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Beim Roten Kreuz verabschiedet sich Berthold Schweizer

Nachdem Berthold Schweizer fast 40 Jahre als Rettungsassistent beim Roten Kreuz tĂ€tig gewesen war, hat der ĂŒberzeugte Pazifist von DRK-Vorstand Frank Sauer (links) und Rettungsdienstleiter Mark Trautmann zum Abschied in die Rente einen Korb bekommen. Gut gefĂŒllt mit allerlei Schmankerln, versteht sich. Foto: Michel Lang / DRK-Odenwaldkreis

Routinierter Rettungsassistent geht nach fast 40 Jahren in Rente

ODENWALDKREIS / ERBACH. - Wer in 38 Jahren sieben Kinder auf die Welt bringt, hat unter normalen UmstĂ€nden eine Großfamilie gegrĂŒndet. Doch bei Rettungsassistent Berthold Schweizer waren diese UmstĂ€nde nicht normal.

„Geburtshelfer wollte ich eigentlich nicht werden, aber die Kinder haben ungern bis zur Ankunft ins Krankenhaus gewartet oder kamen bereits im hĂ€uslichen Umfeld zur Welt“, schmunzelt der 63-jĂ€hrige, der nun nach fast 40 Jahren aus dem Rettungsdienst des Deutschen Roten Kreuzes im Odenwaldkreis ausscheidet und in die Rente wechselt.

„Ich bin froh, dass die Geburten komplikationslos vonstattengingen. Auch wenn eine Schwangerschaft keine Krankheit darstellt, ist man trotz guter Ausbildung bei der Niederkunft im Rettungswagen etwas angespannt. Das ist ja nicht unser TagesgeschĂ€ft, wir sind keine Hebammen“, erzĂ€hlt Schweizer freimĂŒtig.

Mit bereits 25 Jahren hat er noch ein halbes Jahr Zivildienst im Rettungsdienst absolviert. Ein spÀter Eintritt und wenige Monate.

„Das lag daran, dass mir nach meiner Bundeswehrzeit als RichtschĂŒtze in einem PanzerjĂ€gerbataillon die Augen aufgegangen sind. Mir wurde klar, was ich hier mache.

Es war die Zeit der Pershings und die Welt befand sich in einer atomaren Bedrohungslage. Im sogenannten Ernstfall hĂ€tte ich auf Menschen schießen mĂŒssen. Das konnte und wollte ich nicht unterstĂŒtzen. Niemals hĂ€tte ich dies gekonnt.

Doch ich wĂ€re zu ReserveĂŒbungen eingezogen worden. Da half nur die nachtrĂ€gliche Verweigerung mit der Hilfe des fĂŒr seinen Friedenseinsatz bekannten Pfarrers Klaus Schimmel“, erzĂ€hlt der gelernte Fliesenleger, der sich auch in der derzeitigen mit bewaffneten Konflikten ĂŒbersĂ€ten Welt offen zum Pazifismus bekennt. „Nie wieder Krieg! Diese Parole ist leider illusionĂ€r, doch mein grĂ¶ĂŸter Wunsch.“

Vom Rettungsdienst im Roten Kreuz hatte er von Freunden gehört und sich schnell fĂŒr die Arbeit an und mit den Menschen begeistert.

Im Hauptamt ist Schweizer lange als Lehrrettungsassistent tĂ€tig gewesen, hat junge Leute fĂŒr den Beruf sensibilisiert und in der Praxis angeleitet. Ehrenamtlich war er als Ausbilder in der Ersten Hilfe tĂ€tig und auch als stellvertretender Bereitschaftsleiter des damaligen Ortsvereins Weiten-GesĂ€ĂŸ engagiert.

Seinen Dienst versah der zukĂŒnftige RuhestĂ€ndler nach dem Zivildienst in Sandbach, hat von dort in die damals neu erbaute Rettungswache nach Höchst gewechselt und war bis zum Renteneintritt am Standort in Michelstadt-Stockheim tĂ€tig.

BeschĂ€ftigt haben den routinierten Retter so manche EinsĂ€tze auch im Nachhinein. „Besonders NotfĂ€lle mit kleinen Kindern sind emotional, so sehr man auch als Profi handelt“, weiß der einstige Kriegsdienstverweigerer und berichtet von AutounfĂ€llen mit Schwerverletzten und Todesopfern. „Das ist durch die Technik der Airbags erfreulicherweise wesentlich weniger geworden.“

Beeindruckt hat Schweizer der Werdegang so manches jungen Kollegen. „Sie sind als unbedarfte Jungs zum Zivildienst oder spĂ€ter zum Freiwilligendienst gekommen und haben ihre Zeit bei uns als reflektierte junge MĂ€nner beendet. Viele sind mit einer Festanstellung beim Roten Kreuz geblieben.“

Dieses lobt der routinierte Retter als fairen und sicheren Arbeitgeber. „Auch wenn bei heute ĂŒber 180 Kollegen das FamiliĂ€re aus meiner Anfangszeit zwangsweise gelitten hat, stehe ich immer noch fĂŒr das gute Arbeitsklima ein. Aus einigen Kollegen sind gute Freunde fĂŒrs Leben geworden.“

Nach seinem letzten Dienst warteten Vorstand Frank Sauer und Rettungsdienstleiter Mark Trautmann mit einer Überraschung auf. Denn obwohl man es dem frisch gebackenen Rentner nicht ansieht, ist er ein ausgesprochener Genießer.