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„Stadttochter MEGB nicht auflösen, nur stark beschränken oder stilllegen“

EINER DER GROSSEN MEGB-FLOPS in Millionenhöhe: Der Abriss ...

... des bausubstanzlich noch völlig ...

... intakten >Haus am Markt<, das auch aktuell noch die ...

... Bevölkerung zur Frage der künftigen Nutzung beschäftigt. Archivfotos: er

Zur kompetenten Aufgabenbewältigung des Wirkungsbereichs der städtischen >Marketing- und Entwicklungsgesellschaft Bensheim< (MEGB) bedarf es nach Wirtschaftsfachleuten keiner Auflösung der städtischen Tochter sondern lediglich der deutlichen Aufgabenreduzierung oder Stilllegung

BENSHEIM. - Die Rolle der städtischen Tochter Marketing- und Entwicklungsgesellschaft Bensheim mbH (MEGB) ist schon längere Zeit höchst umstritten. Dabei sehen Kritiker längst keine Deckungsgleichheit mehr zwischen Aufgabenstellung und Leistung.

Insider behaupten gar, eine solche Balance habe es bei der MEGB nie gegeben. Auch sei der Marketingbereich, wie im Firmenname verankert, mangels Fachkompetenz innerhalb der Stadttochter, quasi Etikettenschwindel, weil nie ausgeübt oder ernsthaft in Angriff genommen worden.

Auch bei Kernkompetenz nur unzureichend erfolgreich

Städtische Marketingaufträge mussten vielmehr extern für teures Geld beauftragt werden. Und auch bei der Kernkompetenz, dem Immobilienmanagement, wäre die MEGB – wenn überhaupt – nur unzureichend erfolgreich gewesen, bemängeln zahlreiche in- wie externe Kritiker.

Was Wunder, dass bei Kommunal-Politikern der Ruf nach betriebswirtschaftlicher Prüfung der Stadttochter in letzter Zeit immer lauter diskutiert wurde.

Dass die MEGB, vor einigen Jahren mit städtischen Steuermitteln in Höhe von 12,5 Millionen Euro gerade noch vor der Insolvenz gerettet, auf dem Prüfstand auf Herz und Nieren durchleuchtet werden muss, dürfte inzwischen auch dem letzten MEGB-Befürworter klar geworden sein.

Aufgaben-Änderung bzw. Abwicklung der MEGB gefordert

So beauftragte denn auch die Bensheimer Stadtverordnetenversammlung per 18.02.2021 den Magistrat, „eine Entscheidungsgrundlage über eine Neuausrichtung der MEGB, eine Aufgaben-Änderung bzw. eine Abwicklung der MEGB dem Haupt- und Finanzausschuss und der Stadtverordnetenversammlung zur Beratung und Entscheidung vorzulegen“.

In der Entscheidungsgrundlage sollen u.a. Informationen und Gegenüberstellungen der positiven Aspekte des Vorsteuerabzugs bei bestimmten Projekten ebenso aufgelistet sein, wie die Kosten der Gesellschaft MEGB und die voraussichtliche Höhe der „Abwicklungskosten“.

Wirtschaftlich tragfähiges Konzept gefordert

In der Entscheidungsgrundlage sei ebenfalls darauf einzugehen, wie sich die MEGB zukünftig „ohne großräumige Baumaßnahmen im Außenbereich“ wirtschaftlich tragfähig aufstellen wolle.

Weiterhin solle dargelegt werden, welche Abteilungen innerhalb der Stadtverwaltung die bisherigen Aufgaben der MEGB übernehmen und welche Aufgaben extern vergeben werden könnten.

Die Bensheimer Stadtverwaltung sieht diesen Prüfauftrag als „sehr komplex und umfassend“. Er sei „ohne fachgerechte, externe Unterstützung durch Wirtschafts- und Steuerberater sowie Juristen“ nicht leistbar.

Stadtverwaltung: Beratungsaufwand von rund 40.000 erforderlich

Nach weiterführender Recherche sei mit einem Beratungsaufwand in Höhe von insgesamt rund 40.000 Euro zu rechnen. Diese Mittel wurden im städtischen Haushalt 2021 eingestellt, sodass nunmehr mit der Abarbeitung des Prüfauftrags begonnen werden kann.

„Da nimmt es sich doch schon seltsam aus, wenn jüngst gerade der MEGB-Geschäftsführer mit einer an Eigenlob kaum zu überbietender und realitätsferner Selbstverherrlichung in die Öffentlichkeit strebt“, konstatiert ein Bensheimer Christdemokrat.

