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GRÜNE aus Bensheim und Heppenheim wollen „Heike“ auferstehen lassen

Gegenwind zu den Plänen an der Gemarkungsgrenze zwischen Bensheim und Heppenheim, dem Kesselberg, Windräder entstehen zu lassen und dafür uralten Buchenbestand zu opfern

BENSHEIM / HEPPENHEIM. - GRÜNE aus Bensheim und Heppenheim wollen Gas geben. Beide Fraktionen greifen die Beschlüsse ihrer jeweiligen Stadtparlamente auf, nach denen Standorte für Windräder geprüft werden sollen, und hatten zu einem Vor-Ort-Termin auf den Kesselberg eingeladen, um sich über dort vorhandene Möglichkeiten für Windräder zu informieren.

Das Gebiet um den Kesselberg bei Ober-Hambach und der benachbarte Heiligenberg, teils auf Bensheimer teils auf Heppenheimer Gemarkung liegend, war schon vor zwölf Jahren unter dem Projektnamen „Heike“ in der engeren Wahl für einen WK-Standort.

Die Energiegenossenschaft Starkenburg, mit derzeit 1.200 Mitgliedern, wollte damals hier fünf Windräder errichten, ehe der Standort dann aber im Teilplan Erneuerbare Energien durch die Regionalversammlung verworfen wurde.

Dies nicht zuletzt wegen dem relativ geringen Abstand der möglich erachteten bis zu fünf Windradstandorte zur umliegenden Wohnbebauung.

Ob diese Einschätzung weiter Bestand hat, darüber wollten die GRÜNEN vor Ort Kenntnis erlangen. „Insbesondere die rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie die Belange der Forstwirtschaft und des Naturschutzes spielen dabei eine Rolle“, war von den GRÜNEN dazu zu hören.

Denn es handele sich nach wie vor um Windradflächen, die Bensheim, Heppenheim und Lautertal gemeinsam nutzen könnten. Dazu leisteten die beiden Parlamentsbeschlüsse in Bensheim und Heppenheim entsprechend Vorschub, mit denen der Windkraft große Bedeutung für die regionale Versorgungssicherheit zugesprochen wurde.

„Dezentrale Windanlagen, die auf einige wenige Standorte konzentriert werden, sind die effektivste Form, um die Energiewende zu gestalten“, sagte Jürgen Simon am Kesselberg vor rund 50 Interessierten.

Simon, Planer der Energiegenossenschaft Starkenburg, hat bereits mehrere regionale Windkraftanlagen, wie z.B. den Windpark „Greiner Eck“ zwischen Neckarsteinach und Hirschhorn gebaut.

Das sei ein sehr ertragreicher und daher produktiver Standort. Nachdem sich auch die Gesetzeslage im Gegensatz zum ersten Anlauf am Kesselberg geändert habe, sei es „jetzt Zeit zum Handeln“, wie Simon glaubt.

Dies vor allem auch weil Genehmigungsverfahren vereinfacht worden seien und Kommunen jetzt selbst bei der Ausweisung von Flächen aktiv werden könnten.

Und weil sich auch die Technik weiter entwickelt habe und neue Anlagen auch an Standorten wirtschaftlich betrieben werden könnten, wo früher zu wenig Wind wehte, sei ein weiteres Hindernis beseitigt.

Diese Anlagen verursachten auch deutlich weniger akustische und optische Beeinträchtigungen, wie Dr. Thomas Götz, Fraktionschef der Bensheimer GRÜNEN, einwarf. „Das verbessert auch die Auswirkungen auf Vögel und Fledermäuse.“

Michael Jost, Sprecher der Energiegenossenschaft Starkenburg, vertritt ebenfalls die Meinung, man solle nicht noch mehr Zeit verlieren. „Der Kreis Bergstraße ist bei Erneuerbaren Energien unterentwickelt. In der Sache war man schon einmal deutlich weiter gewesen.

Es gab konkrete Verhandlungen über eine Kooperation mit der GGEW AG“, ließ Jost die Ereignisse von vor 12 Jahren noch einmal Revue passieren. Der damalige Dialog mit Heppenheim sei gut verlaufen, mit Bensheim habe sich die Zusammenarbeit schwieriger gestaltet.

Damals sollten am Kesselberg insgesamt fünf Windräder, drei Anlagen auf Heppenheimer und zwei auf Bensheimer Gemarkungsflächen aufgestellt werden. Aktuell habe sich das durch neue gesetzliche Vorgaben geändert.

Aufgrund der Abstandsregelung zu jeder Wohnbebauung mit aktuell mindestens tausend Meter, wurde die potenzielle Windradfläche in Richtung Norgen, sprich auf Bensheimer Gebiet verschoben.

Rund sieben Achtel des gesamten Flächenpotenzials entfallen damit nach Bensheim, während auf Kreisstadtseite lediglich ein Achtel der Gesamtfläche verbleibt.

Jürgen Simon erläuterte, zur Errichtung einer Windkraftanlage sei rund ein Hektar horizontale Fläche vonnöten. Bei den Anlagen seien Nabenhöhen von rund 170 Metern heute absolut Standard, um eine Anlage wirtschaftlich betreiben zu können.

Umfangreiche Umweltprüfungen seien zunächst erforderlich, um dem Bereich des Natur- und Artenschutzes gerecht zu werden. Im Falle einer Genehmigung könnten bis zu vier Jahre ins Land gehen, bis eine Anlage ans Netz gehen könne.

Nach Inbetriebnahme sei eine Nutzungsdauer zwischen 25 und 30 Jahre realistisch ehe ein Rückbau anstehe. Dann könne auch eine Wiederaufforstung erfolgen.

„Ein Windrad ist also immer nur eine temporäre Lösung zur Erzeugung sauberer Energien, und damit auch der Eingriff in den Forst eine relative Größe.“ Sollte es in einigen Jahrzehnten andere und bessere Technologien geben, könne die Ära der Windkraft wieder zu Ende gehen. Dies sei ein gewichtiges Argument im Hinblick auf die optischen Aspekte der Windräder.

Diesen Aussagen widersprach ein Teilnehmer der Info-Veranstaltung heftig: „Wir haben es hier, genau wie am >Greiner Eck< mit einem geschützten FFH-Gebiet zu tun, das dem versorgungsunsicheren Windstrom geopfert werden soll“, klagte der Mann.

Und auch der Bensheimer Forstwirtschaftsmeister Markus Steinbacher hielt dagegen: „Ich bin keineswegs gegen Windkraft als erneuerbare Enegiequelle, aber mir tut es weh, einen Hektar Wald pro Windrad zu opfern“, sagte Steinbacher und ergänzte: „Ich reiße hier einen intakten Wald auf mit enormen Folgeschäden.“

Dazu räumte Jürgen Simon ein, „das Areal vom Kesselberg in Richtung Heppenheim wäre unschädlicher“, aber es gebe „Zwänge, die nicht zu umgehen sind“.