Städtische Geduld bei Verwendungsentscheidung zur Krämer-Immobilie dauert an
Auch nach knapp sieben Jahren gibt es absehbar keine Entscheidung zur Verwendung des im Besitz des städtischen Tochterunternehmens Marketing- und Entwickliungsgesellschaft Bensheim (MEGB) befindlichen ehemaligen Kaufhaus Krämer-Gebäudkomplexes im Zentrum der Stadt + + + Stadtparlament lehnt Prüfantrag von BfB, FWG und VuA mehrheitlich abBENSHEIM. - Die Bensheimer Koalition aus CDU, SPD und FDP wie auch die oppositionelle Fraktion der GRÜNEN haben in der jüngsten Sitzung des Stadtparlaments gemeinsam einen Prüfauftrag zur Verwendung des ehemaligen Kaufhauses Krämer mit deutlicher Mehrheit abgelehnt.
Die in zentraler Lage der Bensheimer Innenstadt gelegene Immobilie wurde zu Jahresbeginn 2018 für knapp zwei Millionen Euro von der 100-prozentigen Stadttochter Marketing- und Entwicklungsgesellscaft Bensheim (MEGB) käuflich erworben.
Wiederholte Versuche, dem vor sich hinsiechenden großen Gebäude wieder Leben einzuhauchen führten trotz weiterer seither aufgewendeter Kosten in Höhe von zusätzlich mehr als 2 Millionen Euro zu keinem Erfolg.
Nach knapp sieben Jahren noch immer kein Konzept zur Verwendung der Immobilie
Auch nach knapp sieben Jahren fehlt noch immer ein tragfähiges Konzept wie die Immobilie, am unteren Ende des Marktplatzes an der Hauptstraße gelegen, zur dringend erforderlichen Belebung der Bensheimer Innenstadt beitragen kann.
Wie FACT bereits berichtete (siehe: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/kreis-bergstrasse/details/?tx_ttnews) wurde gut zwei Jahre nach dem Immobilienkauf zum 01. Oktober 2020 ein zuvor beim Immobilienentwickler BPD tätiger Fachmann „für das Großprojekt Kaufhaus Krämer verantwortlich“ bei der Stadttochter MEGB eingestellt.
Der mit einem Jahreshonorar im sechsstelligen Bereich ausgestattete Experte war für BPD zuvor schon für Bensheimer und weitere regionale Immobilien-Großprojekte wie die Bauvorhaben auf dem Euler- und EKZ-Gelände in Bensheim sowie in Heppenheim auf dem Areal der früheren Vitos-Klinik tätig.
MEGB-Geschäftsführer und Baudezernentin sahen sich „auf gutem Weg“
Der damalige MEGB-Geschäftsführer Helmut Richter und die Erste Stadträtin und Baudezernentin Nicole Rauber-Jung sahen sich bei einem Workshop Ende Oktober 2020 bei dem die Nutzungen für den Gesamtkomplex geklärt werden sollten, auf einem guten Weg.
Neben dem Kaufpreis von knapp 2 Millionen Euro wurden weitere 2,077 Millionen Euro, darunter fĂĽr Vorplanungen und Bestandsaufnahme durch eine Architektengruppe 250.000 Euro investiert, ohne dass es jedoch bis dato auch nur ansatzweise zu einem Konzept, geschweige denn zu einer Nutzungs-Umsetzung kam, nachdem der vorwiegend projektbezogen bei der MEGB installierte verantwortliche Mann zeitnah entnervt aufgab und die MEGB wieder verlassen hat.
Prüfauftrag zur Verwendungs-Klärung und wirtschaftlichen Tragfähigkeit
Vor diesem Hintergrund hatten BfB, FWG und VuA einen Prüfauftrag im Parlament eingebracht: „Der Magistrat wird beauftragt in Zusammenarbeit mit der MEGB, bis zur Beratung des Haushaltsentwurfes 2025 eine Entscheidungsgrundlage bezüglich des ehemaligen Kaufhauses Krämer den MEGB-Gremien und der Stadtverordnetenversammlung vorzulegen“, lautete der gemeinsame Antrag.
Dort solle die Art, der Umfang und die vorgesehene Nutzung bzw. Verwertung dargestellt werden, hieß es weiter. „Die Sanierungskosten sind aktualisiert vorzulegen (aktueller Stand sowie noch zu erwartende Kosten).
Mögliche Födertöpfe sollten ebenfalls eruiert werden
Ebenfalls ist eine Einschätzung über die Höhe einer möglichen Förderung – Stichwörter Integriertes Stadtentwicklungskonzept und Denkmalschutz – mit vorzulegen und welche Voraussetzungen und Kosten für eine Förderung bestehen“, trug Fraktionschef Franz Apfel in der Sitzung der Stadtverordneten vor.
„Die Entscheidungsgrundlage soll eine Einschätzung beinhalten, ob und in welcher Weise eine Sanierung des Kaufhaus-Komplexes Krämer auf Basis der jetzigen Planungen dauerhaft kostendeckend erfolgen kann – etwa über den Verkauf von Wohnungen als Eigentumswohnungen.
