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Bürgerentscheid zum Bensheimer Marktplatz am Sonntag, 17. Januar 2021

BürgerInnen sollen nach dem Willen von CDU, SPD und AfD am Sonntag, 17. Januar 2021, über das weitere Procedere am Bensheimer Marktplatz entscheiden. Der von der Kommunalwahl am 14. März entkoppelte Termin erfordert Mehrkosten von über 40.000 Euro. Foto: er

CDU, SPD und AfD beschließen separaten Termin + + + Mehrkosten von über 40.000 Euro + + + Briefwahl kann ab 07. Dezember erfolgen

BENSHEIM. - „Ich werbe für die Zustimmung zu unserem Änderungs-Antrag und ich werbe für mehr direkte Demokratie in unserer Stadt!“

BfB-Fraktionchef Franz Apfel ließ in der Bensheimer Stadtverordnetenversammlung keinen Zweifel aufkommen, dass der von der Stadtverwaltung vorgeschlagene Termin zur Durchführung des Bürgerentscheids am 17. Januar 2021 mehreren sachlichen Gründen entgegen stehe.

Appelle blieben ungehört

Ungeachtet dieses und weiterer Appelle beschloss das Parlament mit den Stimmen von CDU, SPD und AfD den Bürgerentscheid zum städtebaulichen Wettbewerb wie von der BI >Bensheimer Marktplatz besser beleben< auf den Weg gebracht, am 17. Januar 2021 durchzuführen.

Ein Änderungsantrag aus den Reihen von BfB, GLB, FDP und FWG, der für die Zusammenlegung des Termins mit der Kommunalwahl am 14. März 2021 warb, wurde mit den Stimmen der Befürworter des 17. Januar abgelehnt.

„Unsere Gründe sind sachlich nachvollziehbar“

„Unsere Gründe sind sachlich nachvollziehbar und sie haben das Ziel, dass möglichst viele Menschen sich zum Thema des Bürgerentscheides äußern. Bei uns steht das Thema Bürgerbeteiligung nicht als Sonntagsrede sondern als wesentliches demokratisches Beteiligungsinstrument im Vordergrund“, hatte Franz Apfel zuvor für die Terminzusammenlegung geworben.

Die Zusammenlegung des Bürgerentscheides mit der Kommunalwahl sei die Garantie für eine hohe Wahlbeteiligung, sagte der BfB-Fraktionschef.

Sie erfordere praktisch keinen weiteren finanziellen und personellen Aufwand – insbesondere für die ehrenamtlichen Wahlhelferinnen und Wahlhelfer. Auch müssten unter Corona-Pandemie-Bedingungen zusätzliche Kontakte vermieden werden.

„Der Zeitgewinn ist völlig unerheblich – ein Vorwand“

Der zeitliche Aufwand für die Wählerinnen und Wähler solle minimiert werden: Vier Termine innerhalb von vier Monaten, da mute man den Bürgerinnen und Bürgern zu viel zu – was gar nicht sein müsse.

„Der als Argument für getrennte Termine genannte Zeitgewinn ist völlig unerheblich – ein Vorwand. Und wenn es nach der Kommunalwahl anders kommt ist das Ganze mit erheblichem weiteren finanziellen Aufwand verbunden, den CDU und SPD zu verantworten haben.“

„Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger soll ausgehebelt werden“

So ein zentrales Thema entscheide man  nicht wenige Wochen vor der Kommunalwahl – man lasse vielmehr die Bürgerinnen und Bürger entscheiden. „Genau das ist das Problem der CDU – die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger soll unter allen Umständen ausgehebelt werden“, warf Apfel den Christdemokraten vor.

Auch das Argument, es sei für die Wahlhelferinnen unzumutbar die Kommunalwahlen, die Ortsbeiratswahlen, Kreistagswahlen, die Wahlen zum Ausländerbeirat und den Bürgerentscheid auszuzählen, sei unzutreffend.

