Das Werkstattverfahren für den Bensheimer Marktplatz ist passé
Stadtspitze will juristische Bewertung nicht mehr abwarten, sucht vielmehr nach Lösungen „aus dem politischen Raum“ + + + Heftige Kritik von BfB-Fraktionschef Franz Apfel an Christine Klein und Nicole Rauber-JungBENSHEIM. - Nicht auf die beauftragten juristischen Gutachten warten will die Bensheimer Stadtspitze mit Bürgermeisterin Christine Klein und Erster Stadträtin Nicole Rauber-Jung. Das erklärte Klein zu Beginn der jüngsten Sitzung der Stadtverordneten am Donnerstag im neuen Bürgerhaus.
Die Bürgermeisterin und ihre Stellvertreterin hatten diese Gutachten Anfang Oktober beauftragt, nachdem die von einem Empfehlungsteam vorgeschlagene Verfahrensänderung bei der Umsetzung des Parlamentsbeschlusses zum Bürgerbegehren mit einem städtebaulichen Ideenwettbewerb für den Bensheimer Marktplatz hin zu einem sogenannten Werkstattverfahren als nicht zulässig in die Kritik geraten war.
Innenministerium sieht Verfahrenswechsel als nicht praktikabel
Auch vom Hessischen Innenministerium war der Verfahrenswechsel als rechtlich nicht praktikabel aufgezeigt worden (siehe FACT-Bericht unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/kreis-bergstrasse/details/?tx_ttnews).
„Wir haben uns gemeinsam auf einen Weg (Anm. d. Red.: den >Bensheimer Weg<) verständigt, haben gemeinsam die Regeln abgestimmt, und uns gemeinsam auf ein Ziel geeinigt“, konstatierte Christine Klein.
Inzwischen hätten „Teile der Politik“ diesen gemeinsamen Weg verlassen, „und die BI ist trotz all unserer Bemühungen diesen Weg nicht mitgegangen“, stellte die Bürgermeisterin ihre Sicht der Dinge dar.
Ziel: „Alle unter einen Hut bekommen“
Gemeinsames Ziel sei es gewesen, „alle unter einen Hut zu bekommen“. Das Empfehlungsteam habe „in hervorragender Weise alles detailliert ausgearbeitet“ und „das Werkstattverfahren als einen zukunftsfähigen Weg aufgezeigt“.
„Wir (Anm. d. Red.: Bürgermeisterin und Erste Stadträtin) halten diesen Weg immer noch für sinnvoll, allerdings müssen wir uns der Realität stellen“, sagte Klein.
Nach den bisherigen Positionierungen der Fraktionen müsse man erkennen, „dass wir keine Einigkeit erzielen können“. Das aber sei Grundvoraussetzung für den weiteren gemeinsamen Weg.
„Die Tendenz aus dem politischen Raum ist eindeutig“
„Wir werden nicht mehr auf rechtliche Überprüfungen und Gutachten warten“, denn man wolle sich „nicht dem Risiko aussetzen, dass Dritte dagegen juristische Schritte einleiten“. Man müsse davon unabhängig eine Entscheidung treffen, „denn die Tendenz aus dem politischen Raum ist meines Erachtens eindeutig“, befand die Bürgermeisterin.
Den weiteren Weg stellt sich Christine Klein dergestalt vor, dass nach der Terminabstimmung der Vertreterinnen und Vertreter der Fraktionen für eine Sitzung des sogenannten Reflexionsteams dort eine klare Empfehlung für die Stadtverordnetenversammlung „im Sinne unserer Innenstadt“ ausgesprochen werden soll. „Denn im Sinne unserer Innenstadt muss es jetzt vorangehen.“
„Die Bauchlandung hätten sie vermeiden können“
Die Erkenntnisse, die im Empfehlungsteam erarbeitet wurden, „waren und sind ungemein wertvoll“ und sollen nach den Vorstellungen der Bürgermeisterin in die Entscheidung einfließen. „Wir brauchen jetzt Lösungen, denn unsere Innenstadt und die Bensheimerinnen und Bensheimer haben das verdient.“
„Die Bauchlandung hätten sie vermeiden können“ und es sei auch nicht die „böse Bürgerinitiative BMBB und nicht der 'böse politischen Raum', der das zu verantworten hat sondern ausschließlich Sie und Frau Erste Stadträtin Rauber-Jung“, rief BfB-Fraktionschef Franz Apfel der Bürgermeisterin zu.
Wahlversprechen nicht eingehalten
Gerne hätte er für diesen Punkt Positives berichtet, sagte Apfel, falls die Bürgermeisterin Bensheim vorangebracht hätte, indem der städtebauliche Ideenwettbewerb kurz vor der Vorstellung auf einer Bürgerversammlung stünde, „dass Sie die Gräben in unserer Stadt überbrückt hätten, dass die BI >BMBB< ein gleichberechtigter und anerkannter Partner in dem Prozess wäre. Übersetzt: ich hätte gerne die Umsetzung dessen begrüßt, was Sie vor der Wahl angekündigt haben. Das Gegenteil ist aber der Fall.“
Apfel zitierte aus einer Magistrats-Vorlage, die u.a. folgende Passage enthalte: „... Mit der Schließung der Baulücke und der Reaktivierung eines denkmalgeschützten Geschäftshauses an der Ostseite sowie einem abgestimmten Nutzungs- und Gestaltungskonzept für die historische Häuserzeile im Norden und die Sanierung eines denkmalgeschützten Wohn- und Gebäudekomplexes im westlichen Abschluss sind beste Voraussetzungen gegeben, dass vom Marktplatz schon bald wieder eine belebende Initialzündung für die gesamte Innenstadt ausgeht.“
Stadtspitze widersetzt sich Beschluss und will Baulücke schließen
„In diesen Zitaten stecken zwei richtige Hämmer“, stellte der BfB-Fraktionschef fest: Zunächst habe er im Haupt- und Finanzausschuss Bürgermeisterin Klein gefragt, ob es neue Gespräche mit dem Inhaber der denkmalgeschützten Gebäude auf der Nordseite geben würde.
„Nein“ habe die Antwort gelautet. „Wieso kann >man< das dann so in einen Bericht schreiben, wird da nicht gegengelesen?“, fragte Apfel und ergänzte: „es steht im Bericht: Mit der Schließung der Baulücke“.
Der mit sehr großer Mehrheit gefasste Parlamentsbeschluss habe jedoch die Ziele des erfolgreichen Bürgerbegehrens übernommen. „Bei dem Ideenwettbewerb sollen Null-Bebauung, ein- und zweistöckig zum Tragen kommen.
Viele BürgerInnen unserer Stadt wollen eine Nullbebauung mit vielfältiger Nutzung des Platzes. Die Bürgerbeteiligung – mit über 3.200 bestätigten Unterschriften – wird im Rathaus hintertrieben, anders kann man das nicht sagen“, befand der BfB-Fraktionschef.
„Wir ... verlangen die Umsetzung des Stadtverordnetenbeschlusses vom 1. Dezember 2020 und dann die darauffolgende Bürgerbeteiligung“, rief Franz Apfel Christine Klein und Nicole Rauber-Jung abschließend zu.