Auch Marktabfrage über möglichen zu erzielenden Kaufpreis sollte erfolgen
Ebenfalls soll die Ergebnisse einer Marktabfrage über einen zu erzielenden Verkaufspreis des ehemaligen Kaufhaus-Komplexes Krämer einschließlich der bisher erbrachten Architektenleistungen vorgelegt werden.“
Der Erwerb des ehemaligen Kaufhaus-Krämer-Komplexes habe 1.994.250 Euro gekostet. Die bereits angefallenen Architektenleistungen und sonstige Investitionen betragen 2,077 Millionen Euro. „Zusammen etwas über 4 Mio Euro. Da wird es höchste Zeit zu einer Entscheidung zu kommen.“ Der Antrag der drei Fraktionen BfB, FWG und VuA komme genau zur richtigen Zeit.
Angeforderte Unterlagen als „Basis für sachgerechte Entscheidung“
„Wir brauchen die dort angeforderten Unterlagen um zu einer sachgerechten Entscheidung zu kommen. Der Krämer-Komplex kann nicht als Millionengrab ohne Entscheidung liegen bleiben. Bensheim braucht ergebnisoffene Entscheidungen – dieser gemeinsame Antrag liefert die Grundlage zur Entscheidung.“
Für die FWG kritisierte Alois Hillenbrand, die MEGB verursache bereits an anderen Stellen jährliche Mindereinnahmen. So zahle die Stadt beispielsweise beim Bürgerhaus einen jährlichen „Verlustauzsgleich von 500.000 Euro mit steigender Tendenz“ an die Tochter MEGB.
„Kein Festhalten an Objekt, das dauerhaft subventioniert werden muss“
Es könne daher nicht angehen, dass man an einem weiteren Objekt festhalte, das „dauerhaft subventioniert werden muss“. Das wolle man mit diesem Antrag sichergestellt wissen.
Und Matthias Penteker stellte für die VuA-Fraktion klar: „Mit dem Antrag geht es darum, sämtliche Möglichkeiten offenzulegen, mit denen die Stadt Gelder generieren kann, so auch in diesem Fall.“
Das Thema habe in der Stadtverordnetenversammlung nichts zu suchen
Dem setzte CDU-Sprecher Bernhard Stenger (CDU) die Frage entgegen, weshalb die drei Fraktionen die Zukunftsfragen um dieses Projekt in die Stadtverordnetenversammlung „zerren wollten“, obwohl es da gar nichts zu suchen habe. Das sei lediglich „Theaterdonner.“
Was 2018 mit dem Ansinnen begonnen habe, Gelder aus Verkäufen im Gewerbegebiet Stubenwald sinnvoll einzusetzen, sei über die Entscheidung, das ehemalige Kaufhaus Krämer selbst via Stadttochter MEGB als Eigentümerin, fortgesetzt worden.
Unter der Kaufprämisse es solle sich rechnen „wollten wir die Hand auf diesem Komplex haben“, um selbst entscheiden können, wie man die Stadt weiter entwickeln könne.
„Bisher die Kaufprämisse, es solle sich rechnen, noch nicht gesehen“
„Das war, wie ich finde, eine sinnvolle Entscheidung.“ Seither habe es dazu eine umfassende Bestandsaufnahme gegeben, denn es sei „nicht nur ein Gebäude, vielmehr ein Viertel“, für das Ideen zur Nutzung gesammelt worden seien.
„Bisher habe man die Kaufprämisse, es solle sich rechnen, noch nicht gesehen, weshalb das Konzept fortentwickelt werde. „All das wissen die Antragstellenden, denn sie sind Mitglieder im Beirat der MEGB.
Das alles sei ein Themenkomplex, an dem die MEGB ohnehin arbeite. „Sie wissen das. Sie fordern etwas, was in diesem Zeitrahmen unerfüllbar ist. In den regelmäßigen Sitzungen wird fortlaufend über das Projekt und den aktuellen Stand berichtet“, konstatierte Stenger.
Neue MEGB-Geschäftsführerin benötige mehr Zeit als ein paar Wochen
Zu Monatsbeginn August habe die neue MEGB-Geschäftsführerin, Michaela Kemmeter, ihre Arbeit aufgenommen. Sie sei dabei ihre Expertise einzubringen und das Projekt weiterzuentwickeln. „Dafür haben wir sie eingestellt“, sie benötige allerdings etwas mehr Zeit, als ein paar Wochen.
Folglich sei es keineswegs der richtige Zeitpunkt, wie auch das falsche Gremium, an das die Fraktionen ihren Antrag gerichtet hätten. Im Rahmen der Beiratssitzungen und anderer Gremien bestehe jederzeit die Möglichkeit, „seine Ideen konstruktiv einzubringen“, sagte Stenger.