„Am Wahlabend wird es so gut wie keine Mehrbelastung geben“

„Denn das läuft ja ganz anders ab: am Wahlabend werden die unveränderten Stimmzettel für die Stadtverordnetnversammlung ausgezählt – an den Folgetagen zählen die Rathausbediensteten die veränderten Stimmzettel aus.“

Es werde wohl so viele Briefwahlstimmen geben wie noch nie. „Am Wahlabend selber wird es so gut wie keine Mehrbelastung geben. Mit diesen Scheinargumenten soll der Bürgerentscheid zum Scheitern gebracht werden.“

„Bürgerbeteiligung ist für den Bürgermeister ein Fremdwort“

25 Prozent der wahlberechtigten BensheimerInnen müssen beim Bürgerentscheid mindestens mit >Ja< stimmen, um diesem zum Erfolg zu verhelfen.

„Das ist eine hohe Hürde - der Bürgermeister tut alles, damit diese Hürde nicht erreicht wird. Das Thema Bürgerbeteiligung ist für ihn ein Fremdwort, das mit der Realität nichts zu tun hat.“

Als die Bürgerinitiative wegen den Pandemie-Einschränkungen eine Verlängerung der Frist beantragte, habe der Bürgermeister juristische Stellungnahmen aufgefahren, um das zu verhindern.

„Bei Zusammenlegung mit der Kommunalwahl käme eine große Beteiligung zustande“

„Der städtische Anwalt wurde bemüht, die Vertretungen der Städte und Gemeinden etc. Dabei war es für jeden normal denkenden Menschen klar, dass – wenn die Bürgermeisterwahl wegen Kontaktbeschränkungen verschoben werden musste – natürlich auch der BI mehr Zeit zugestanden werden muss.

Die BI musste das Gericht bemühen um ihr Recht zu bekommen. Unser Bürgermeister ist von Beruf Richter…“

Vor diesem Hintergrund dankte Apfel der Bürgerinitiative „Bensheimer Marktplatz besser beleben“ und beglückwünschte sie „zu ihrem großen Erfolg!“

Der nächste Versuch, Bürger nicht zu beteiligen, sei jetzt der Extra-Wahltermin für den Bürgerentscheid. „Bei der Zusammenlegung mit der Kommunalwahl käme eine große Beteiligung zustande.

Das will Bürgermeister Richter verhindern. Warum gibt es denn überhaupt den Bürgerentscheid? Auch das hat etwas mit Bürgerbeteiligung zu tun!“

„Diese Politik spaltet Bensheim anstatt zusammen zu führen“

Bürgermeister Richter wolle unter allen Umständen verhindern, dass sich die Bensheimer BürgerInnen ein eigenes Bild über die Gestaltung des Marktplatzes machen können.

„Deshalb lässt er im Wettbewerb nur ein einstöckiges Gebäude zu, anstatt alle im Bürgerbeteiligungsprozess vorgebrachten drei Möglichkeiten darstellen zu lassen.“

Es sei wichtig, dass das nochmal alle erkennen: „Hier wird Bürgerbeteiligung auf ein vorgegebenes Ziel beschränkt. Diese Politik spaltet Bensheim anstatt die BürgerInnen zusammen zu führen. Am 1. November gibt es eine erste Bürgerbeteiligung, dann sehen wir weiter.“

„Der 14. März 2021, zusammen mit der Kommunalwahl, ist besserer Termin zum Bürgerentscheid“

„Wir halten den 14. März 2021, zusammen mit der Kommunalwahl, für den besseren Termin zum Bürgerentscheid. Hier ist mit einer hohen Wahlbeteiligung zu rechnen und das stellt den Bürgerentscheid auf eine breite demokratische Grundlage“, betonte auch GLB-Fraktionschefin Doris Sterzelmaier.

Nachdem es 2019 einen ergebnisoffenen Dialog ohne Denkverbot zum Marktplatz gegeben habe, hätten sich viele daran beteiligt.

„Eckpunkte waren für viele enttäuschend“

„Das Ergebnis wurde im Januar 2020 vom städtischen Bauamt in Form von Eckpunkten zusammengefasst und war für viele enttäuschend. Alle, die sich für keine Bebauung eingesetzt hatten, fanden sich nicht wieder.“

CDU und SPD hätten „alleine gegen alle anderen im Februar einen Realisierungswettbewerb auf Basis der von der Verwaltung fixierten Eckpunkte beschlossen.

Die deshalb gegründete BI habe sich dann wegen des Corona-Lockdowns und der damit verbundenen Kontaktsperren ihr Recht auf eine 8-Wochenfrist zur Sammlung von Unterschriften für das Bürgerbegehren vor dem Verwaltungsgericht erstreiten müssen.