„Wenn das >Schnellboot der MEGB< nunmehr auf neuem Kurs ist, dann kann dieser Kurs ja nur bedeuten: raus aus dem intransparenten Sumpf“, sagt der Insider, der namentlich nicht genannt werden möchte.

Umfangreiche Unzulänglichkeitsliste

Die Liste der aufgeführten Unzulänglichkeiten bei der Aufgabenbewältigung ist in der Tat umfangreich. So wird Missmanagement durch die MEGB-Protagonisten bei der Nutzung des vor rund dreieinhalb Jahren gekauften ehemaligen Kaufhaus Krämer ebenso genannt, wie bei der Bewirtschaftung der Parkhäuser.

Insbesondere das Parkhaus Beauner Platz befinde sich in einem katastrophalen Zustand, präsentiere sich stinkend und gammelig, diene vorwiegend offenbar nur noch als illegale Toilettenanlage für Wohnsitzlose, werde zwischenzeitlich von Einheimischen nahezu komplett gemieden und von Fremden meist nur einmal angefahren.

Schlag ins Gesicht aller aufrichtig um die Fortentwicklung Bensheims Bemühten

Der rein städtischen Tochter für ihre ureigene Kernkompetenz, das Immobilienmanagement „gute Arbeit“ zu attestieren sei wohl ein Schlag ins Gesicht aller aufrichtig um die Fortentwicklung Bensheims Bemühten.

Fast alles was die MEGB in jüngster Vergangenheit auf diesem Sektor angepackt habe, sei im wahrsten Sinne des Wortes „in die Hose gegangen“ kritisiert eine Bensheimerin und nennt dazu insbesondere die Projekte Bürgerhaus, Haus am Markt und wie erwähnt das Kaufhaus Krämer.

So seien auch die exorbitant gestiegenen Kosten zur Sanierung des Bürgerhauses keineswegs auf gestiegene Baupreise zurückzuführen, sagt ein Baufachmann.

Innenräumen des „Babys“ im Untergeschoss den Zugang verwehrt

Wer wie MEGB-Geschäftsführer Helmut Richter das Bürgerhaus zu „seinem Baby“ erhebe, müsse sich fragen lassen, wie es sein könne, diesem „Baby“ den Innenräumen im Untergeschoss den entsprechenden Zugang mangels Eingangsplanung zu verwehren und dazu noch die Außenanlagen komplett zu vergessen. Und das alles anschließend zu finanziellen Lasten der Stadt zu beheben.

Auch der Millioneninvest in den Kauf des ehemaligen Kaufhauses Krämer sei gelinde gesagt ein Flop. Außer einem vermieteten Teilbereich im Erdgeschoss sind die Räumlichkeiten in dem großen Gebäudekomplex seither ungenutzt, bzw. teilweise zum Nulltarif „vermietet“.

Der inzwischen seit knapp elf Monaten nach eigenen MEGB-Aussagen für dieses Projekt angestellte Immobilienmanager habe sich offenbar ebenfalls auf der Suche nach dem richtigen Verwendungszweck dieser attraktiven innerstädtischen Immobilie verlaufen, oder messe seit Anfang Oktober 2020 gar noch immer die zu vermarktenden Räume aus, spottet ein anderer Insider.

Abriss eines intakten Gebäudes ohne Genehmigungsaussicht für geplanten Neubau

Analog zu dieser Misere seien Kauf, Abriss und Neubauplanung des früheren Haus am Markt zu sehen. Hier habe die MEGB ein bausubstanzlich völlig intaktes Gebäude abgerissen ohne Genehmigungsaussicht auf den geplanten Neubau.

Die bekannte Reißleinen-Aktion des damaligen Bürgermeisters Rolf Richter Ende August 2019 sei mangels nachbarschaftlicher Zustimmung zur Abstandsverringerung und schlussendlich insbesondere weil nicht konform mit der hessischen Bauordnung (HBO) der behördlichen Genehmigungsverweigerung zuvor gekommen und keineswegs dem bemühten >Schorschblick< geschuldet gewesen.

Städtisches Vermögen in Höhe von gut 4 Millionen Euro „verbrannt“

Ursächlich für diese Misere seien offensichtlich sowohl bei der MEGB als auch beim beauftragten Architekten mangelnde Kenntnisse der HBO oder deren komplette Missachtung im Vertrauen auf mögliche Umgehung dieser Vorgaben.

