Radler vorn am Potsdamer Platz in Michelstadt
Neuland für viele Verkehrsteilnehmer: Bewusstsein für einspuriges Befahren setzt sich bei Autofahrern nur langsam durchMICHELSTADT. - Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, so weiß der Volksmund. Ein praktisches Beispiel für dieses Verhaltensmuster ist der seit September am Kreuzungsbereich mit der B47 und in unübersehbarem Rot gestaltete sogenannte Fahrradaufstellstreifen.
Hinter dem Wortungetüm verbirgt sich eine Fläche unmittelbar vor der Haltlinie, die bei einer Rotphase exklusiv Radfahrern als Wartefläche vorbehalten ist.
Das Neuland im Odenwaldkreis ist rot markiert – und es befindet sich in Michelstadt. In den vergangenen Monaten ist dort an der viel befahrenen Kreuzung am Potsdamer Platz zum einen die
Ampelanlage erneuert worden, zum anderen ist mit dem dort neu entstandenen „Fahrradaufstellstreifen“ ein wichtiges Signal an die Radfahrer gesendet worden.
Der Streifen befindet sich von der Innenstadt kommend zunächst am rechten Rand der Bahnhofstraße und zieht sich dann unmittelbar vor der Ampel über die ganze Breite der stadtauswärts führenden Spur.
Eindeutiges Signal: Hier haben die Velos Vorrang. Solche Radaufstellstreifen, auch Wartefelder genannt, sollen an Ampelkreuzungen mit starkem Fahrzeugaufkommen den Verkehrsfluss für Radfahrer erleichtern: Die Fläche lade diese dazu ein, bei roter Ampel die Autos seitlich zu überholen, um sich dann vor ihnen aufzustellen.
Vorteil: Sie werden von den Fahrern nicht übersehen, „weil sie in deren Blickfeld auf Grün warten. Auch müssen sie dann die Abgase von Autos nicht mehr einatmen“, erläutert Sebastian Ulrich, Leiter der Ordnungsbehörde in Michelstadt.
Die sogenannte „aufgeweitete Radaufstellfläche“ (ARAS) befindet sich vor der Haltlinie für den motorisierten Verkehr und gibt Radfahrern die Möglichkeit, sich an roten Ampeln vor(!) den Fahrzeugen aufzustellen. Die Radfahrer werden dort gut gesehen, können bei Grün vor dem anderen Verkehr losfahren und die Kreuzung passieren.
Die Radaufstellfläche ist somit ein Schritt hin zu mehr Fahrradfreundlichkeit und Verkehrssicherheit in Michelstadt. Unfälle durch rechtsabbiegende Wagenlenker, die einen von hinten anfahrenden Radfahrer übersehen und anfahren, sollen so vermieden werden.
Damit Radfahrer die Radaufstellfläche auch sicher erreichen und an vor der Ampel bereits wartenden Fahrzeugen vorbeifahren können, ist vor der rot markierten Fläche zusätzlich ein Schutzstreifen für Radfahrer markiert.
Der Schutzstreifen wird durch eine gestrichelte Linie von der Fahrbahn getrennt und ist durch Radpiktogramme kenntlich gemacht. Durch diese Markierung ist die separate Linksabbiegespur in der Bahnhofstraße entfallen, d.h. anders als zuvor steht Autofahrern hier nur noch eine Fahrspur zur Querung der Kreuzung statt bisher zwei zur Verfügung.
Beobachtungen der Michelstädter Ordnungsbehörde in den vergangenen Wochen zeigen jedoch, dass die neue Regelung nicht von allen Fahrzeugführern erkannt bzw. beachtet wird.
Vielfach ist selbst vier Monate nach Einführung der Verkehrsneuregelung zu beobachten, dass sich Wagenlenker weiterhin 2spurig unter Mitbenutzung des Schutzstreifens für Radfahrer vor der Ampel aufstellen.
Der Schutzstreifen darf zwar gemäß StVO zum Ausweichen im Begegnungsfall überfahren werden, nicht jedoch als Aufstellfläche für den motorisierten Verkehr.
Das Wartefeld in Michelstadt erhöht die Präsenz von Radfahrern im Straßengeschehen erheblich. Gerade im ländlichen Raum würden diese häufig „noch nicht so richtig als gleichberechtigte
Verkehrsteilnehmer wahrgenommen“, sagt Ulrich.
Gleichzeitig wachse deren Anzahl zunehmend – und mit dem steigenden Aufkommen an E-Bikes werden immer mehr Rad fahrende Verkehrsteilnehmer im Odenwaldkreis unterwegs sein.
Die Stadtverwaltung Michelstadt bittet daher alle Verkehrsteilnehmer die neue Regelung zur Verbesserung der Verkehrssicherheit der Radfahrer zu beachten.