„Spaltung der Bürgerschaft wurde zementiert“

„Als Grüne stellen wir fest, dass dadurch die Spaltung der Bürgerschaft zementiert wurde. 3.351 gültige Unterschriften wurden erreicht – mehr als erforderlich waren. Das ist aus unserer Sicht auch die Kritik der Bürgerschaft an der Haltung des Bürgermeisters.“

Noch ein Streitpunkt habe es gegeben zum Abräumen des Bauschutts am oberen Marktplatz. „Warum die MEGB als Bauherr die Baustelle nicht sauber verlässt, ist uns Grünen unverständlich. Unser Antrag, die MEGB möge auf ihre Kosten den Bauschutt wegräumen, wurde abgelehnt.

„Abgelehnter Antrag war wohl doch nicht so falsch“

Umso verwunderter waren wir, als wir in der Presse lesen konnten, dass die MEGB und die Stadt sich die Kosten dafür jetzt teilen. Unser abgelehnter Antrag war wohl doch nicht so falsch, wenn ihm zumindest in Teilen gefolgt wurde.“

Beim Bürgerentscheid wurde das Quorum erreicht und jetzt gehe es um die Durchführung und die Festlegung des Abstimmungstages. Die Baustadträtin wurde am 25. Mai in der Presse u.a. wie folgt zitiert: >Wir haben einen klaren Auftrag, den städtebaulichen Wettbewerb zu starten, unabhängig von allen Störfeuern.<

„Wer über 3.500 Bürgerinnen und Bürger, die das demokratische Recht eines Bürgerentscheids in Anspruch nehmen, als Störfeuer bezeichnet, darf sich über die Spaltung seiner Stadtgesellschaft nicht wundern.“

„Jetzt versucht man durch die Wahl des Termins eine geringe Wahlbeteiligung zu erreichen“

In der Presse sei schon im Juli der Termin 14. März zusammen mit der Kommunalwahl zu lesen gewesen. Die Verwaltung habe nun den 17. Januar als Wahltag vorgeschlagen.

„Nachdem es dem Magistrat nicht gelungen ist, den Bürgerentscheid zu verhindern stellt es sich für uns so dar, dass man jetzt versucht durch die Wahl des Termins eine geringe Wahlbeteiligung zu erreichen.“

Gemeinsam habe man den Antrag gestellt, mit dem 14.3.2021, den Tag der Kommunalwahl als Abstimmungstag für den Bürgerentscheid festzulegen.

„Breite demokratische Grundlage verschafft eine hohe Legitimation“

„Mit der Kommunalwahl zusammen gibt es eine größere Wahlbeteiligung und dies stellt den Bürgerentscheid auf eine breite demokratische Grundlage und verschafft ihm damit eine hohe Legitimation. Damit würde die gespaltene Stadtgesellschaft wieder zusammengeführt.“

Auch spare dieser Termin Kosten, die sonst für eine separate Wahl anfallen würden. Es müssten keine Wahlvorstände gebildet und nicht die vielen Wahlhelfer für alle Wahllokale verpflichtet werden.

Mit der Bürgermeisterwahl, einer wahrscheinlichen Stichwahl, und der Kommunalwahl wäre der 17. Januar der vierte Wahltermin in vier Monaten. „Das ist keinem zuzumuten.

Weiterhin wollen wir unter den Coronabedingungen einen zusätzlichen Termin, vor allem in geschlossenen und geheizten Räumen im Januar vermeiden. BürgerInnen und WahlhelferInnen wollen wir das nicht zumuten.“

Für die Kommunalwahl sei es kaum ein zusätzlicher Aufwand noch einen Stimmzettel nach Ja und Nein zu sortieren. „Der Aufwand dafür extra eine separate Wahl durchzuführen ist um ein vielfaches größer.“

Geschehen sollte in eine bestimmte Richtung gelenkt werden

Schon zu Beginn des Bürgerdialogs habe man den Eindruck gehabt, das Geschehen solle in eine bestimmte Richtung gelenkt werden, verdeutlichte Holger Steinert für die FDP-Fraktion. „Mit dem Bürgerentscheid haben wir kein Problem, wir werden sehen was dabei herauskommt“, betonte der Fraktionschef und fügte hinzu, dass seine Fraktion nach wie vor einen Flachbau mit begehbarer Terrasse favorisiere.

