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Knecht Ruprecht: Stadtverwaltung schlecht wie Flasche leer

Seine satirische Rute erhebt Knecht Ruprecht selbstverständlich auch wieder zum 3. Advent und blickt diesmal nach einer Bürgerversammlung zur Haushaltslage in Bensheim insbesondere auf die aktuellen Gegebenheiten in der Verwaltung der größten Stadt im Landkreis Bergstraße und deren Tochter MEGB, die ihr Säckchen mal wieder von den Bürgern der Stadt füllen lassen wollen, ohne selbst den Gabentisch entsprechend zu füllen

Wieder ist eine Woche vergangen und die Honigkuchen simmern leise in den Kesseln auf dem Weihnachtsmarkt. Der Duft von Weihrauch, Myrre und kandiertem Marzipan zieht durch die Straßen, überall Lichterglanz und Tannengrün und die Kinder toben ausgelassen um die Merkelpoller. Edles Naschwerk allenthalben und alle freuen sich auf eine besinnliche Zeit.

Auch in den politischen Gremien der Bergstraße herrscht weiterhin friedliche Ruhe und Stille. Nur der Fortschrittsmagistrat in Bensheim, mit Bürgermeisterin Christine Klein und Erster Stadträtin und Baudezernentin Nicole Rauber-Jung an der Spitze, setzt auf „konsequente Fortsetzung des Erhöhungskurses der Grundsteuer B“ zur Sanierung des mit rund 40 Millionen Euro defizitären städtischen Haushalts 2024 und sorgt damit für Unruhe in der Bensheimer Stadtgesellschaft.

Ein Gastautor aus Reinheim sprach kürzlich in einer Bürgerzeitung für das Rhein-Main-Gebiet vom „sinkenden Schiff Deutschland“. Ein solches haben Bensheimer Bürger mit Blick auf ihre Stadt direkt vor Augen, wie spätestens die Bürgerversammlung in dieser Woche offenlegte.

Das von Bürgermeisterin Christine Klein, in Personalunion auch Finanzdezernentin der Stadt, und Stephan Schneider, dem Leiter der Finanzabteilung im Bensheimer Rathaus, jetzt offenbarte Zahlenwerk weist erneut nicht unerhebliche Abweichungen von den zuletzt genannten Beträgen aus.

Das zur Jahrersmitte öffentlich gemachte städtische Bensheimer Jahresdefizit in Höhe von voraussichtlich 42,7 Millionen Euro lag im Mitte November eingebrachten Nachtragsetat dann gar bei 43,2 Millionen Euro und wurde jetzt aktualisiert auf immerhin noch 38,5 Millionen Euro.

Die zunächst für den Haushaltsausgleich errechnete Steigerung der Grundsteuer B von seither 620 auf künftig 1.450 Punkte wurde vor Monatsfrist aufgrund eines „Rechenfehlers“ noch einmal um weitere 290 Punkte auf aktuell 1.740 Punkte „angepasst“.

Dieser Schlingerkurs wurde aus den Reihen einer Bensheimer Parlamentsfraktion schon spöttisch mit falschem Umgang mit dem Rechenschieber im ansonsten doch digitalen Zeitalter verhöhnt.

Vor diesem Hintergrund sah sich Stadtverordnetenvorsteherin Christine Deppert (CDU) nach Anregung ihrer christdemokratischen Partei veranlasst zu einer informativen Bürgerversammlung zur Haushaltslage einzuladen.

Dabei wurde umfassend informiert über den desaströsen Sachstand, allein es fehlten tragfähige konzeptionelle Lösungsansätze zur Bewältigung der Finanzmisere. Nur die Erhöhung der Grundsteuer B um sage und schreibe rund 281 Prozent von seither 620 auf künftig 1.740 Punkte wurde da neben dem Versprechen der Prüfung von Sparmaßnahmen (aber das brauche Zeit) von Magistratsseite zur Bewältigung der Finanzmisere genannt.

„Deutlich zu dünn“ bewerteten zahllose Bürger diesen alleinigen Lösungsansatz mit Fug und Recht. Da muss mehr kommen, war und ist die Forderung der Stadtgesellschaft, deren über das städtische Bürgernetzwerk gestellten Fragen zunächst nicht beantwortet wurden.

Dabei wäre es so leicht via der Bauabteilung und entsprechender Gremienbeschlüsse mindestens ein Viertel des aufgezeigten Jahresdefizits innerhalb weniger Monate zu generieren – wenn man denn in der Bauabteilung diese Möglichkeit nur anwenden würde.

