NEWS

Ideenwettbewerb Marktplatz Bensheim: Auch Bürgernetzwerk kritisiert Auslobung

Auch wenn der große Tannenbaum und viele Lichter auf dem Bensheimer Marktplatz das bevorstehende Weihnachtsfest verkünden, will sich noch kein Weihnachtsfrieden über dem Areal verbreiten: die Stadtspitze beklagt jetzt die gerichtliche Auseinandersetzung mit der BI, nachdem sie zuvor alle Gesprächsangebote für eine einvernehmliche Lösung negiert hatte. Foto: er

Mehrere Gesprächsangebote der BI wurden von der Bensheimer Stadtspitze abgelehnt und zuletzt auf einen Termin nach erfolgter Auslobung des Ideenwettbewerbs verschoben: jetzt beklagt die Baudezernentin das eingeleitete Gerichtsverfahren

BENSHEIM. - Die für Bensheim unwürdige weitere juristische Runde um den Ideenwettbewerb für den Marktplatz der Zukunft lässt die Bürgerschaft nicht zur Ruhe kommen.

Nachdem die Bürgerinitiative >Bensheimer Marktplatz besser beleben< (BI BMBB) per 06. Dezember einen Eilantrag zur Wahrung ihrer im Abhilfebeschluss der Stadtverordneten vom 01. Dezember 2020 erworbenen Rechte das Verwaltungsgericht angerufen hat, untersagte Richterin Katharina Fendt der Stadt bis zur gerichtlichen Klärung im Eilverfahren jede weitere Entscheidung in der Auslobung (siehe FACT-Bericht vom 07. Dezember unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/kreis-bergstrasse/details/?tx_ttnews).

Zwischenzeitlich hat die Stadtspitze gemäß einer aktuellen Presseerklärung vom Freitag, 09. Dezember, das laufende Verfahren zum Ideenwettbewerb „Marktplatz der Zukunft“ gestoppt.

Erste Stadträtin Nicole Rauber-Jung ratlos

Erste Stadträtin und Baudezernentin Nicole Rauber-Jung (CDU) hatte sich bereits zuvor in einer Stellungnahme entrüstet gezeigt: „Der Schritt der BI ist für uns absolut unverständlich“, wird die Baudezernentin in einer ersten städtischen Presseerklärung vom 08. Dezember zitiert.

Die aktuelle Aufgabenstellung des Ideenwettbewerbs sei komplett offen. Sie ermögliche alle Optionen, von einer reinen Freiflächengestaltung bis hin zu Hochbauten. „Wir bedauern sehr, dass dies nicht gesehen wird“, sagte Rauber-Jung.

„Es ist nun abzuwarten, welche zeitlichen Verzögerungen sich aus dem Handeln der BI bezüglich einer Lösung für den Marktplatz ergeben“, zeigt sich die Stadträtin ratlos.

Auch Bürgernetzwerk hegt deutliche Vorbehalte gegenüber der Auslobung

Unerwähnt lies Rauber-Jung dabei allerdings, dass neben der BI auch das ebenfalls im Sachverständigenteam des Preisgerichts vertretene Bürgernetzwerk deutliche Vorbehalte gegen die erfolgte Auslobung bekundet hatte.

So haben die für das Bürgernetzwerk tätigen Bensheimer Architekten Sanjin Maracic und Harald Heusser bereits per 30. November, und damit ebenfalls nach der erfolgten öffentlichen Auslobung vom 29. November, deutliche Kritik an der Auslobung bekundet.

„Großes Unverständnis und Verärgerung“

In einem Schreiben an Baudezernentin Nicole Rauber-Jung, Bürgermeisterin Christine Klein und den für das wettbewerbsbegleitende Büro UmbauStadt zuständigen Verfahrensbetreuer Martin Fladt, äußern die Kritiker, sie hätten „mit großem Unverständnis und Verärgerung“ eine neue Positionierung in der erfolgten Auslobung gelesen.

„Woher kommt die Änderung von einer >Empfehlung< zu einem >Muss< innerhalb etwa vier Wochen?“, fragen die Bürgernetzwerker und fahren fort: „Aufgrund welcher Kriterien, bzw. welcher wettbewerbsrechtlichen Grundlage wird diese Einschränkung der Teilnahmebedingungen bei einem Ideenwettbewerb begründet?

