Bensheim: Boxweltmeister Gwenael de Calan trägt sich ins Goldene Buch der Stadt ein
BENSHEIM. - Die Szene vor neun Jahren wird Gwenael de Calan nicht vergessen. Er klopfte an die Tür des Boxclubs KSC Bensheim.
Sein Trainer Reginald Schulze erinnert sich: „Gwen wollte immer schon zum olympischen Boxen, suchte einen Ausgleich zu seinem Job als Vertriebsleiter.“
Neun Jahre später, mit Mitte 40, holte sich Gwenael de Calan den Weltmeistertitel in der Altersklasse 40 bis 50 Jahre und der Gewichtsklasse bis 67 Kilogramm.
„Zu diesem außergewöhnlichen Erfolg gratuliere ich Ihnen und spreche Ihnen meine Anerkennung für die großartige Leistung aus“, sagte Bensheims Bürgermeisterin Christine Klein.
Während einer kleinen Feier im Rathaus trug sich der Weltmeister aus Bensheim am Mittwoch, 13. Dezember, im Beisein seiner Familie, seines Trainers sowie der Stadtverordnetenvorsteherin Christine Deppert in das Goldene Buch der Stadt ein.
In einem Alter, in dem andere Boxer die berühmten Handschuhe an den viel zitierten Nagel hängen, fing Gwen de Calan erst richtig an mit dem Boxen. Tischtennis und Thaiboxen waren zuvor seine Sportarten.
Aber erst das olympische Boxen gab ihm, was er suchte. Physische Herausforderung, Gemeinschaft, Teamgeist. Weitere wichtige Faktoren eines jeden Boxers auf dem Weg zum Erfolg sind Wille, Intelligenz, Zielstrebigkeit, mentale Stärke, Geduld, Respekt, Disziplin und Mut.
Bei Reginald Schulze ist de Calans Vorbereitung auf den WM-Kampf zwar in besten Händen; jedoch arbeitet der Boxer seit Februar 2023 als Business Development Manager in der Automobilindustrie in Indonesien.
Die Bedingungen für eine Vorbereitung auf einen Weltmeisterschaftskampf waren also nicht optimal. An regelmäßiges Training im Gym an der Schwanheimer Straße in Bensheim war nicht zu denken. Zwischen Bensheim und der indonesischen Hauptstadt Jakarta liegen 14 000 Kilometer und mindestens 18 Stunden Flugzeit.
„Wer diese physischen und mentalen Strapazen auf sich nimmt, muss ein stabiles Wesen mitbringen – erst recht, wenn er sich in Indonesien auf einen WM-Kampf vorbereitet“, sagte Bürgermeisterin Klein. Denn der Boxsport besitzt in Indonesien nicht den Stellenwert wie in Europa oder gar in Deutschland.
„Sie hielten sich unter schwierigen Bedingungen fit in einem Hinterhof-Gym. Tipps vom Trainer gab es per Video-Call“, beschrieb die Bürgermeisterin die Umstände, unter denen sich de Calan vorbereitete.
Der Rest war eine gute Mischung aus persönlichem Ehrgeiz, Disziplin, festem Willen und einer Chance, wie sie vielleicht nur einmal im Leben kommt: Der Kampf um den Titel gegen den Australier Luke Kearney im September in Rietberg bei Gütersloh.
Die ersten vier Runden in diesem Titelkampf der World Boxing Foundation gewann der Bensheimer sicher, dann wurde die Luft dünner. Gegner Luke Kearney drängte vor 700 Zuschauern auf den Knockout.
De Galans Trainer Reginald Schulze schilderte es so: „Gwen kämpfte zwei Runden lang um das Überleben.“ Nach sechs Runden entschieden die Kampfrichter mit 4:0 einstimmig auf Sieg de Calan.
Die erste kleine Feier hielten der Weltmeister und sein Trainer bei der Heimreise bei einem kurzen Stopp in einem McDonalds-Restaurant ab. Am Tag danach folgte die große Sause mit Sparringspartnern, den Sportlern des KSC Bensheim, Familie und Trainer Reginald Schulze.
„Seit Ihrem Beginn beim Boxclub arbeiteten Sie auf den Erfolg hin, schafften die Grundlagen mit vier, fünf Trainingseinheiten in der Woche. Das geht nur mit dem Rückhalt der Familie“, drückte Bürgermeisterin Klein ihre Anerkennung aus.
Im Frühjahr 2024 wird Gwen de Calan mit seiner Familie nach Indonesien umsiedeln. „Ich bin sicher, wenn Sie auf Besuch oder wieder auf Dauer an die Bergstraße zurückkehren, wird stets ein Ring für Sie frei sein beim KSC Bensheim“, sagte Bürgermeisterin Klein.