Alles für die Äskulapnatter
Warum sich zum Weltschlangentag ein Blick in den südlichen Odenwald lohntODENWALDKREIS / OBERZENT. - Wer südlich von Finkenbach, bei Hebstahl im Sensbachtal oder zwischen Rothenberg und Kortelshütte unterwegs ist, kann dort mit etwas Glück einer Äskulapnatter begegnen. Jedenfalls wurden Exemplare der „Zamenis longissimus“ genannten Schlange dort schon gesichtet – gewissermaßen als Vorposten der weitaus größeren Vorkommen, die es weiter südlich bei den Nachbarn des Odenwaldkreises gibt.
Nämlich in den zu Hessen gehörenden Städten Hirschhorn und Neckarsteinach (Kreis Bergstraße) sowie in den baden-württembergischen Kommunen Heddesbach und Eberbach (Rhein-Neckar-Kreis).
Der südliche Odenwald ist eines von nur vier Gebieten in Deutschland, in denen diese Natter lebt und sich offenbar wohlfühlt, denn die Population ist in den vergangenen Jahren gewachsen. Eine erfreuliche Nachricht zum Weltschlangentag, der am Montag, 16. Juli, begangen wird – zumal das Tier gemäß der so genannten FFH-Richtlinie der Europäischen Union streng geschützt ist.
In den vergangenen Jahren wurden im südlichen Odenwald etliche Pflegemaßnahmen ergriffen, vor allem von der länderübergreifend und ehrenamtlich tätigen „Arbeitsgemeinschaft Äskulapnatter“.
In ihr arbeitet auch Michael Waitzmann von der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg mit Sitz in Karlsruhe. Er ist einer der Experten in der Region für die Natter. Zufrieden stellt er fest: „Die Maßnahmen wirken, die Schlange reproduziert sich sehr gut.“
Zu den Maßnahmen, in deren Realisierung auch das Forstamt Beerfelden eingebunden ist, gehört unter anderem die Anlage von Eiablageplätzen und Tagesverstecken, in denen sich die Schlangen in der Sonne aufwärmen können. Erst vor kurzem haben die Schlangen wieder ihre Eier gelegt, Anfang September schlüpfen die Jungen.
Waitzmann untersucht die Population der Schlangenart regelmäßig. Zum einen jährlich für die „Arbeitsgemeinschaft Äskulapnatter“, zum anderen für das alle sechs Jahre zu erstellende „FFH-Monitoring“. Für diesen Bericht liefern die Bundesländer ihre Daten getrennt voneinander.
Für die Zahlen aus den baden-württembergischen Gebieten ist Waitzmann verantwortlich, für jene aus Hessen die „Arbeitsgemeinschaft Amphibien- und Reptilienschutz“. Sie spricht in ihrer jüngsten Erhebung für den FFH-Bericht von „deutlich gestiegenen Individuenzahlen“.
In den 16 hessischen Probeflächen (zehn bei Schlangenbad/Wiesbaden und sechs im südlichen Odenwald) zählte die Arbeitsgemeinschaft insgesamt rund 230 verschiedene Tiere. Waitzmann zufolge sind es allein in sieben untersuchten Flächen im baden-württembergischen Teil des südlichen Odenwalds 140 Individuen.
Kein Wunder, dass der Zustand der Populationen in den einzelnen Untersuchungsflächen als sehr gut gilt. Die Fachleute bewerten ihn mit A („hervorragend“), B („gut“) und C („mittel bis schlecht“). Von den sechs hessischen Flächen im südlichen Odenwald haben zwei die Bestnote (in Hirschhorn) und vier die Note B. Sechs der sieben baden-württembergischen Flächen sind mit A bewertet, lediglich eine mit C.
Auch der Odenwaldkreis zeigt Interesse an guten Lebensbedingungen für die Natter. So hat die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt in der Vergangenheit den Ankauf von Grundstücken durch die ehemalige Gemeinde Rothenberg im Finkenbachtal unter anderem mit Maßnahmen zum Schutz der Äskulapnatter begründet.
Auch dort können Eiablageplätze und Aufwärmstellen eingerichtet werden. „Es ist bislang eher nicht im Bewusstsein der Odenwälder, dass diese äußerst bemerkenswerte, weil seltene Art auch bei uns vorkommt“, so Uwe Krause von der Unteren Naturschutzbehörde.
Außer bei Schlangenbad/Wiesbaden und im südlichen Odenwald lebt die Äskulapnatter nur noch in zwei Gebieten in Bayern. Als Lebensraum schätzt die Schlange zum Beispiel Streuobstwiesen, aber auch Weg- und Straßenränder oder Steinbrüche.
Die Natter ist ungiftig und zählt zu den größten Schlangenarten in Europa. Männliche Tiere können eine Länge von bis zu 1,80 Meter erreichen, weibliche bis zu 1,40 Meter. Ihren Namen hat das Tier vom Asklepios, dem griechischen Gott der Heilkunst. Bis heute findet sie sich in Emblemen von Ärzten und Apothekern.
Außer der Äskulapnatter gibt es im Odenwald noch zwei weitere ungiftige Schlangenarten, wie Krause erläutert: die besonders geschützte Ringelnatter, die Seen, Tümpel oder feuchte Wiesen bevorzugt, und die wärmeliebende, streng geschützte Schlingnatter. Krause weiß, dass die Schlingnatter oft mit der Kreuzotter, einer Giftschlange, verwechselt wird. Doch er kann beruhigen: „Die Kreuzotter kommt bei uns nicht vor.“