„Alles bricht weg, aber die Kosten laufen weiter“
SPD-Landratskandidat Karsten Krug im Gespräch mit Vereinsvertretern: Sportler, Mitglieder und Ehrenamtliche bei der Stange haltenBERGSTRASSE. - „Die Vereine sind das Rückgrat unserer Gesellschaft“, sagte SPD-Landratskandidat Karsten Krug beim Livestream mit verschiedenen Vereinsvertretern.
„Ein Leben ohne die gewohnte und bekannte Vereinsstruktur ist nicht vorstellbar“, betonte er.
Im virtuellen Austausch ging es um die Frage, welche Auswirkungen die Pandemie hat.
Am Beispiel der Sportvereine machten die Diskutanten deutlich, dass viele ihrer Probleme auch auf die anderen kulturtreibenden, musizierenden oder naturschutzorientierten Vereine zutreffen.
Zusammen mit Krug hatten sich vor dem heimischen Computer versammelt: Peter Hoffmann, Vorsitzender des TSV Amicitia Viernheim, Vorstandssprecher Reimund Strauch von der SSG Einhausen, Werner Klag (Vorsitzender TG Bobstadt) und der Vorsitzende des SV Fahrenbach, Tino Gölz.
Der sozialdemokratische Landratskandidat sprach ihnen seinen Dank stellvertretend für alle ehrenamtlich Aktiven im Kreis aus.
Die Funktionäre einten vor allem zwei Sorgen: Dass ihr Verein finanziell über die Runden kommt und die Mitglieder bei der Stange gehalten werden können, wenn lange Zeit kein Übungsbetrieb stattfindet.
Denn zum einen sind die laufenden Kosten nach wie vor zu tragen, auch wenn es so gut wie keine Einnahmen – etwa durch Wettkampf- oder kulturelle Veranstaltungen – gibt.
Zum anderen stellt sich den Vorsitzenden die Frage, ob das bisherige Leistungsniveau gehalten werden kann. Und: können die Ehrenamtlichen aufs Neue motiviert werden, ihre Arbeit wieder aufzunehmen?
Krug wies einleitend darauf hin, dass die Organisationen eine große Bedeutung für das kulturelle Leben haben. Dazu kommt der große Einfluss auf die Jugend, „die hier viele sinnvolle Erfahrungen für das spätere Leben sammelt und soziale Kompetenzen von unschätzbarem Wert vermittelt bekommt.“
Daher werde er sich mit allen Kräften dafür einsetzen, dass die Vereine nach der Pandemie wieder neu durchstarten können, kündigte er an.
Sollte es keine neuen Förderprogramme des Landes und Bundes geben, müssten vor Ort mit den Kommunen Lösungen zur Unterstützung erarbeitet werden. Im Kreis Bergstraße gibt es rund 2.200 Vereine mit über 250.000 Mitgliedern.
In seiner täglichen Arbeit, erläuterte der Groß-Rohrheimer, treffe er normalerweise im Kreis viele Menschen, die sich ehrenamtlich für die Gemeinschaft engagieren. „Man kann gar nicht oft genug betonen, wie wichtig sie für uns alle sind.“
Auch für die, so Krug, die vielleicht gar nicht direkt in den Genuss der zahlreichen ehrenamtlichen Tätigkeiten kommen. Für alle seien diese Aktiven „der Kitt unserer Gesellschaft“, hob er hervor, der selbst auf langjährige Erfahrungen in ehrenamtlicher Arbeit in unterschiedlichen Vereinsvorständen zurückblicken kann.
Bereits beim ersten Lockdown stand der TSV Amicitia vor großen Herausforderungen, erklärte Peter Hoffmann. Jede der acht Abteilungen musste einen Hygieneverantwortlichen bestimmen, schilderte er den Aufwand.
„Das lief über die Sommermonate auch sehr gut.“ Der zweite Lockdown brachte dann den kompletten Stillstand, bedauerte Hoffmann.
Die Herausforderungen seien nun: Mitglieder im Verein und Sportler bei Laune zu halten sowie den Sponsoren zu verdeutlichen, „dass wir auf ihre Mithilfe angewiesen sind“.
Als südhessischer Verein muss der TSV daneben zweigleisig fahren, „da ein Großteil unserer Sportarten dem nordbadischen Sportbund unterliegt“. Er sieht finanzielle Probleme, „wenn wir unsere Spielrunde 20/21 nicht wieder aufnehmen können“.
Damit steht er nicht allein. „Wir schrammen an der Insolvenz vorbei“, erläuterte Reimund Strauch von der neu gegründeten SSG Einhausen. Sportliche Aktivitäten und Kulturelles seien auf dem Tiefpunkt.
„Das gesellschaftliche Leben ist weg“, meinte er. „Für Kinder und Jugendliche ist Sport außerordentlich wichtig. Den können sie oft nur im Verein ausüben – die Folgen des Fehlens sind unabsehbar“, so Strauch.
Kompensationsleistungen von Bund und Land konnten seinen Worten nach nur finanzschwache Vereine in Anspruch nehmen. Hilfreich wäre seiner Meinung nach eine Erhöhung der Freigrenze bei der steuerlichen Beurteilung.
Viele Sportvereine liegen darüber, würden wie Unternehmen behandelt und vom Finanzamt regelmäßig überprüft, „haben aber zu 100 Prozent ehrenamtliche Strukturen“, monierte er.
Werner Klag schilderte eine ähnliche Entwicklung: Neben Sommerfest und Weihnachtsmarkt entfielen auch diverse Sportveranstaltungen. Fünf Monate lang gab es keine Pachtzahlungen fürs Vereinsheim.
Das zusammen führte zu einem hohen finanziellen Verlust. In diesem Jahr sieht es nicht besser aus: Durch die Sanierung der Sporthalle fallen Kapazitäten weg.
Dazu kommen fehlende Einnahmen durch Vereinsveranstaltungen. Eventuell gibt es das ganze Jahr keine Pachteinnahmen. Und auch sportliche Wettkämpfe sind fraglich.
„Derzeit steht das Vereinsleben still“, läuft es in Fahrenbach Tino Gölz zufolge ähnlich. Wichtige Einnahmen aus dem Wirtschafts- und Sportbetrieb entfielen. Für die vereinseigene Halle gibt es laufende Kosten.
Selbst die Beiträge zu den Verbänden „müssen in voller Höhe bedient werden, obwohl kein Sportbetrieb möglich ist“, monierte er.
„Da wir in der Vergangenheit solide gewirtschaftet haben, werden wir die Situation wirtschaftlich meistern können“, gibt es laut Gölz zumindest einen Hoffnungsschimmer.