Aber offensichtlich hat man dort nicht einmal einen Schimmer, dass es diese gesetzliche Grundlage überhaupt gibt, oder hat sie zumindest fahrlässig bisher nicht in Betracht gezogen, wie ein sachkundiger Bürger anmerkte.

Wenn die Bensheimer Bürgermeisterin Christine Klein die landauf, landab insbesondere für Kommunen schwieriger werdenden Bedingungen nennt, die nicht zuletzt aufgrund der immens hohen Belastungen der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben beruhen, dann ist das zweifellos richtig.

Da sieht sich Bensheim durchaus von zahllosen Städten und Gemeinden mit gleichem Schicksal landesweit, wenn auch nicht in diesem Ausmaß umgeben.

Richtig ist aber auch, dass durch enorme Misswirtschaft, vorwiegend in der städtischen Bauabteilung, in den vergangenen Jahren – und durchaus auch unter anderer personeller Verantwortung – wie auch bis in die Gegenwart nicht unerhebliche Summen regelrecht „verbrannt“ wurden und auch in der jetzigen Situation noch immer verbrannt werden.

Die Beispiele dazu reichen von nicht umgesetzten Beschlüssen des Stadtparlaments aus Frühjahr 2018 (Verkauf des Hoffart-Geländes) wie auch einem Prüfbeschluss vom Dezember 2022 zur Abklärung der Wirtschaftlichkeit einer Verpachtung der >Alten Gerberei< oder alternativ deren Verkauf bis hin zur 5-Jahres-Anmietung einer Immobilie für die Stadtbibliothek, um dann angeblich alternativlos mit der >Alten Gerberei< eine beliebte Kulturstätte regelrecht zu zuerstören und rund eine halbe Million Euro in den Umbau zu investieren obwohl es durchaus mindestens zwei deutlich kostengünstigere Varianten gegeben hätte (bzw. gibt), diese aber von der Bauverwaltung dem Parlament nicht einmal aufgezeigt wurden.

Um es mit Giovanni Trapattoni, dem früheren italienischen Coach des FC Bayern München, zu sagen: „Stadtverwaltung schlecht, wie Flasche leer.“

So sahen das am Ende der Bürgerversammlung auch zahlreiche Bürger wie zum Beispiel eine Bensheimerin die ihre Begleiterin fragte: „Ist Bensheim die Blaupause für kommunale Misswirtschaft in Deutschland?“

Und mit den Worten „denk ich an Bensheim in der Nacht, so bin ich um den Schlaf gebracht“, verließ ein entmutigter Bensheimer das zwar moderne Bürgerhaus, das letztendlich aber mit einer immerhin gut 15 Millionen Euro teueren Sanierung einen nicht unwesentlichen Beitrag zum großen Finanzloch (wenn auch nicht unbedingt zum Jahresdefizit) in Bensheim geliefert hat – selbst wenn diese Immobilie, wie viele andere städtische Gebäude auch, im Besitz der 100-prozentigen Stadttochter MEGB ist.

Diese MEGB kassiert für das Bürgerhaus von ihrer „Mutter“ noch immer eine stattliche jährliche Apanage in Höhe einer halben Million Euro (mit steigender Tendenz, wie in der jüngsten Sitzung der Stadtverordneten verlautete), obwohl es seit seiner Wiedereröffnung dem eigentlichen Zweck als >Bürgerhaus< den Bürgern ob seiner exorbitant hohen Mietpreise praktisch nicht mehr zur Verfügung steht, weil für Vereine und Privatpersonen einfach nicht leistbar.

So wäre denn dieser für die Stadt immens teure Appendix MEGB längst überreif für den Prüfstand mit der Grundsatzfrage, ob die dortigen – zumindest seither überwiegend mehr schlecht als recht ausgeführten – Aufgaben nicht besser im Rathaus (und dort freilich auch unter absolut sachkompetenter Führung) aufgehoben wären?

So, genug der Klagen! Ich zünde jetzt mit meinem nachhaltigen Benzinfeuerzeug die dritte Kerz:in auf dem Adventskranz:in an und erfreue mich am Klimawandel.

Sonntag früh gugg ich wieder Winter’s Woche auf Youtube und abends vielleicht noch die Aktuelle Kamera vom Uwe Steimle. Den Mist im zwangsgebühren-finanzierten Staatsfernsehen sollen die von der Bensheimer Stadtveraltung – pardon Stadtverwaltung, war ein nicht unwillkommener Tippfehler – und ihrer Tochter MEGB gucken. Allen Anderen wünsche ich einen schönen dritten Advent, im Kreise ihrer Lieben.