Steinert bezweifelte, ob bei einem separaten Wahltermin für den Bürgerentscheid das gesetzlich vorgeschriebene Quorum zu erfüllen ist und plädierte deshalb ebenso auf eine Terminzusammenlegung mit der Kommunalwahl am 14. März.

„Man merkt die Absicht und ist verstimmt“

Zeit und Ressourcen spare man mit einem gemeinsamen Wahltermin, verdeutlichte auch Dr. Rolf Tiemann (FWG) und machte dies an den Kosten für die Bürgermeisterwahl am 1. November deutlich.

Alleine für den ersten Wahlgang sind dafür 57.100 Euro veranschlagt. Dies bedeute, dass bei einer Terminzusammenlegung für Kommunalwahl und Bürgerentscheid unter Berücksichtigung der Druckkosten und des geringen Mehraufwandes bei der Auszählung mehr als 40.000 Euro eingespart werden könnten.

Die FWG habe von Anfang an für einen ergebnisoffenen Wettbewerb plädiert und halte daran noch immer fest. Die jetzt ins Feld geführten Argumente für den vorgezogenen Termin seien vorgetäuscht. „Man merkt die Absicht und ist verstimmt“, sagte Tiemann.

„Demokratie muss man aushalten können“

Markus Woißyk verwies für die CDU-Fraktion auf den Mehrheitsbeschluss zur Durchführung eines Realisierungswettbewerbs. „Demokratie muss man aushalten können“, sagte der Fraktionschef. Ebenso sei es demokratisches Recht der BI, einen Bürgerentscheid zu initiieren.

Für diesen sei der 17. Januar des kommenden Jahres der erste und damit bestmögliche Termin. So könne das derzeitige Parlament noch über das weitere Verfahren gemäß dem Ergebnis des Bürgervotums entscheiden.

„Ab dem 7. Dezember kann Briefwahl beantragt werden“

Ausgeschlossen müsse sich vom Bürgerentscheid trotz möglichen Winterurlaubs niemand fühlen, „denn ab dem 7. Dezember kann Briefwahl beantragt werden.“

SPD-Fraktionschefin Eva Middleton erachtete eine Zusammenlegung des Bürgerentscheids mit der Kommunalwahl ohne nähere Begründung inakzeptabel. „Der Marktplatz ist eine große Baustelle, bei der eine weitere Verzögerung nicht hinnehmbar ist.“

„Wenn das Thema den Menschen am Herzen liegt, gehen sie auch zur Wahl“

Auch würde die Debatte über den Marktplatz bei einem gemeinsamen Termin die Kommunalwahl überlagern. „Wenn das Thema den Menschen am Herzen liegt, gehen sie auch zur Wahl und man wird eine hohe Beteiligung erreichen.“

„Die Bensheimer wollen endlich von der Marktplatz-Debatte erlöst werden“, sagte AfD-Sprecher Rolf Kahnt und plädierte für den Wahltermin am 17. Januar.

„Bürger werden weder ermutigt, noch ernst genommen", befand Wolfram Fendler für die GLB. Die CDU besitze kein offenes und liberales Demokratieverständnis, wie man das auch aus anderen Staaten kenne.

„Der Bürgerwille muss oberste Priorität haben"

Für die BfB forderte Norbert Koller: „Der Bürgerwille muss oberste Priorität haben." Ein fairer städtebaulicher Wettbewerb mit einem neutralen Preisgericht sei unabdingbar. 

Für die SPD beteuerte Werner Bauer, es sei „absurd, dass wir eine geringe Wahlbeteiligung wollen". Der Bürgerentscheid garantiere dem Anliegen eine viel höhere Aufmerksamkeit als gemeinsam mit der Kommunalwahl.

„Sie haben immer noch nicht verstanden, wie Beteiligungsprozesse abzulaufen haben"

„Hätten Sie die BI nicht vor Gericht gezwungen, hätten Sie die acht Wochen schon eingespart." Deshalb greife das Zeitargument mit zwei Monaten nicht, befand Jochen Kredel für die GLB.

„Sie haben immer noch nicht verstanden, wie Beteiligungsprozesse abzulaufen haben", warf GLB-Sprecher Moritz Müller den Bensheimer Christdemokraten abschließend vor.