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Marketingaffäre: Bürgermeister Buschmann beklagt fehlende Information über ihm bekannte Vorgänge

Erbachs Bürgermeister Harald Buschmann beklagt das durchaus übliche Vorgehen der Darmstädter Staatsanwaltschaft und versucht sich zu rechtfertigen, ohne allerdings klare Fakten zu präsentieren. Foto: mk-Presse

Verstrickung Harald Buschmanns in zweifelhafte Geschäfte mit der Werbeagentur Lebensform wurden durch den Strafprozess gegen Dietrich Kübler in nahezu identischer Marketingaffäre bei Gericht aktenkundig und lösten parlamentarische Fragen inklusive entsprechender Berichterstattung aus

ERBACH. - Die Wogen schlagen hoch in der Marketingaffäre um Erbachs Bürgermeister Harald Buschmann seit der Hessische Rundfunk und FACT am Donnerstag dieser Woche berichteten, dass die Darmstädter Staatsanwaltschaft jetzt ein offizielles Ermittlungsverfahren eingeleitet hat (siehe FACT-Bericht unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/odenwaldkreis/details/?tx_ttnews).

Dieser offiziellen Mitteilung der Ermittlungsbehörde entgegnete Buschmann mit einer umfangreichen Jeremiade, in der er vor allem beklagte, er halte den Umstand, dass er durch die Radioberichterstattung des Hessischen Rundfunks von einem gegen ihn eingeleiteten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren erfahren musste, „für einen ungeheuerlichen Vorgang, der mich in meinen persönlichen Rechten verletzt und die an dieser Stelle notwendige rechtsstaatliche Verantwortlichkeit vermissen lässt“.

„Keine Möglichkeit gegeben, mich zu den Vorwürfen zu erklären“

Er sei von der zuständigen Staatsanwaltschaft zu keinem Zeitpunkt über etwaige anonyme Anzeigen oder die bevorstehende Einleitung eines Ermittlungsverfahrens informiert worden. „Mir wurde keine Möglichkeit gegeben, mich zu den erhobenen Vorwürfen und Unterstellungen zu erklären und diese auszuräumen.“

Die von ihm im Rahmen seiner Amtsführung vollzogene Selbstanzeige bei der Kommunalaufsicht des Odenwaldkreises sei keinesfalls als irgendeine Form von Schuldeingeständnis zu werten, erklärte Harald Buschmann am Freitag.

Strafanzeigen waren sehr wohl bekannt

Dieser Erklärung steht jedoch die FACT-Berichterstattung vom 29. Januar diesen Jahres entgegen, in der sehr wohl auf ein staatsanwaltschaftliches Prüfungsverfahren nach eingegangenen Strafanzeigen bei der Ermittlungsbehörde berichtet worden war (siehe FACT-Bericht unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/odenwaldkreis/details/?tx_ttnews).

Auch bei der von Bürgermeister Buschmann am 2. Februar einberufenen Pressekonferenz waren diese Strafanzeigen thematisiert worden, ihm somit sehr wohl bekannt.

Die aktuelle Berichterstattung durch FACT, wie den Hessischen Rundfunk, erfolgte jeweils aufgrund der Antworten durch den Pressesprecher der Darmstädter Ermittlungsbehörde, Oberstaatsanwalt Robert Hartmann, nach offiziellen Presseanfragen bei ihm.

Aufgrund Vorprüfung offizielles Ermittlungsverfahren eingeleitet

Diese Anfragen erfolgten infolge der erwähnten früheren Mitteilung der Behörde vom 29. Januar diesen Jahres. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft, ebenfalls auf Anfrage, mitgeteilt, Erbachs Bürgermeister Harald Buschmann (CDU) werde aufgrund von Anzeigen Untreue und Urkundenfälschung vorgeworfen. Der Vorgang sei bei der Staatsanwaltschaft erfasst worden und werde geprüft .

Analog der in solchen Fällen üblichen journalistischen Praxis, wurde jetzt, dreieinhalb Wochen später, der Stand der Ermittlungen erneut erfragt und Oberstaatsanwalt Hartmann hat entsprechend seiner gesetzlichen Verpflichtung die Auskunft erteilt, dass aufgrund der Vorprüfung nunmehr ein offizielles Ermittlungsverfahren gegen Harald Buschmann eingeleitet wurde.