„Rahmenbedingungen haben sich verändert“
Doris Sterzelmaier merkte für die GRÜNEN an: „Mit dem Kauf des Gebäudekomplexes wollten wir eine Wertigkeit erzeugen, die unsere Innenstadt attraktiv macht. Es sei bekannt, dass es wegen des Denkmalschutzes zu zeitlichen Verzögerungen gekommen sei und sich auch die „Rahmenbedingungen verändert haben“.
Es sei auch bekannt, dass es ein Innenstadt-Entwicklungskonzept brauche, „damit die Stadt Zuschüsse beantragen kann“, sagte Sterzelmaier und ergänzte: „Das ist eine Aufgabe des städtischen Bauamtes.“ Da die MEGB Eigentümerin sei, liege bei ihr auch die Entwicklung des Konzepts.
Helmut Richter habe vor Jahresfrist „um ein weiteres Jahr Geduld gebeten“
Michael Sydow berichtete für die SPD, der frühere MEGB-Geschäftsführer Helmut Richter habe im vergangenen Jahr für die Entwicklung dieser Immobilie um ein weiteres Jahr Geduld gebeten, aber inzwischen sei er ja nicht mehr da und die neue Geschäftsführerin kümmere sich um diese Immobilie. Deren Bericht wolle man abwarten.
Auch die FDP ließ durch ihren Sprecher Tobias Fischer Ähnliches verlauten. Es mache keinen Sinn, einen Beschluss zu einem Thema zu fassen, „das nicht in unserer Hand liegt“. Man habe von Anfang an gesagt: „wir möchten es nicht aus der Hand geben, wir möchten, dass Experten der MEGB diese Immobilie entwickeln“.
Es ergebe keinen Sinn „Schnellschüsse zu machen“
Es ergebe auch keinen Sinn „Schnellschüsse zu machen.“ Die MEGB habe das Gebäude gekauft, und nicht die Stadt, folglich könne nichts verkaufen, was einem nicht gehöre, sagte Fischer und bat die Antragsteller „den Ball flach zu halten“, denn das Konzept zum Kaufhaus werde aktuell weiterentwickelt, „und wir haben aktuell hier ganz andere Themen“.
Diese Redebeiträge konterte Franz Apfel für die BfB mit dem Hinweis, „die Zeitabläufe, die uns vorgegeben wurden, sind alle überschritten worden, deshalb wird es Zeit hier zu einer Entscheidung zu kommen.
„Nicht ewig weiter auf einem Millionenprojekt bei diesem Stand verharren“
Wir können nicht ewig weiter auf einem Millionenprojekt bei diesem Stand verharren, bis wir eine Entscheidung fällen. Wie diese dann aussehen kann, haben wir versucht im vorliegenden Antrag darzulegen, damit endlich eine Entscheidung fällt“.
Man habe die Entscheidungsgrundlage schließlich bis zur Haushaltsberatung 2025 gefordert. Das wäre im März kommenden Jahres. „Und da muss es doch möglich sein, bis zu diesem Zeitpunkt endlich eine Entscheidungsgrundlage so vorzubereiten, dass man sie auch treffen kann.“
„Können wir es uns erlauben bei der Sanierung der Immobilie so weiter fortzufahren?“
Der Hinweis „wir haben andere Themen“ greife genau den Hintergrund dieses Antrags auf, nämlich die Entscheidung darüber: „können wir es uns erlauben bei der Sanierung der Krämer-Immobilie so weiter fortzufahren wie bisher oder eventuell auch abzuwägen, ob ein Verkauf in Betracht kommt“.
Dazu seien alle Daten auf den Tisch zu legen, sagte Franz Apfel. Es sei im Grunde unabdingbar, dass die Daten und Fakten und zu einer Entscheidung vorgelegt würden. Dassei keine Entscheidung für's stille Kämmerlein, sondern vielmehr eine finanzielle Entscheidung die nunmehr endlich anstehe. „Das kann man nicht weiter aussitzen, nur weil Sie noch nicht soweit sind!“
„Würde ja zustimmen, aber wir haben seit drei Monaten eine neue Situation“
„Ich würde ja zustimmen, aber wir haben seit drei Monaten eine neue Situation“, sagte SPD-Fraktionschef Jürgen Kaltwasser. Die neue MEGB arbeite „mit Hochdruck an dieser Geschichte“, lassen wir ihr doch noch ein bischen Zeit, um uns Ergebnisse vorzulegen“.
Er sei der festen Überzeugung, sagte Kaltwasser, „dass das was sie uns vorlegen wird Hand und Fuß haben wird“. Dann könne man immer noch entscheiden, was mit der Immobilie passieren soll. Folglich bat er um Verständnis, dass die SPD-Fraktion den vorliegenden Antrag ablehnen werde.
Schlussendlich votierten lediglich die Antragsteller von BfB, FWG und VuA für das gemeinsame Ansinnen, während eine breite Mehrheit der Koalitionsfraktionen aus CDU, SPD und FDP sowie die GRÜNEN dagegen stimmten.