuchmann auch die Möglichkeit, Züge mit Doppelstockwagen einzusetzen.

Zur Elektrifizierung der Odenwaldbahn äußerte sich Schuchmann eher zurückhaltend. Eine Elektrifizierung erfordere erhebliche Anpassungen der Signaltechnik und würde auf dem Südabschnitt mit dem Krähbergtunnel hohe Kosten verursachen, so der Referent.

Da Elektrifizierung die Reisezeiten nicht verkürze, sei ein positiver Kosten-Nutzen-Indikator und entsprechende Förderung nach den üblichen Berechnungen eher unwahrscheinlich. Die GRÜNEN bewerten die Elektrifizierung als ökologisch sinnvolle Maßnahme für die Odenwaldbahn und wollen am Thema „Verkehrswende“ weiter dran bleiben.

In der Zukunft sollten Züge mit regional erzeugtem Strom aus Erneuerbaren Energien fahren. „Nachhaltig, innovativ“ und ein Beitrag zum Klimaschutz wäre erst eine Odenwaldbahn ohne Schadstoff-Emissionen, praktisches Standortmarketing für die Region, statt bloßer Worthülsen!

Die Frage des zweigleisigen Ausbaus der Odenwaldbahn zur Vermeidung von Wartezeiten für Begegnungsverkehre fehlte natürlich nicht in der differenzierten Bestandsaufnahme. Auch im rot-grün-gelben Koalitionsvertrag des Nachbarkreises Darmstadt-Dieburg findet sich diese Forderung zur Entwicklung der Odenwaldbahn, vermerkte dazu der Referent.

Konkrete Aktivitäten bezüglich eines zweiten Gleises seien aber bisher noch nicht erkennbar. Zweigleisigkeit ist seiner Einschätzung nach nur mit großem Aufwand herstellbar, wegen vieler Brücken, hoher Dämme und dem engen Frau-Nausses-Tunnel.

Die Frankfurt-Pendler aus dem Odenwaldkreis wünschen sich kürzere Reisezeiten und nachmittags mehr Sitzplätze und mehr direkte, umsteigefreie Züge. Wie bekannt, sind die Züge auf dieser Strecke oft überfüllt, was immer wieder Beschwerden von Fahrgästen hervorruft.

Ähnlich gelagert sind die Interessenlagen der verschiedenen Darmstadt-Pendler. Der interregionale Fahrgast nach Stuttgart wünsche sich direkte und umsteigefreie Fahrten über Eberbach hinaus. Die Stärkung des Südabschnittes, wäre auch ein positives Signal für die Einwohner der bald vereinten Oberzent-Kommunen. Dort habe die Verbesserung des Öffentlichen Personennahverkehrs eine hohe Priorität.

Die RMV-Tarifreform ist dringend erforderlich, damit der ländliche Raum gestärkt werde, waren sich die Teilnehmer einig. Sollten die Preise zukünftig über die Nachfragesteuerung berechnet werden, sei zu befürchten, dass dies negativ für die Bahnnutzer der Strecke Erbach-Frankfurt zu Buche schlägt.

Das touristische Potenzial der Gesamtregion erstreckt sich auf drei Länder mit drei Tarifen. Es gibt jedoch keine passende Fahrkarte für Einwohner und Touristen. Auch Kreisgrenzen überschreitende Buslinien könnten die Attraktivität des regionalen ÖPNV weiter stärken.

So seien etwa Linien von Bensheim nach Michelstadt ohne Umstieg in Reichelsheim oder auch von Höchst nach Obernburg-Elsenfeld Bhf ohne Umstieg in Mömlingen als Optionen der Nahverkehrsentwicklung auf ihre Realisierbarkeit zu prüfen.

Von großer Bedeutung ist den GRÜNEN der Blick über die Grenzen der Verkehrsverbünde: Gesamtnetzkarten wie im VRN (Rhein-Neckar-Ticket) ermöglichen den Nutzern eine hohe ÖPNV-Mobilität und das wäre auch für den Odenwald und den RMV-Bereich ein echter Schritt in die Zukunft.

Eine positive Bilanz der informativen Gesprächsrunde zogen abschließend die Sprecher der Kreistagsfraktion. Sie bedankten sich bei Uwe Schuchmann für seine engagierte Arbeit in der Sache und gern aufgenommene fachliche Impulse für die Arbeit der Fraktion: „Die Odenwaldbahn ist das Herzstück des ÖPNV unserer Region, zentrales Element unserer Mobilitätsentwicklung und für die regionale Infrastruktur unverzichtbar.

Wir werden weiterhin dicht an den praktischen Fragen sein, genau hinschauen und hinhören. Wir werden unseren Beitrag dazu leisten, dass unsere Odenwaldbahn im Interesse aller Odenwälder Bürger*Innen und des Odenwaldkreises positiv fortentwickelt wird.“