Feierlaune trotzt Regenwetter
Weinbrunnenfest, Kirchweih und französischer Gourmetmarkt locken in die Michelstädter AltstadtMICHELSTADT. - Das Wetter kann man sich nicht aussuchen, die dafür passende Kleidung schon und sich schon gar nicht davon abbringen lassen, das reichhaltige Angebot in der Altstadt von Michelstadt auszusparen.
Beim Weinbrunnenfest am ersten Oktober-Wochenende wurden einige Programmpunkte kurzerhand ins Trockene verlegt oder umgestaltet, sodass die Vielfalt erhalten geblieben ist.
Wie jedes Jahr zu dieser Zeit wird an die Kirchweih der Stadt erinnert, die auch in diesem Jahr fester Bestandteil des Festwochenendes war.
Zur noch regenfreien Eröffnung am Freitagabend und besonders in jenen Stunden, zu denen Petrus sich gnädig zeigte, füllten sich die Große Gasse und die Braunstraße mit Leben.
„Wir lassen uns die gute Laune nicht verderben“, bestätigte die Vorsitzende des Gewerbevereins, Christiane Adler, ihre Grundeinstellung, dass besonders in schwierigen Zeiten eine optimistische Herangehensweise von Kunden eher belohnt wird als Krisendiskussionen.
Sie lenkt nicht nur die Geschicke im Modehaus Henschel, sondern engagiert sich auch für werbende Aktionen wie „Michelstadt in seinem Element“. Am Samstag hat der Themen-Einkaufstag mit seinen verlängerten Öffnungszeiten unter dem Motto „Erde“ gestanden.
„Die Leute wollen sich etwas Gutes tun, mal abschalten, die Sorgen des Alltags und die allgemeine Lage für einige Zeit vergessen wollen“, argumentierte die Geschäftsfrau, dass es sich lohnt, auch und besonders unter widrigen Wetterbedingungen, „Plätze in der Stadt zu kleinen Oasen“ einzurichten.
Hierfür zählten auch Hingucker, wie der historische Trecker, an dem der Garten- und Landschaftspfleger Helmut Breithaupt einen Anhängepflug befestigt hat.
Das landwirtschaftliche Fahrzeug gehörte zu den wenigen, die, und auch nur zu Zwecken der Marktgestaltung, an diesem verlängerten Wochenende in die ansonsten autofreie Altstadt einfahren durften.
Demonstrativ und unübersehbar symbolisierte der Traktor das Thema „Erde“ an exponierter Stelle, mit dem historischen Rathaus im Hintergrund. Nur wenige Schritte davon entfernt, machte der Gewerbeverein mit dem Weinausschank am Marktbrunnen dem Namen des Fests alle Ehre.
Als weiterer Fixpunkt in der Braunstraße lenkte ein Angebot die Aufmerksamkeit auf sich, welches bereits im siebten Jahr an dieser Stelle einen Vorgeschmack auf den französischen Gourmetmarkts bot.
Seit rund 20 Jahren bereist Sascha Schickler mit seinem Crêpes-Stand die Märkte in der Republik und versteht es, ungemütliches Wetter einzukalkulieren. Dem Schausteller in fünfter Generation ist nicht bange, wenn die Leute mal nicht Schlange vor seinem Stand stehen.
Er weiß, dass auf Regen Sonnenschein folgt und „die Leute wieder mehr unterwegs sein und sich etwas gönnen wollen“. Die Preissteigerungen für Mehl, Öl und die Zutaten für seine Crêpes sowie die Energiekosten gibt er mit moderaten 50 Cent an seine Kunden weiter.
Wem dies zu viel war und auch kritisch auf die Preisschilder an den Ständen des Gourmetmarkts schielte, ließ die angrenzende Fußgängerzone schon bald hinter sich.
Kein Problem damit hatte an diesem Nachmittag eine Kundin, die sich zu erkennen gab, aus Saarbrücken nach Michelstadt angereist zu ein, um hier einkaufen zu können.
Es ist die große Auswahl an französischen Keksen und anderen Süßwaren, die den Stand „La Boite à Biscuits“ ausmachen, der von Claude und Roman Schneider aus Wissembourg mit hauseigenen Produkten betrieben wird.
Mutter und Sohn beteiligen sich schon etliche Jahre am gemeinsamen Marktauftritt der Händler aus dem Elsass, die Kulturamtsleiter Heinz Seitz als feste Größe beim Weinbrunnenfest einkalkuliert.
Die Marktstände überzeugten wieder mit ihrem reichhaltigen Sortiment an Salamikreationen, französischen Brot- und Käsesorten sowie Oliven und Südfrüchten.
Dazwischen verbreitete sich ein Duft, der wie kein zweiter für das südfranzösische Landschaftsbild der Hochprovence steht und in Form von Lavendelseife und Ruhesäckchen zum Kauf dargeboten wurde.
Zum Thema Wein haben Marco Ulrich und sein Team vom Cateringbetrieb Essbar sich etwas einfallen lassen und den Kellereihof zum „Weindorf“ erklärt.
Die Premiere ist aus seiner Sicht gelungen, weshalb auch im nächsten Jahr er wieder mit erlesenen Weinen aus Groß-Umstadt, der Bergstraße sowie von zwei weiteren Winzern aus dem badischen Cleebronn mit von der Partie sein will.
Traditionell präsentierte sich die Kirchweih Michelstadts, auf die bekanntlich die Feierlaune am ersten Oktober-Wochenende zurückzuführen ist. Ausgerichtet und bewirtet wird sie seit geraumer Zeit von der Prinzengarde des KV Narrhalla, für die Markus Rauch sich zufrieden mit dem Festverlauf zeigte.
Dem Bieranstich bei der Eröffnung am Freitagabend in der Löwenhofreite ging das „Ausgraben der Kerb“ voraus, das von je her dem Kerweclub Michelstadt vorbehalten ist.
Auf die Kerbredd wurde in diesem Jahr verzichtet, berichtete Cristof Dachmann und Frank Trumpfheller; auf das Kerbausleuten und das Kerbvergraben am Montag aber nicht.
Was sich dahinter verbirgt, habe etwas mit einer besonderen Flasche Wein zu tun. Schon mit Rücksicht auf die Anwohner gingen zu Mitternacht nicht nur die Lichter, sondern auch die Musikanlage, aus, wie es die Stadt vorgegeben hatte.
An allen Veranstaltungsorten in der Altstadt wurde im weiteren Festverlauf erneut Livemusik geboten und sich von den äußeren Bedingungen nicht die Feierlaune verderben lassen.
Den Wetterverhältnissen angepasst, fanden am Sonntag die Auftritte der Musikschule Odenwald mit ihrem Streichorchester, dem Chor und dem Kooperationsorchester gemeinsam mit dem Gymnasium im Trockenen statt.
Hierfür hatte die evangelische Stadtkirche ihre Pforten geöffnet. In einen nicht minder historisch wertvollen Ort hatte die Stiftung der Sparkasse Odenwald nicht nur, aber insbesondere jüngere Besucher eingeladen.
Das Mini-Mathematikum war erneut zu Gast im Schenkenkeller. Wer Interesse am ältesten Wirtschaftszweig der Stadt fand, reihte sich in die Besuchergruppe ein, die vom Kulturamt zu einer öffentlichen Themenführung begrüßt wurde.
Unter der Überschrift „Bergbau und Hüttenwesen“ spannte die Gästeführerin den Bogen vom „Leben und Wirken illustrer Hammerherren“ bis zur Eisenerzgewinnung und -verhüttung.