„Halten es für wenig glaubhaft“

Wir halten es für wenig glaubhaft, dass Herr Fladt die Angaben der Architektenkammer Hessen im Vorfeld falsch verstanden haben soll, da es sich hier um einen sehr wichtigen, grundsätzlichen Punkt handelt, der für Erfolg oder Misserfolg des Verfahrens entscheidend ist.“

Maracic und Heusser legten im Namen der Kolleginnen und Kollegen Architekten aus Bensheim und dem Kreis Bergstraße „entschieden Widerspruch gegen die angedachte Hürde für die Teilnahme von regionalen Fachplanern ein“.

„Sie spalten die Stadtgesellschaft völlig unnötig mit Unwissenheit oder Absicht“

Die beiden Bürgernetzwerker äußerten sich abschließend sehr deutlich in Richtung Stadtspitze, „dass Sie als Verantwortliche die Stadtgesellschaft mit Unwissenheit oder Absicht wieder deutlich und völlig unnötig spalten werden.“

Die angedachten Restriktionen seien kontraproduktiv, würden im Ergebnis zum Scheitern des Ideenwettbewerbs führen, „und sind daher für uns nicht tolerabel. Eine weitere Teilnahme an einem solchen Verfahren wäre für uns nicht möglich“, lassen Maracic und Heusser die Stadtspitze abschließend wissen.

BI BMBB sieht sich Einschätzung der unsensiblen Vorgehensweise bestätigt

Die Vertrauensleute der BI sehen sich nicht zuletzt auch durch die deutliche Kritik der Bürgernetzwerk-Vertreter in ihrer Einschätzung der unsensiblen Vorgehensweise der Ersten Stadträtin im Umgang mit den Verfahrensbeteiligten bestätigt.

Nicole Rauber-Jung erkläre einerseits in öffentlichen Stellungnahmen, „das gerichtliche Vorgehen der BI ist für uns absolut unverständlich. Denn die Verwaltung setzt den Stadtverordnetenbeschluss zum Ideenwettbewerb um.“ 

„Da gibt es auch keinen Auslegungsspielraum“

Wir folgen somit dem Bürgerbegehren und nicht den Auslegungen der Vertrauenspersonen der BI.“ Der Beschluss des Parlaments beinhalte, dass dem formulierten Bürgerbegehren vom Juli 2020 gefolgt werden müsse.

„Genau das ist die Grundlage für unsere Arbeit und dementsprechend auch die Grundlage für die Auslobung des Ideenwettbewerbs. „Da gibt es auch keinen Auslegungsspielraum.“

Exakten Wortlaut des Bürgerbegehrens in Auslobung unterzubringen, halte sie für schwierig

Die Forderung der BI in der beantragten Anordnung, den exakten Wortlaut des Bürgerbegehrens und des Abhilfebeschlusses der Stadtverordnetenversammlung vom Dezember 2020 in der Auslobung unterzubringen, halte sie für schwierig,

Dieser Meinung der Ersten Stadträtin stehen allerdings die deutlichen Aussagen von der staatlichen Kommunalaufsicht entgegen.

Klare Vorgaben aus dem Innenministerium

Aus dem Hessischen Innenministerium hatte der zuständige Verwaltungsjurist Ulrich Dreßler vor Jahresfrist, als Rauber-Jung und ihr städtisches Bauteam den beschlossenen Ideenwettbewerb in ein Werkstattverfahren umwandeln wollten, klargestellt, Abweichungen vom Text des Bürgerbegehrens seien mit den Vertrauensleuten der BI abzustimmen.

Wörtlich schrieb Dreßler der Stadtspitze damals ins Stammbuch: „Wenn die Stadt nunmehr vom exakten Wortlaut des Abhilfebeschlusses und damit des Bürgerbegehrens abrücken will, dann sollte sie das wenn irgend möglich im Einvernehmen mit den Vertrauenspersonen tun.“ Ansonsten drohe erneut ein Prozessrisiko.

Gesprächsangebote negiert bzw. auf überflüssigen Termin nach der Auslobung verschoben

Diese Vorgaben haben nach wie vor Gültigkeit und sehen die Vertrauensleute der BI irritiert, denn alle ihre Versuche vor der finalen Auslobung mit der Stadtspitze ins Gespräch zu kommen, um eine für alle Seiten tragbare Lösung zu finden, wurden vom Rathaus negiert, bzw. auf einen überflüssigen Termin nach der bereits erfolgten Auslobung verschoben.

Wenn Frau Rauber-Jung jetzt konstatiere „eine Lösung für den Marktplatz ist aufgrund des Handelns der BI derzeit in weitere Ferne gerückt“, dann müsse sie sich der Frage stellen, weshalb sie nicht vor der erfolgten Auslobung zu einem der mehrfach angebotenen Gespräche bereit war.