„Verbrannt“ wurde mit dieser Aktion nach vorsichtiger Berechnung von Fachleuten städtisches Vermögen in Höhe von sage und schreibe gut 4 Millionen Euro.

Auch seien die jüngsten Planungen für das Haus am Markt keineswegs ins Stocken geraten, sondern das gesamte MEGB-Projekt mit Duldung einer CDU-geführten Gremienmehrheit im Stadtparlament „komplett in die Hose gegangen“, kritisieren eigene Parteimitglieder.

Bürgerinitiative >Bensheimer Marktplatz besser beleben< wirkte totalem Kollaps entgegen

„Wer solches Handeln toleriert, oder gar unterstützt, muss sich die Frage nach seinem Verantwortungsbewusstsein für die Stadtgesellschaft gefallen lassen“, sagt eine frühere Bensheimer Stadtverordnete.

Nur dank des Engagements der Bürgerinitiative „Bensheimer Marktplatz besser beleben“ sei die Gesamtsituation noch dem totalen Kollaps entgangen und sehe jetzt einer hoffentlich vernünftigen Lösung entgegen.

Wenn aus der Stadtpolitik jetzt Töne laut werden und aktuell gar vom MEGB-Geschäftsführer kolportiert, die MEGB habe neue Aufgabengebiete erhalten, müsse zwangsläufig hinterfragt werden welche? Auch dürfe die Kompetenzfrage der seither eher dilettantisch und nahezu ausschließlich kostenintensiv zum Nachteil der Stadt agierenden Tochter nicht fehlen.

Totalversagen der MEGB beim Agieren um sanierungsbedürftige Marktplatz-Häuser 2 und 3

Totalversagen sei der MEGB beim Agieren rund um die sanierungsbedürftigen Häuser 2 und 3 am Marktplatz zu attestieren. Insgesamt fehle auch ein kompletter Leistungsbericht der MEGB. Eine Jahresbilanz sei hier deutlich zu wenig.

Die jetzt von städtischen Gremien bemängelte fehlende Transparenz hätten sich die Gremien zumindest teilweise wegen unzureichend ausgeübter gesetzlich verankerter Aufsichtspflicht selbst zuzuschreiben.

Gesetzeswidrig als stimmberechtigtes Mitglied in Eigentümerversammlung

Dieses Dilemma beginne mit dem gesetzeswidrigen Mitwirken des früheren Bürgermeisters Rolf Richter in der Gesellschafterversammlung der MEGB.

Auch wenn er als Bruder des Geschäftsführers der städtischen Tochter den Aufsichtsratsvorsitz an den hauptamtlichen Stadtrat Adil Oyan abgetreten hatte, sei er gesetzeswidrig als stimmberechtigtes Mitglied in der Eigentümerversammlung verblieben.

Kostenexplosion bei Bürgerhaussanierung von 3,8 Millionen auf fast 15 Millionen Euro

Wenn Oyan Kritikern zuletzt die Frage stellte „Was hat Ihnen nicht gepasst“, dann könne die reale Antwort nur lauten: „Alles!“ Insbesondere die Kostenexplosion bei der Bürgerhaussanierung von ursprünglich 3,8 Millionen Euro auf nunmehr fast 15 Millionen müsse intensiv auf den Prüfstand.

„Wer so mit öffentlichen Geldern, sprich Steuermitteln der Bürger umgeht, hat seine Inkompetenz nachhaltig unter Beweis gestellt“, lässt der bereits zitierte Christdemokrat keinen Zweifel an der Entbehrlichkeit dieser „seither durch fehlende Kontrolle quasi unbeaufsichtigten Stadttochter“.

Stilllegung der MEGB ohne deren Auflösung empfohlen

Gleichwohl sei eine Auflösung der Gesellschaft nicht zu empfehlen sagen dazu befragte Wirtschaftsfachleute auf FACT-Anfrage und empfehlen vielmehr eine starke Aufgabenreduzierung mit kombinierter Zuständigkeits-Verlagerung ins Rathaus bei künftig streng kontrolliertem verbleibendem MEGB-Handeln.

Als Option bleibe auch die komplette Stilllegung der MEGB ohne die Auflösung der Gesellschaft als insgesamt gescheitertes und immens kostenintensives Modell zu Lasten der Stadtgesellschaft.