Schulpersonalräte halten Öffnung vor Osterferien für verantwortungslos
BERGSTRASSE / ODENWALDKREIS. - Eine Schulöffnung in Zeiten deutlich ansteigender Infektionszahlen ist verantwortungslos. Zu diesem Fazit kamen Personalräte von Schulen des gesamten Schulamtsbezirks Bergstraße/Odenwald im Rahmen einer Videokonferenz, zu der die Fraktion der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) im Gesamtpersonalrat des Staatlichen Schulamts geladen hatte.
„Es wurde deutlich, dass die vorgesehene Öffnung vor den Osterferien einen riesigen organisatorischen Aufwand bedeutet und jede Menge Folgeprobleme mit sich bringt, aber der Mehrwert für die Schülerschaft praktisch nicht vorhanden ist“, sagte Gesamtpersonalratsvorsitzender Tony Schwarz, der gemeinsam mit GEW-Fraktionsvorsitzender Holger Giebel zur Videokonferenz einlud.
Die teilnehmenden Personalräte verdeutlichten, dass die Lehrkräfte müde seien vom ständigen Hin und Her, das keinerlei Planung zulasse. Die Entscheidung der Schulöffnung sei offenkundig rein politischer Natur.
Der Verdacht liege nahe, dass versucht wurde, rechtzeitig vor der Kommunalwahl die Stimmung einiger Eltern entsprechend zu nutzen, weil dort mehr Stimmen zu holen seien als von der Lehrerschaft.
Dass gleichzeitig von Kultusminister Lorz noch per Elternbrief kommuniziert wurde, dass auch die Lehrerverbände dieses Vorgehen begrüßten, sei ein klares Beispiel dafür, dass aus taktischen Gründen die Dinge aus dem Zusammenhang gerissen und somit bewusst verfälscht wurden.
„Die GEW befürwortet zweifelsohne den Übergang zum Präsenzunterricht über den Wechselunterricht. Allerdings haben wir immer gesagt, dass dafür die Voraussetzungen mit allgemein akzeptablen Infektionszahlen, Schnelltests und Impfungen für alle Lehrkräfte gegeben sein müssen.
Davon ist jedoch rein gar nichts erfüllt. Dass Herr Lorz dies verschweigt, dass er behauptet, die Verbände würden diesen sinnfreien Schnellschuss vor den Osterferien auch noch begrüßen und somit den Menschen ein X für ein U vormacht, ist einfach nur unverschämt“, kritisierte Giebel.
Fakt sei, dass es in vielen Schulen durch die Rückkehr zu einer Raumknappheit kommen könne. Der Hintergrund ist, dass sich die Abschlussklassen bereits komplett im Präsenzunterricht befinden.
Um Abstände gewährleisten zu können, sei es nötig, diese teilweise auf drei Räume aufzuteilen. Schon jetzt seien daher die räumlichen Kapazitäten vielerorts nahezu erschöpft. „Ganz abgesehen davon ist bereits die aktuelle Situation absurd, weil man zwischen Räumen herumspringen und die aufgeteilten Klassen parallel unterrichten muss.
Schon allein die Frage, wie man da seiner Aufsichtspflicht nachkommen soll, zeigt deutlich, wie aberwitzig und im Endeffekt verantwortungslos das alles ist“, meinte ein Schulpersonalrat.
Die Kollegien fühlten sich bereits seit Beginn der Pandemie machtlos und von den politischen Entscheidern alleingelassen. Nun komme angesichts der Schulöffnung in einer pandemisch zunehmend angespannten Lage eine weitere Verunsicherung.
„Die Lehrkräfte befanden sich schon vor Corona am Limit, dann kamen noch all die Belastungen im Zusammenhang mit der Pandemie hinzu.
Zu allem Überfluss dürfen nun die für die gegenwärtige Unterrichtssituation geplanten Reihen wieder komplett über den Haufen geworfen und umgeplant werden, obwohl noch kürzlich versichert wurde, dass vor den Osterferien an der Art der Beschulung nichts verändert werde.
Den Kolleginnen und Kollegen so etwas zuzumuten, spricht für einen massiven Nachholbedarf des Ministers im Bereich der Fürsorgepflicht“, machte Giebel deutlich.
Dass nun gerade bei den Lehrkräften die Ängste zunehmen, die selbst zur Risikogruppe zählen, die sich aber trotzdem bereiterklärt haben, in Präsenz zu unterrichten, sei nachvollziehbar.
Es sei von daher auch verständlich, dass nun einige mit dem Gedanken spielen, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, sich noch vor den Osterferien per Corona-Attest vom Präsenzunterricht befreien zu lassen.
Die Corona-Situation habe deutlich gemacht, dass in Sachen Digitalisierung in den Schulen einiges klemmt. Es sei nun einmal nicht damit getan, den Schülerinnen und Schülern Laptops hinzustellen.
Langsames und instabiles Internet, wenig Fortbildungsmöglichkeiten, die zu allem Überfluss auch noch in der Freizeit wahrgenommen werden müssten, überbordende Bürokratie rund um den Datenschutz sowie mangelnder IT-Support hätten sich nach Ansicht der Personalräte zu immensen Stressfaktoren entwickelt.
Dort bestehe dringender Nachholbedarf. „Es kann nicht sein, dass ein Kollege zwei Pflichtstunden Entlastung bekommt, sich dafür aber in einer großen Schule um die ganze IT kümmern muss. Hier ist professioneller IT-Support mit einer Vollzeitstelle nötig“, unterstrich ein Teilnehmer der Videokonferenz.
Schwarz ermunterte die Personalräte, ihren Protest kundzutun. „Personalräte haben die Möglichkeit, sich ohne Berücksichtigung des Dienstwegs direkt ans Kultusministerium zu wenden und den Protest aus den Kollegien gleich dorthin zu bringen, wo er auch hingehört.
Wenn eine Kopie davon an den Gesamtpersonalrat geht, haben wir die Möglichkeit, die Thematik zusätzlich mit dem Schulamt zu besprechen“, so der Gesamtpersonalratsvorsitzende.