âBensheimer Marktplatz unbedingt als weitere imposante KulturstĂ€tte nutzenâ
Ăberlegungen von Klaus P. Becker zum Bensheimer Marktplatz: Kultur, Gastronomie, GrĂŒn, AufenthaltsqualitĂ€t, kommunikativer Treff, MultifunktionsflĂ€che â Teil 1> Mit dem unverbauten Blick auf die imposante Kulisse von St. Georg âatmetâ der Bensheimer Marktplatz wieder und hat eine einzigartige Aura, die geradezu nach Kultur âschreitâ.
Ein atmosphĂ€risches Alleinstellungsmerkmal, das imagebildend und gewinnbringend auch mit AuĂenwirkung fĂŒr Bensheim eingebracht werden kann, wenn das hier schlummernde Potential professionell ausgeschöpft wird: Inhaltlich und kommunikativ (Stadtmarketing).
Voraussetzung fĂŒr eine nachhaltige Entscheidungsfindung in Sachen Marktplatz ist zunĂ€chst die Unvoreingenommenheit gegenĂŒber der von einigen Kreisen in der Vergangenheit geradezu ideologisch verbrĂ€mt vorgetragenen Festlegung, wonach nur ein gastronomischer Frequenzbringer als alleiniger Heilsbringer in einem neuen Haus am Markt offenbar alle Probleme der Innenstadt lösen soll.
Bei realistischer EinschĂ€tzung ist schwer vorstellbar, daĂ ein wie auch immer geartetes und genutztes neues Haus am Markt in Bensheim auch nur einen einzigen Leerstand beheben wĂŒrde. Erfahrungswerte liegen doch schon vor: Gastronomie gab es dort schon lange Jahre und auch andere Frequenzbringer, wie die Stadtbibliothek, Tourist-Info oder VHS mit SeminarrĂ€umen.
Das Rad lĂ€sst sich nicht zurĂŒckdrehen
Von Innenstadtsterben sind viele Kommunen betroffen, das ist kein spezielles Problem nur in Bensheim. Der Handel als einst dominierende Funktion verliert schon lĂ€nger an Bedeutung. Das Rad lĂ€sst sich nicht einfallslos mit noch mehr Beton zurĂŒckdrehen.
Die Zukunft der InnenstĂ€dte darf sich nicht an vergangenen Konzepten ausrichten. InnenstĂ€dte brauchen heute AnlĂ€sse zur Begegnung und emotional aufgeladene ErlebnisqualitĂ€t ĂŒber das Einkaufen hinaus.
âEs geht nicht darum, die Innenstadt aus dem Jahr 2010 wieder herzustellen, es geht auch nicht darum, die City von 2020 zu retten, es geht vielmehr darum, die Stadt von 2025/30 zu gestalten. Damit wieder Leben in unsere InnenstĂ€dte einkehrt, brauchen wir AnlĂ€sse fĂŒr Begegnungen, attraktive Freizeitangebote, die Möglichkeit, Kultur zu erleben und Gemeinschaft zu spĂŒren.â
(Zitat von JĂŒrgen Block, GeschĂ€ftsfĂŒhrer Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing -BCSD- anlĂ€Ălich Tagung 20. April 2021)
Der Tenor dieses Zitats ist unter Fachleuten inzwischen Allgemeingut und es lieĂen sich viele weitere gleichlautende Aussagen von Experten und Vertretern der IHK zitieren.
Ein belebter Marktplatz allein ist kein Mehrwert an sich
Wenn einige Akteure auf der kommunalen BĂŒhne immer nur von einer dringend gebotenen âBelebungâ des Marktplatzes reden, , engt das den Blick und die Herangehensweise sehr ein, denn gemeint ist doch eher immer vor allem das Ziel, dem Innenstadtsterben entgegenzuwirken und den
Einzelhandel zu stÀrken.
Eine nachhaltige âBelebungâ ist keine Frage der QuantitĂ€t, etwa derart, dass da unablĂ€ssig den ganzen Tag ĂŒber bis in den Abend einige hundert Personen ĂŒber den Marktplatz hinauf in einen neuen Gastronomiebetrieb strömen. Ein derart allein quantitativ âbelebterâ Marktplat ist kein Mehrwert an sich.
