Gedenkveranstaltung und Mahnung fĂŒr die Gegenwart
REICHELSHEIM. - AnlÀsslich der Novemberpogrome des Jahres 1938 fand an der Georg-August-Zinn-Schule Reichelsheim (GAZ) einmal mehr eine bewegende Gedenkveranstaltung statt.
Zu Beginn der Veranstaltung rief der stellvertretende Schulleiter Direktor Herwig Bendl die schrecklichen Ereignisse des 9. November 1938 in Erinnerung.
âWir gedenken heute, wie auch in den vergangenen Jahren, der Opfer, die in der Zeit des Nationalsozialismus unter Adolf Hitler in Deutschland ausgegrenzt, verfolgt und ermordet wurden. Unter ihnen, das machen wir uns vielleicht nicht immer bewusst, waren Kinder und Jugendliche in eurem Alterâ, so Bendl.
Der stellvertretende Schulleiter erinnerte daran, wie in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 in allen Landesteilen Synagogen brannten. âEs war der Tag, an dem organisierte SchlĂ€gertrupps etwa 7.000 jĂŒdische GeschĂ€ftshĂ€user zerstörten, tausende Juden misshandelt, verhaftet oder getötet wurden. Diese Nacht war das offizielle Signal zum gröĂten Völkermord in der Geschichte der Menschheitâ, sagte Bendl.
Die zentrale Rede in Reichelsheim hielt Schulpfarrer Dieter Keim. Mit Blick auf die Gemeinde Reichelsheim sprach Keim von der âbesonderen Gewaltâ, die sich 1938 auch in der Gersprenztalgemeinde Bahn brach. âSie wollten aber mehr als Gewalt, sie wollten mehr als Schaden anrichten - sie wollten beschĂ€men, entwĂŒrdigen, entehrenâ â so beschrieb Keim die grausamen Ereignisse.
Und: âMan musste nicht Jude sein, es genĂŒgte ein Mensch zu sein, der menschlich war, um einen Nazi herauszufordern, deine Menschlichkeit zu vernichtenâ, sagte Keim, der wie auch Bendl in seiner Rede einen GegenwartsbezĂŒge herstellte.
âWir können nicht an die Reichspogromnacht des 9. November und an den Holocaust erinnern, ohne von dem zu sprechen, was am 7. Oktober dieses Jahres in Israel getan wurdeâ, sagte der Schulpfarrer.
Keim sprach auch hier von einem âFall der gewollten und gezielten EntwĂŒrdigung und Entmenschlichungâ. âWir haben hier den gleichen Geist wie den, den ich beim Holocaust sehe. Ein Pogrom ist mehr als ein Kriegâ, so Keim.
Passend zu Keims Analyse sprach Herwig Bendl mahnende Worte: âHass und Gewalt - egal von wem sie ausgeht - ist nie eine Lösung fĂŒr Konflikte, im Gegenteil: sie lösen weitere Konflikte und weitere Gewalt ausâ, sagte der stellvertretende Schulleiter.
Absolute Stille herrschte bei der Schweigeminute zum Gedenken an die jĂŒdischen Einwohnerinnen und Einwohner des Gersprenztals, zu der Geschichtslehrer Dr. Dirk Strohmenger, der die Veranstaltung organisiert und vorbereitet hatte, abschlieĂend aufrief.
Die MusiklehrkrĂ€fte Joschka Althoff und Manfred Kilthau sowie der DS-Kurs von Carsten Jonischkeit verliehen der Gedenkveranstaltung mit jĂŒdischen InstrumentalstĂŒcken und dem szenischen Spiel âBrauner Morgenâ einen wĂŒrdigen Rahmen.