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KOMMENTAR: Alter Wein in neuen Schläuchen

Auch wenn das ursprünglich geplante Erbacher Südstadtprojekt, zuletzt auf ein 100-Zimmer-Hotel am früheren Standort Möbelhaus Schmidt und ein Ärztehaus an der Friedrich-Ebert-Straße reduziert, im vergangenen Jahr kläglich gescheitert ist, und die Stadt Erbach landauf, landab ob dilettantischem Verwaltungshandeln milde bis lautstark belächelt wurde, geht das Vorhaben – zumindest für ein Hotelprojekt – aktuell in die nächste politische Runde.

Die jetzt von Bürgermeister Dr. Peter Traub vorgestellten zwei Projektierergruppen offenbarten bei deren Vorstellung in der zurückliegenden Woche zumindest eine gewisse Seriosität im Vergleich zum gescheiterten Vorgänger, der – selbst ein vermögensloser Rentner, wie zuletzt selbst dargelegt – weder einen Betreiber noch einen Investor gefunden hatte.

Mit der Bad Kreuznacher RS Plan AG präsentierte sich zunächst ein Projektierer, der seit 35 Jahren am Markt agiert, und neben der Projektsteuerung auch diverse Moxy- und Leonardo-Hotels deutschlandweit selbst betreibt.

Insoweit ist in diesem Fall durchaus von einer vernünftigen Basis für ein eventuelles Hotelprojekt in Erbach auszugehen, auch wenn es bisher dafür weder einen Investor gibt, noch das Parkplatzproblem gelöst ist, und es dazu „weitere Überlegungen geben muss“, wie Geschäftsführer Rainer Schmitt einräumte.

Auch die zweite Projektierergruppe, die in Köln ansässige Vorreiter AG, hat mit ihren Vorständen Alexander Aisenbrey (Vorsitzender), Oliver Mathée und Alex Obertop erfahrene Hotelmanager in ihren Reihen, besteht allerdings als Aktiengesellschaft mit einem Stammkapital von 50.000 Euro erst seit Mitte Dezember 2023.

Deren Vorstandsvorsitzender Alexander Aisenbrey war nach 20 Jahren Geschäftsführertätigkeit im zur ALDI-Gruppe-Süd gehörenden Hotel Öschberghof in Donaueschingen im März 2023 überraschend ausgeschieden und gründete zusammen mit Oliver Mathée und Alex Obertop zum Ende des gleichen Jahres die Vorreiter AG.

Aisenbreys Nachfolger Alexander Hengst als Ă–schberghof-GeschäftsfĂĽhrer hatte damals „als Vertreter des Ă–schberghof-Gesellschafters bereits seit geraumer Zeit FĂĽhrungsverantwortung fĂĽr das FĂĽnf-Sterne-Hotel getragen“, wie es seinerzeit in einer dĂĽnnen Mitteilung der Gesellschaft hieĂź. In der zusätzlichen Position des GeschäftsfĂĽhrers werde er das bestehende Team der Ă–schberghof-Geschäftsleitung „operativ unterstĂĽtzen“, war damals von ALDI-SĂĽd zu hören. 

Selbst wenn die „Vorreiter“ im Erbacher Hotelprojekt bei fast identischer Zimmerzahl zur ersten Projektgruppe, aber einem angeblich kleineren Baukörper des Hotels, die erforderlichen Parkplätze für Hotelgäste wie auch der Mitarbeiter aktuell auf dem Hotelgrundstück unterbringen wollen, erscheint dieses Vorhaben zumindest fragwürdig.

Fragwürdig erscheint in beiden Fällen auch die Wirtschaftlichkeit des jeweils gesamten Projekts. Ob sich die von den beiden Projektierern zur wirtschaftlichen Betreibung der individuell geplanten Hotelprojekte erforderliche Auslastung mit 60 bzw. 54 Prozent realisieren ließen, klingt angesichts der von der Odenwald-Tourismus GmbH zum Jahresende 2024 wieder festgestellten rückläufigen Übernachtungszahlen im Odenwald als Wunschdenken.

Jeder vernĂĽnftige Kaufmann wird sich aufgrund des erforderlichen Invests im nicht unerheblichen Millionenbereich die Marktsituation jedenfalls auch haargenau ansehen, bevor er in ein solches Projekt einsteigt.

So könnten sich die jetzt von Bürgermeister Traub präsentierten, durchaus ansehnlichen beiden Hotelprojekte rasch als >alter Wein in neuen Schläuchen< erweisen.

Alle Bemühungen des Rathauschefs um ein solches Prestigeobjekt in Ehren: letztlich ist es keineswegs Aufgabe einer Kommune oder eines kommunalen Verwaltungschefs ein solches Projekt bis ins Detail zu planen und mitzugestalten, sondern vielmehr nur die Basis, sprich in diesem Fall den Bebauungsplan samt entsprechender infrastrukturellen Rahmenbedingungen zu schaffen, und gegebenenfalls den Beteiligten auch die eine oder andere Tür zu öffnen.

Seine diesbezüglichen „Hausaufgaben“ hat zumindest das Erbacher Stadtparlament mit dem Beschluss des Bebaungsplans zur Jahresmitte 2023 längst erledigt, wie aus Parlamentskreisen im vergangenen Jahr bereits mehrfach betont.

Jetzt gilt es nur noch abzuwägen, ob eines dieser jetzt vorgestellten Hotelprojekte realistische Aussicht auf dauerhaft nachhaltigen Betrieb hat, wobei gestandene Betriebswirte selbst im Falle eines vorhandenen Investors daran nicht unerhebliche Zweifel hegen, stattdessen vor der Gefahr einer bereits nach kurzer Zeit verwaisten Bauruine warnen, die Erbach einmal mehr in diesem Zusammenhang der Lächerlichkeit preisgeben könnte.