Eine nachhaltige, substanzielle âBelebungâ muss vielmehr eine Frage der QualitĂ€t sein. Vielleicht kann es helfen, zunĂ€chst einmal beide Problemlösungen - Gestaltung oberer Marktplatz und Innenstadtbelebung/ StĂ€rkung Einzelhandel - strikt zu trennen, bevor man die Ergebnisse sich wechselseitig befruchtend wieder zusammenfĂŒhrt.
Wenn man die hinderliche Zwangsvorstellung von der quantitativen âBelebungâ auĂen vorlĂ€sst und sich unvoreingenommen nur der ursĂ€chlichen Aufgabe zuwendet, dann geht es zunĂ€chst um eine stĂ€dtebaulich, architektonisch und atmosphĂ€risch ansprechende Lösung fĂŒr die Gestaltung des oberen Marktplatzes.
Alte Argumente ĂŒberzeugen nicht
Das in der Ăffentlichkeit bereits diskutierte Argument, daĂ der Marktplatz einen baulichen Abschluss haben muss, ĂŒberzeugt nicht. Abschluss ist die imposante Fassade von St. Georg. Ohne diesen âSchorschblickâ wĂŒrde der Marktplatz an AtmosphĂ€re und Flair verlieren.
Die jetzigen baulichen Proportionen stimmen, die bestehende Mauer gleicht sich völlig stimmig an die Fassade von St. Georg an und ist optisch nicht etwa ein störender Fremdkörper. Es besteht keine Not fĂŒr ein neues GebĂ€ude.
Auch in anderen Orten gibt es historisch gewachsene MarktplĂ€tze, bei denen die Kirche den Abschluss bildet. Auch das weitere Argument, daĂ da historisch schon immer ein GebĂ€ude gestanden hat (das alte Rathaus), ĂŒberzeugt nicht.
Aktuell gibt es eine völlig andere Ausgangslage: Die alte Kirche der Vorkriegszeit mit dem einen schlanken Spitzturm hatte einen völlig anderen, unauffĂ€lligeren baulichen Charakter, von dem heute keiner als âSchorschblickâ reden wĂŒrde.
Erst die Nachkriegskirche mit den beiden TĂŒrmen und der monumentalen Fassade hat dem Marktplatz diese besondere Aura verliehen, die heute ein GebĂ€ude davor entbehrlich macht.
Das rein quantitative Argument, daĂ da ein âbrummenderâ Gastronomiebetrieb als ausgesprochener Frequenzbringer stehen muss, der auch abends Leben in die Stadt bringt, lĂ€sst auĂer acht, dass abends die GeschĂ€ftswelt in der Innenstadt nichts davon hat, aber mehr Autoverkehr in die Stadt gelenkt wird.
Zudem könnten sich andere Problemfelder auftun, die man im Moment noch gar nicht hat, wie LĂ€rmbelĂ€stigung fĂŒr Anwohner, auch an anderen Stellen der Stadt im Zuge von An- und Abreise.
Kleinteilige Gastronomieszene bringt mehr Dynamik GegenĂŒber einem gastronomischen GroĂprojekt, das in der Innenstadt auch einen schĂ€dlichen VerdrĂ€ngungswettbewerb auslösen könnte, bringt eine eher kleinteilig ĂŒber die Innenstadt verteilte Gastronomieszene, die es in Bensheim bereits gibt und behutsam - auch mit ausgesprochenen SpezialitĂ€ten âund Nischenanbietern - weiterentwickelt werden kann, eine viel gröĂere Dynamik in die Stadt, als die Konzentration an einer Stelle.
Bensheim hat auch jetzt schon eine vielfĂ€ltige Innenstadt-Gastronomie auch mit AuĂenbewirtschaftung im Sommer vom Walderdorffer Hof bis zur unteren FuĂgĂ€ngerzone, vom Griechen bis zum Italiener und Inder.
Dazu gibt es innenstadtnah im Innenhof zwischen BĂŒrgerhaus und Dalberger Hof neu wieder AuĂenbewirtschaftung. Zudem die vielen Eiscafes und BĂ€cker mit Kaffeebewirtschaftung oder die Sommerbewirtschaftung im Klostergarten des Franziskushaus in der Klostergasse.
Nicht zu vergessen die vielen Imbisse mit Döner, Asia-Food, Pizza usw.; auch gibt es auf dem Marktplatz bereits die Bewirtschaftung der Kaffeerösterei und das neue Cafe im ehemaligen Anwesen Böhler, dem mit einer sehr individuellen Note viel Potential zugetraut werden kann.
