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Scharfe Kritik: OdenwÀlder Kreistag verurteilt Windkraft-Genehmigungspraxis des RegierungsprÀsidiums

Parlamentarier fordern RegierungsprĂ€sidium und Landesregierung einstimmig auf zur „Sicherstellung des absoluten Vorrangs des Trinkwasserschutzes“ + + + Horst Schnur: „Ich unterstelle der Genehmigungsbehörde, dass sie von Wiesbaden >ferngesteuert< ist“

ODENWALDKREIS. - Der Kreistag des Odenwaldkreises hat in seiner Sitzung am gestrigen Montag, 27. MĂ€rz, in Erbach eine Resolution an das RegierungsprĂ€sidium (RP) in Darmstadt und die Landesregierung in Wiesbaden gerichtet und darin die Genehmigungspraxis des RP in Sachen Windkraftanlagen scharf kritisiert. Die Resolution wurde bei zwei Enthaltungen aus den Reihen der Fraktion der GRÜNEN einstimmig gebilligt.

Das OdenwĂ€lder Kreisparlament fordert mit dieser Resolution eine Abkehr des RP von der gegenwĂ€rtigen Genehmigungspraxis fĂŒr Windkraftanlagen, „bei der EinschrĂ€nkungen des Trinkwasserschutzes in Kauf genommen werden“ und die „konsequente Ablehnung von GenehmigungsantrĂ€gen fĂŒr Windkraftanlagen, wenn eine BeeintrĂ€chtigung fĂŒr die Trinkwasserversorgung nicht vollstĂ€ndig ausgeschlossen werden kann“.

„Weder Kommunen noch Fachbehörden in das Verfahren einbezogen“

Außerdem verurteilt der Kreistag, dass bezĂŒglich dieser Thematik „weder betroffene Kommunen noch örtliche Fachbehörden in das betreffende Genehmigungsverfahren einbezogen werden“. Der OdenwĂ€lder Kreistag unterstĂŒtzt damit einen gleichlautenden Beschluss der BĂŒrgermeister-Kreisversammlung.

Außerdem fordert der Kreistag des Odenwaldkreises das RP Darmstadt auf, „die sehr tiefgreifenden Erkenntnisse aus der gemeinsamen FlĂ€chennutzungsplanung >Windkraft< zu den verschiedensten Rechtsbereichen in den Regionalplan zu ĂŒbernehmen“.

Ausgelöst wurde die scharfe Kritik der OdenwĂ€lder MandatstrĂ€ger durch die Genehmigung des RP von fĂŒnf Windkraftanlagen auf dem Kahlberg in der im benachbarten Kreis Bergstraße gelegenen Gemarkung zwischen FĂŒrth und Grasellenbach.

Möglicher „finanzieller Schaden fĂŒr EnBW“ als Genehmigungsgrund

Dabei hatte das RP in seinem Genehmigungsbescheid vom 29.12.2016 im Sinne der Antragstellerin mit 56 Nebenbestimmungen zum Trinkwasserschutz die Genehmigung sozusagen „legalisiert“. Unter anderem sollte demnach fĂŒr die betroffene Mossautaler >Schmerbachquelle< ein Trinkwasserfilter vorgeschaltet und eine Ersatzwasserversorgung geschaffen werden (siehe auch FACT-Beitrag unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/odenwaldkreis/details/?tx_ttnews).

Nachdem die Gemeinde Mossautal gegen die Genehmigung geklagt und die WKA-Betreiberin EnBW Widerspruch eingelegt hatte, ordnete das RP Sofortvollzug an und hob die Nebenbestimmungen zum Schutz der Mossautaler Schmerbachquelle einfach kurzer Hand auf. BegrĂŒndet wurde diese Maßnahme vom RP u.a. mit möglichem „finanziellen Schaden fĂŒr die EnBW durch die stetig sinkende Strom-EinspeisevergĂŒtungen“.

Untere Wasserbehörde und Kreisgesundhitsamt nicht beteiligt

Landrat Frank Matiaske hatte zuvor mitgeteilt, die Untere Wasserbehörde des Odenwaldkreises sei bei dem Genehmigungsverfahren zum Windpark Kahlberg ebenso wenig beteiligt worden, die das Kreisgesundheitsamt.

