NEWS

Kampagne gegen Gewalt an Frauen erfolgreich

Gemeinsam für eine gute Sache: Inge Berg vom Verein Odenwälder Frauenhaus hält einen Scheck über 200 Euro in den Händen. Das Geld kam bei einem Flohmarkt zusammen, den Janette und Gisela Schneider (erste und zweite von rechts) von der Bäckerei Schneider in Breuberg-Sandbach veranstaltet hatten. Mit ihnen freut sich die Gleichstellungsbeauftragte des Odenwaldkreises, Petra Karg.

Auffällig gestaltet: die Brötchentüte mit der Aufschrift „Gewalt kommt mir nicht in die Tüte“. In den Bäckereien, die an der Anti-Gewalt-Aktion teilnahmen, lagen auch Broschüren mit weiteren Informationen aus. Fotos: Stefan Toepfer/Kreisverwaltung

„Etliche intensive Gespräche“ – Bäckerei aus Sandbach unterstützt Frauenhaus

ODENWALDKREIS / SANDBACH. - Frauen in Not können jede Unterstützung gebrauchen. Das hat sich auch Gisela Schneider, Seniorchefin der Bäckerei Schneider in Breuberg-Sandbach, gedacht und gegen Ende des vergangenen Jahres einen Flohmarkt zugunsten des Frauenhauses in Erbach veranstaltet.

200 Euro sind dabei zusammengekommen – Geld, über das sich Inge Berg vom Vorstand des Vereins Odenwälder Frauenhaus freut. „Es kommt den Frauen und ihren Kindern zugute“, sagt Berg, die am Mittwoch die Bäckerei Schneider besucht hat, um sich für die finanzielle Unterstützung zu bedanken.

Gemeinsam mit ihr ist Petra Karg, die Gleichstellungsbeauftragte des Odenwaldkreises, nach Sandbach gekommen. Auch sie lobt das besondere Engagement der Schneiders. Der Betrieb gehörte zu jenen 14 Bäckereien im Kreis, die Ende November an der Aktion „Gewalt kommt mir nicht in die Tüte“ teilgenommen haben.

In dieser Zeit wurden Brötchen in Tüten verkauft, die diesen Schriftzug trugen und auf Hilfsangebote für Frauen, die unter Gewalt leiden, aufmerksam gemacht haben. Im Rahmen dieser Kampagne hat Gisela Schneider auch den Flohmarkt veranstaltet. Verkauft wurden Gegenstände aus einer Filiale, die aufgelöst worden war. „Ich wusste, dass das Frauenhaus Geld braucht, und so kam ich auf diese Idee“, sagt die Seniorchefin.

Mindestens genauso wichtig wie die finanzielle UnterstĂĽtzung fĂĽr das Frauenhaus ist Berg und Karg aber auch die Aufmerksamkeit, die die gesamte Kampagne, einschlieĂźlich des Flohmarkts, auf das Thema Gewalt gegen Frauen gelenkt hat.

In fünf der 14 Bäckereien fanden spezielle Verkaufsaktionen statt, auch in der Bäckerei Schneider. „Überall gab es etliche intensive Gespräche mit Kunden“, schildert Karg.

„Manche waren irritiert, als sie die Tüten mit dem ungewöhnlichen Schriftzug in den Händen hielten, aber genau das hat Aufmerksamkeit erzeugt. Und zuhause kam das Thema dann dank der Tüten im wahrsten Sinne des Wortes auf den Tisch.“

Berg fügt hinzu, dass sie auch mit betroffenen Frauen ins Gespräch gekommen sei, und hebt hervor: „Gewalt fängt nicht erst bei einer Misshandlung an, sondern viel früher, etwa bei verbaler Gewalt.“

Für Berg und Karg hat die Aktion wesentlich dazu beigetragen, Bürgerinnen und Bürger auf das Ausmaß häuslicher Gewalt und auf Hilfsangebote aufmerksam zu machen. Untersuchungen zufolge hat jede vierte Frau Gewalt in Beziehungen erlebt.

„Sie gibt es in allen Schichten und bei Menschen mit und ohne Migrationshintergrund“, halten Berg und Karg fest. Darüber in der Öffentlichkeit zu sprechen, sei sehr wichtig. „Denn je mehr die Gesellschaft diese Gewalt ächtet, desto mehr Frauen trauen sich Hilfe zu holen.“

Der Verein Odenwälder Frauenhaus unterhält neben dem Frauenhaus selbst, das 18 Plätze hat, eine Beratungs- und Interventionsstelle für Frauen in Gewalt- und Krisensituationen. Nähere Informationen darüber gibt es auf der Seiten www.frauenhaus-erbach.de und www.frauenberatung-erbach.de. „In der Regel ist das Frauenhaus voll belegt“, so Berg.

Die Frauen bleiben unterschiedlich lange dort, manche nur einige Tage, andere mehrere Monate. Nicht wenige von ihnen haben Kinder, die sie ins Frauenhaus mitnehmen können. Laut einer Statistik der Einrichtung kehren jährlich durchschnittlich 26 Prozent der Frauen zu ihren Männern zurück.

Wie Berg schildert, knüpfen einige Frauen ihre Rückkehr an Bedingungen, etwa eine gemeinsame Therapie. „Es kommt auch vor, dass ein Familiengericht dem Mann ein Anti-Gewalt-Training zur Auflage macht“, sagt Karg.

Sie ist mit allen relevanten Akteuren in Kontakt, vor allem im Arbeitskreis „Gegen häusliche Gewalt“, der auch die Kampagne „Gewalt kommt mir nicht in die Tüte“ organisiert hat.

Die Aktion soll es auch in diesem Jahr wieder geben, rund um den 25. November, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen. Denn eines ist für Karg wie für Berg glasklar: „Häusliche Gewalt ist keine Privatangelegenheit, sondern eine Straftat. Da darf niemand wegschauen.“