CDU-Stadtverband stimmt in Klagelied ein

Auch der Vorsitzende des CDU-Stadtverbandes Erbach, Erich Petersik stimmt in dieses Klagelied ein und spricht von „rücksichtslos im Internet und den sozialen Medien erhobenen Vorwürfen“. Dabei würden „unbelegte Vorwürfe erhoben und teilweise falsche Informationen veröffentlicht“.

Besonders schwer wiege, „dass nicht nur unser Bürgermeister selbst, sondern auch Mitarbeiter der Verwaltung und sogar unbeteiligte Bürger ohne jegliche Rücksicht mit in diese Schmutzkampagne hineingezogen“ würden.

Ursächlich für diese jetzt als „Schmutzkampagne“ apostrophierte Affäre waren ausschließlich Zeugenaussagen im Strafprozess gegen den früheren Landrat Dietrich Kübler.

Buschmann und La Meir hatten Ex-Landrat Kübler pro Lebensform „beraten“

Vor dem Amtsgericht Michelstadt hatten in zwölf öffentlichen Sitzungstagen mehrere Zeugen ausgesagt, der Erbacher Bürgermeister Harald Buschmann habe zusammen mit seinem Stadtbaumeister Martin La Meir den damaligen Landrat Kübler entgegen der Stellungnahme des kreiseigenen Rechtsamtes dahingehend „beraten“, er könne bei einer veränderten Ausschreibung sehr wohl den Auftrag an die Firma Lebensform erteilen.

Auch Buschmanns mandatslose Teilnahme im Lebensform-Büro an einer Geheimsitzung, bei der die Lebensform-kritische Geschäftsführerin der Odenwald-Tourismus GmbH entlassen, und durch einen Lebensform-affinen Reichelsheimer Gemeindebediensteten ersetzt werden sollte, war durch Zeugenaussagen aktenkundig geworden.

Gemeinsame Akquise des Bürgermeisters mit Agenturinhaber für Lebensform

Die Aussage des Michelstädter Bürgermeisters Stephan Kelbert vom 1. Dezember 2017, Harald Buschmann habe zusammen mit Dietrich Kübler und Agenturinhaber Johannes Kessel gemeinsam versucht, ihn nach der Aufkündigung der städtischen Geschäftsbeziehung zu Lebensform zu einer weiteren Zusammenarbeit zu veranlassen, führte gar zu der unbeantworteten richterlichen Verwunderung: „Ist es die Aufgabe eines Landrats und eines Bürgermeisters, auf Akquisetour für eine Werbeagentur zu ziehen? “ (siehe FACT-Bericht unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/odenwaldkreis/details/?tx_ttnews).

Auch die folgenden, noch im Dezember eingereichten gemeinsamen Fragen von ÜWG und SPD im Erbacher Stadtparlament zu der Geschäftsbeziehung mit der selben Agentur sind ebenso ausschließlich in diesem Zusammenhang zu sehen, wie intensive Presserecherchen, die weitere Ungereimtheiten zutage beförderten.

Weitere Rückatierungen und Manipulation der Eingangsstempel

Nach absolut zuverlässigen Informationen der FACT-Redaktion wurden in der Erbacher Stadtverwaltung mehr Rückdatierungen von Auftragserteilungen an die Agentur Lebensform vorgenommen, als bisher von Bürgermeister Buschmann eingeräumt.

Auch die Angebote der Lebensform GmbH zum Erbacher Wiesenmarkt 2017 seien nach erbrachter Dienstleistung erst im September teilweise bis April 2017 rückdatiert bei der Stadtverwaltung eingegangen und entsprechend der Rückdatierung auch mit einem zurückdatierten Eingangsstempel manipuliert worden.

Angesichts dieser bereits mehrfach veröffentlichten und bisher unwidersprochenen Feststellungen mutet es äußerst befremdlich an, dass Bürgermeister Buschmann zurzeit die ahnungslose und verfolgte Unschuld vom Lande gibt.

Er hat bereits rechtswidriges Tun eingestanden und auf Fragen nach weiteren Vorkommnissen gleicher Art die Antwort verweigert. Dies versucht er wohl bis zum Wahltermin durchzuhalten.