Wer soll denn den vielen Kaffee âsaufenâ?
Wer soll denn den vielen Kaffee in Bensheim âsaufenâ, der dann mit einem neuen GroĂprojekt am oberen Marktplatz angeboten wĂŒrde? Man muss auch immer abwĂ€gen: Macht in dieser Verdichtung ein neuer Betrieb auf, macht ein anderer zu?
Auch die eher als romantische Wunschvorstellung zu bewertende Vorstellung mit einem eingeschossigen GebĂ€ude mit Dachterrasse dĂŒrfte nicht zu Ende gedacht sein: Zum einen optisch gewagt, wenn etwa im Sommer vor der sakralen Kulisse von St. Georg ein Meer von Gastro-Sonnenschirmen aufgereiht das Bild bestimmt.
Zum anderen logistisch nicht vorstellbar: Das Servicepersonal mĂŒsste aus der Basis im Erdgeschoss stĂ€ndig treppauf, treppab den Service auf der Terrasse bewĂ€ltigen. Welcher Gastronom lĂ€sst
sich auf so etwas ein?
Gesamtkonzept zwingend geboten
Bevor eine abschlieĂende Entscheidung fĂŒr ein mögliches neues GebĂ€ude getroffen werden kann ist es professionell zwingend geboten, ein Gesamtkonzept fĂŒr den gesamten Marktplatz vor allen Dingen unter Einbeziehung des ehemaligen Kaufhaus KrĂ€mer und der unter Denkmalschutz stehenden sanierungsbedĂŒrftigen HĂ€user Marktplatz 2 und 3 zu entwickeln, die derzeit zum Verkauf stehen.
Alles andere wĂ€re höchst unprofessionell, fahrlĂ€ssig, nicht vermittelbar und wĂŒrde fĂŒr die nĂ€chste Empörungswelle der BĂŒrgerschaft in Bensheim sorgen, wenn man ĂŒbereilt und zu kurz gedacht den zweiten vor dem ersten Schritt machen wĂŒrde.
Strategischer Hotspot mit Publikumsströmen aus drei Richtungen
Das ehemalige Kaufhaus KrĂ€mer âschreitâ geradezu nach Gastronomie mit AuĂenbewirtschaftung im Sommer ausgesprochen exponiert ĂŒber Eck Bahnhof-/ HauptstraĂe, wo aus nördlicher und sĂŒdlicher HauptstraĂe, sowie der BahnhofstraĂe - den wichtigsten Achsen fĂŒr FuĂgĂ€nger in die Innenstadt - starke Publikumsströme aus gleich drei Richtungen zusammentreffen.
Nimmt man den Publikumsstrom aus dem Parkhaus hinter der Kirche ĂŒber den Markplatz hinzu, sind es vier Achsen und Publikumsströme.
Eine Topp-Lage fĂŒr Gastronomie
Eine Topp-Lage fĂŒr Gastronomie ersatzweise mit dem Potential fĂŒr den gewĂŒnschten Frequenzbringer, der am oberen Marktplatz in der Diskussion steht.
Auch das Innere des ehemaligen Kaufhaus KrĂ€mer mit der reprĂ€sentativen Treppe bietet Gestaltungsmöglichkeiten fĂŒr ein Topp-Restaurant auch mit FlĂ€chen fĂŒr BankettrĂ€ume im Obergeschoss.
Ebenso ist die gegenĂŒberliegende Ecke und Nordflanke Marktplatz 2 und 3 mit einer ergĂ€nzend alternativen gastronomischen Ausrichtung denkbar, etwa als BergstrĂ€Ăer Weinstube, ebenfalls mit AuĂenbewirtschaftung oder/ und mit einem ausgesprochenen SpezialitĂ€ten- und Nischenanbieter wie etwa das ehemalige âPetite Franceâ von Guy Bastian (frĂŒher Wirt im Bacchus Keller).
Aus allen drei Objekten lieĂe sich auch eine primĂ€r anzustrebende AuĂenbewirtschaftung vor und um den den Marktbrunnen umsetzen.
Ein strategischer Hotspot fĂŒr die Stadtentwicklung, der bisher zumindest in der öffentlichen Diskussion ĂŒberhaupt nicht thematisiert wurde.