„Erst nach massiver Aufforderung wurde der Genehmigungsbescheid vom 29. Dezember 2016 ..... vom RegierungsprĂ€sidium auch der Unteren Wasserbehörde ĂŒberlassen. Dies ist verwunderlich, zumal die unter Wasserbehörde im Bescheid ..... sogar namentlich benannt ist. So ist zum Beispiel die Untere Wasserbehörde bei einem Schadensfall umgehend zu informieren“, sagte der Landrat. Diese hĂ€tte dann die erforderlichen Sofortmaßnahmen einzuleiten.

Auch das ebenfalls im Bescheid genannte Gesundheitsamt des Odenwaldkreises sei nicht unterrichtet worden. Laut Genehmigungsbescheid sei zumindest das Hessische Landesamt fĂŒr Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) als technische Fachbehörde beteiligt worden.

Potentielle Gefahr fĂŒr die Trinkwasserversorgung von HĂŒttenthal und Hiltersklingen

Nach dessen im Genehmigungsbescheid verankerten Stellungnahme, werde die Verschmutzungsempfindlichkeit des Grundwassers als â€žĂŒberwiegend hoch“ eingeschĂ€tzt. Vor diesem Hintergrund habe der Genehmigungsinhaber (Anm.: EnBW) bei der Quellfassung der Mossautaler Schmerbachquelle wie auch bei der Quellfassung Ober-Ostern (Gemeinde Reichelsheim) vor der UV-Anlage einen zweistufigen Filter, sowie eine Sonde fĂŒr eine TrĂŒbungsmessung und einen Elektroschieber zur automatischen Außerbetriebnahme der Quelle einzubauen.

„Unter BerĂŒcksichtigung der Aussage des HLNUG geht die Untere Wasserbehörde beim Odenwaldkreis weiterhin von einer potentiellen Gefahr fĂŒr die Trinkwasserversorgung von HĂŒttenthal und Hiltersklingen aus“, sagte der Kreischef und ergĂ€nzte: „Auch durch regelmĂ€ĂŸige Kontrollen durch die Fachbehörden sind BeeintrĂ€chtigungen der Trinkwasserversorgung von Mossautal nicht vollstĂ€ndig auszuschließen.“

Eine Ringwasserleitung, die den Ausfall der Schmerbachquelle kompensieren könnte, gibt es nicht. „Eine Ersatzwasserversorgung mittels Tankwagen erscheint unzumutbar“, konstatierte Landrat Matiaske.

„Nicht am Gemeinwohl und Pflichten und Aufgaben im Sinne der Behörde verhalten“

Kreistagsmitglied Horst Schnur (SPD) verwies darauf, dass die gleichen Bedingungen wie in Mossautal auch fĂŒr die Trinkwasserversorgung in Vielbrunn und WĂŒrzberg durch die Windkraftanlagen im Felgenwald gelten.

Der frĂŒhere Landrat Ă€ußerte sich sehr kritisch zu der Vorgehensweise der Genehmigungsbehörde beim RegierungsprĂ€sidium, „die sich nicht am Gemeinwohl und ihren Pflichten und Aufgaben im Sinne ihrer Behörde verhalten hat“.

Zugleich verwies Schnur auf sein Stimmverhalten am 16. Dezember 2016 in der Regionalversammlung SĂŒdhessen und fĂŒhlte sich „durch die von Subventionsgier getriebene Landschaftszerstörung mit der Genehmigung der Windparks am letzten Tag des Jahres in Bezug mit meinem Misstrauen“ bestĂ€tigt. „Ich unterstelle der Genehmigungsbehörde, dass sie von Wiesbaden >ferngesteuert< ist“, sagte der frĂŒhere Verwaltungschef des Odenwaldkreises.

Die BĂŒrgermeister der StĂ€dte und Gemeinden des Odenwaldkreises hatten zuvor ihre uneingeschrĂ€nkte SolidaritĂ€t mit der betroffenen Gemeinde Mossautal zum Ausdruck gebracht, und in Anbetracht aller UmstĂ€nde den Umgang des RP in Darmstadt mit der Gemeinde sowie den dort lebenden BĂŒrgerinnen und BĂŒrgern ebenfalls auf das SchĂ€rfste verurteilt.