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„Finanznot der Kommunen ist kein Betriebsunfall“

Bürgermeister der Bergsträßer Kommunen fordern erneut ein sofortiges und unverzügliches Handeln von Land und Bund, um die Finanznot der Städte und Gemeinden zu lindern. Foto: Pressedienst Bensheim

EINHAUSEN / BENSHEIM. - Die Finanznot der Kommunen ist kein Betriebsunfall, sondern ein strukturelles Problem mit tiefgreifenden Folgen für Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Das war die klare Botschaft der 22 Bürgermeister des Kreises Bergstraße, die sich am Rande der Bürgermeisterdienstversammlung Anfang April in Einhausen mit der aktuellen Finanzlage der Städte und Gemeinden befassten.

Kommunalfinanzen sind aktuell das wichtigste Thema in den Rathäusern. Wie können wir das Notwendige finanzieren? Wo müssen wir sparen? Und was können wir uns noch leisten?

Das sind längst alltägliche Fragen in vielen kommunalen Gremien und Rathäusern des Landes. Die Kommunalfinanzen sind und werden auch in den kommenden Jahren das mit weitem Abstand wichtigste Thema in den Rathäusern sein.

Dabei sei die Sorge der kommunal Verantwortlichen nachvollziehbar. Kommunen sind die Keimzelle der Demokratie. Wie schnell Populismus die Demokratie unterwandern könne, zeige der aktuelle Blick in die USA.

In einem mit Zahlen und Fakten überzeugenden Vortrag von Prof. Dr. Thomas Döring (Darmstadt) wurden die finanzpolitischen Herausforderungen der Kommunen auf den Punkt gebracht.

Immer mehr Aufgaben werden von Bund und Land übertragen – ohne ausreichende finanzielle Gegenleistung. Gleichzeitig steigen die Kosten für soziale Daseinsvorsorge, Bildung, Infrastruktur und Energie.

Viele Städte und Gemeinden sehen sich kaum noch in der Lage, einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen. Erfolgreiche Konsolidierungsmaßnahmen vergangener Jahre drohen zunichte gemacht zu werden.

In mehr als der Hälfte der Kommunen verzögerten sich notwendige Investitionsprojekte, weil schlichtweg das nötige Geld fehle. Die Bürgermeister des Kreises sind fest entschlossen, diesen Zustand nicht mehr hinzunehmen, denn die Kluft zwischen Einnahmen und Ausgaben der Kommunen werde immer größer.

Das Defizit der Kommunen habe sich im vergangenen Jahr fast vervierfacht auf den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung.

Bereits im März 2025 wandten sie sich mit einem offenen Brief an die Abgeordneten des Hessischen Landtags und des Deutschen Bundestages. Darin machten sie deutlich: „Kommunale Investitionen sind kein Luxus – sie sind Voraussetzung für innere Stabilität, gesellschaftlichen Zusammenhalt und eine lebendige Demokratie.“

Die Beteiligung der Kommunen am Sondervermögen für Infrastruktur könne nur eine partielle Lösung sein, denn ohne grundlegende Reformen drohe Kommunen der finanzielle Kollaps.

Konkret fordern die Bergsträßer Bürgermeister unter anderem:

- die Einhaltung des Konnexitätsprinzips („Wer bestellt, bezahlt“);

- eine faire Verteilung der Steuereinnahmen, dazu gehöre die Erhöhung des Umsatzsteueranteils für Städte und Gemeinden von zwei auf sechs Prozent;

- mehr Entscheidungsfreiheit und weniger Bürokratie für Kommunen;

- Reduzierung der Standards: Bund und Länder sollten verstärkt „eine Politik des Machbaren als des Wünschbaren“ praktizieren;

- eine direkte Berücksichtigung der kommunalen Ebene bei Finanzhilfen und Zukunftsinvestitionen.

- eine auskömmliche Finanzausstattung, um die strukturelle Unterfinanzierung so schnell wie möglich zu beenden.

„Wir übernehmen Verantwortung – aber wir fordern auch, dass Bund und Land ihrer Verantwortung gerecht werden.“ betonen die Bürgermeister der 22 Kommunen.

Der Vortrag von Prof. Döring lieferte eine fundierte Grundlage, um die kommunale Position gegenüber der Landes- und Bundespolitik mit Fakten zu untermauern – und er habe verdeutlicht, dass es ohne strukturelle Reformen nicht weitergehen könne.

Handlungsbedarf bestehe nicht erst in ein oder zwei Jahren – er bestehe sofort und unverzüglich! „Starke Kommunen sind kein Nice-to-have – sie sind das Rückgrat der Demokratie. Wer die Basis vernachlässigt, gefährdet das Ganze“, so die gemeinsame Schlussfolgerung der Teilnehmenden.