Rund um den Marktbrunnen: Der Hotspot in Bensheim
Ein solches Marktplatz-Idyll mit einer Bewirtschaftung im Sommer rund um den Marktbrunnen unter den schattigen BĂ€umen, wo man schon beim flanieren von ganz alleine gerne hĂ€ngenbleibt, hat Potential als der sommerliche Hotspot in Bensheim und als der gewĂŒnschte Frequenzbringer
fĂŒr die Innenstadt im Gegensatz zum eher abgelegenen, verdeckten oberen Marktplatz.
Im Gegensatz zum oberen Marktplatz wĂŒrde sich am unteren und mittleren Marktplatz und um den Brunnen eine sehr viel vitalere Szene entwickeln können, wenn hier im Sommer AuĂenbewirtschaftung angeboten wĂŒrde, gegebenenfalls auch von mehreren neuen Betrieben (KrĂ€mer/ Marktplatz 2 und 3). Auch die Gastronomieszene am Hospitalbrunnen wird von mehreren,
unterschiedlich ausgerichteten Betrieben bestimmt.
Ein namhafter BergstrĂ€Ăer Gastronom, der sich seinerzeit mit dem Thema beschĂ€ftigt hat, meinte bereits zutreffend âdie Musik spielt untenâ fĂŒr ein wirtschaftlich tragfĂ€higes Projekt, allenfalls noch in den HĂ€userzeilen des mittleren Marktplatzes, aber niemals oben.
FĂŒr eine zu favorisierende AuĂenbewirtschaftung vor und um den Brunnen wĂ€ren die Servicewege aus einem Betrieb am oberen Marktplatz zu weit.
Renditenstarke Investition
Die Objekte Marktplatz 2 und 3 wĂŒrden alternativ, falls nicht vollstĂ€ndig gastronomisch genutzt, im Erdgeschoss auch als Tourist-Info gut anstehen, die unter touristischem Aspekt in diesen historischen Fachwerk-GebĂ€uden an exponierter Stelle (siehe Publikumsströme aus drei Richtungen) dann in einem strategisch sehr viel vorteilhafteren und reprĂ€sentativeren Ambiente angesiedelt wĂ€re als derzeit.
Langfristig betrachtet kann ein kĂ€uflicher Erwerb dieser Immobilien durch Stadt/ MEGB eine in jeder Beziehung renditestĂ€rkere Investition sein, als jeder Neubau am oberen Marktplatz: StĂ€dtebaulich, emotional und identitĂ€tsstiftend, aber auch wirtschaftlich durch Mieteinnahmen, seien es in den oberen Etagen BĂŒros, Praxen oder Wohnraum.
Solange keine abschlieĂende Sicherheit ĂŒber die kĂŒnftige Nutzung beider Objekte besteht â das Objekt KrĂ€mer ist bekanntlich bereits im Besitz der MEGB - wĂ€re es höchst fahrlĂ€ssig einen weiteren gastronomischen GroĂbetrieb am eher abgelegenen oberen Marktplatz anzusiedeln, wo dann eh keiner mehr hochlaufen wĂŒrde, wenn er unten quasi von alleine schon anderswo reinstolpert.
Mit einer derart möglichen, unterschiedlich ausgerichteten gastronomischen Verdichtung am Marktplatz mit ehemals KrĂ€mer, Marktplatz 2 und/ oder 3, ehemals Böhler und der Kaffeerösterei könnte sich ein korrespondierender zweiter starker Pol im SpannungsverhĂ€ltnis zur gastronomischen Verdichtung in der unteren FuĂgĂ€ngerzone um den Hospitalbrunnen bilden und Dynamik und Belebung in die Innenstadt bringen.
VielfÀltige attraktive gastronomische Angebote in stimmigen Ambienten können in einer Zeit zunehmender Freizeit und Neigung zum Ausgehen eines ausreichend gegebenen solventen Klientels auch zusÀtzliche Nachfrage generieren, ohne daà es zu einem schÀdlichen VerdrÀngungswettbewerb kommen muss.
Wie sehr abwechslungsreiche Gastronomie Leben in eine Stadt bringen kann zeigen im Sommer u.a. die MarktplĂ€tze in Heppenheim und Lorsch oder auch die Altstadt von Zwingenberg mit Scheuergasse. Und da sitzen keineswegs ĂŒberwiegend nur Heppenheimer, Lorscher und Zwingenberger. <
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