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Was Scheidungs-Kinder zerstrittenen Eltern zu sagen haben

Allein: Ein Mädchen wendet sich von seinen streitenden Eltern ab. Ein neues Angebot der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Familien des Odenwaldkreises soll Kindern wie zerstrittenen Eltern helfen. Foto: Zivica Kerkez/shutterstock.com

Neuartiges Angebot: Familienübergreifende Beratung – Familienrichter lobt Konzept

ODENWALDKREIS. - Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte – heißt es. Nicht selten ist genau das Gegenteil der Fall. Nämlich dann, wenn Eltern nach einer Trennung heftige Auseinandersetzungen haben.

Darunter leiden die Kinder besonders, werden selbst aggressiv oder kapseln sich ab. „Tief zerstrittene Eltern können oft gar nicht mehr fühlen, was mit ihren Kindern los ist“, weiß Sandra Veigl, die Leiterin der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern des Odenwaldkreises.

Das soll sich mit Hilfe eines familienübergreifenden Angebots ändern. „Wir wollen, dass die Kinder und ihre Bedürfnisse wieder in den Blick geraten. Außerdem möchten wir Eltern helfen, ihre Streit-Muster zu erkennen und zu überwinden“, so Veigl.

Das neuartige Angebot mit dem Titel „Vertragt euch endlich!“ richtet sich an bis zu sechs Familien, die ab dem 16. Oktober gemeinsam zu acht Treffen eingeladen werden.

Ab sofort kann man sich darüber in der Beratungsstelle unter der Telefonnummer 06062 70-3939 oder der Mail-Adresse eb.odw(at)odenwaldkreis.de informieren beziehungsweise dafür anmelden.

In einer Gruppe kommen die Erwachsenen zusammen, in einer die Kinder. Den Eltern wird geholfen, sich ihrer Streitkultur bewusst zu werden und sich besser in ihre Kinder hineinzuversetzen. Die Kinder werden ermutigt, ihre Erfahrungen auf kreative Weise auszudrücken und dies gegen Ende der Beratungsreihe den Eltern vorzustellen.

Für die beiden Gruppen sind je zwei Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle zuständig. Ingrid Emig und Doris Herold kommen mit den Eltern zusammen. „Ein Thema wird auch die Kommunikation sein“, erläutern sie.

„Manche Eltern tauschen sich beispielsweise nur noch über Whats-App-Nachrichten aus statt miteinander zu sprechen, was viel Spielraum für ungute Interpretationen lässt.“ Die Kindergruppe wird von Tina Menger und Lena Reis geleitet. Sie wissen, unter welchem „unglaublichen Druck“ Kinder zerstrittener Eltern stehen.

„Die Kinder sind meist nicht mehr sie selbst in ihrem Ausdruck, sondern verhalten sich zum Beispiel strategisch, um es einem Elternteil recht zu machen.“ Den Kindern soll ermöglicht werden, ihre Emotionen unverfälscht mitzuteilen.

Der Familienrichter Dr. Benno König, Direktor des Amtsgerichts Michelstadt, hofft sehr, dass die Beratungsreihe auf Interesse stößt. „Sich gegenüber anderen in einer Gruppe zu öffnen, ist nicht unbedingt leicht, kann aber sehr hilfreich sein.“

König würdigt das Engagement der Beratungsstelle in der Umsetzung des Konzepts, das aus den Niederlanden stammt. „Das ist eine gute Sache. Ich verspreche mir davon positive Folgen für die Familien und nicht zuletzt für das Kindeswohl, das für das Familiengericht immer an vorderster Stelle steht.“

Die Reihe endet am 11. Dezember. Die Treffen dauern etwa zwei Stunden und finden in der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern im Haus Relystraße 20 in Michelstadt statt. Die Teilnahme ist kostenfrei.

In das Programm wird auch das „Netzwerk“ der jeweiligen Familien einbezogen, das heißt Großeltern, andere Verwandte und Freunde und nicht zuletzt neue Partner der Eltern. „All diese Menschen haben einen großen Einfluss“, so Veigl.