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Ruprechts Gedanken zur Bürokratie und der Bensheimer Rechenkunst zum 2. Advent

Auch zum 2. Advent erhebt Knecht Ruprecht wieder seine satirische Rute und liest allen Zeitgenossen, die sich seit Jahresbeginn in irgendeiner Weise negativ in Erinnerung gebracht haben, die Leviten, lobt aber gleichzeitig auch deren zumindest vermeintlich erhellenden Werke

Edles Naschwerk backt im Ofenrohr, der Duft von Zimt, mandschurischem Kardamom, Nelken und Marzipan durchströmt die Stuben und die Bergsträßer Kinder freuen sich über den Bensenickel. Er hat die frisch gewichsten Stiefelletten mit Nüssen, Mandarinen und getrockneten Früchten gefüllt.

Die Älteren unter uns freuen sich über die 2. KerzIn, die sie auf dem/der AdventskranzIn entzünden dürfen. Dafür, dass wir das noch dürfen, danken wir unseren Politikern!

Es ist ein Wunder, dass die AdventskränzIn noch nicht verboten wurde, wegen Brandgefahr, Klimaaneignung oder Genderrassismus. Der neuen Ängste der einfachen Leute sind ja derer viele!

Aber wir wollen am zweiten Advent an Gutes und Schönes denken und nicht an die unappetitliche und verlöschende Rest-Ampel im fernen Berlin.

Mit überschäumender Freude notieren wir deshalb, dass Hessen in diesem Jahr mit Manfred Pentz einen Entbürokratisierungsminister bekommen hat. „Herrlich“! Den Ersten in Deutschland!

Im Sommer verkündete im benachbarten Odenwald zudem sogar deren Funken-Mariechen die Gründung eines „Bündnisses gegen Bürokratie“! Sind dies nicht wunderbare Botschaften?

Allen Gewerbetreibenden empfehle ich daher schonmal die Anschaffung von einer oder mehreren Kisten mit Leitzordnern. Wenn die Entbürokratisierungswelle dann wie ein Tsunami über das Land schwappt, gibt es sicher viel Neues abzuheften und da könnten die Ordner sehr schnell knapp werden.

Diverse neue Entbürokratisierungsrichtlinien werden zu erfüllen sein und Entbürokratisierungsstatistiken sind dann sicherlich auch zu erstellen.

Betriebe ab einer bestimmten Mitarbeiterzahl werden sogar einen Entbürokratisierungsbeauftragten bestellen müssen, regelmäßige Entbürokratisierungsweiterbildung wird Pflicht und der TÜV wird eine entsprechende Entbürokratisierungs-Zertifizierung anbieten. Großartig! So läufts!

Nun muss man sich wirklich fragen, woher dieser ganze bürokratische Aufwand überhaupt kommt. Ich vermute mal in erster Linie von denen, die schon länger hier regieren. Deshalb hat man schließlich auch einen von der CDU zum Entbürokratisierungsminister gemacht.

Da beißt sich dann quasi der Eber in den Schwanz. Und besagtes Funken-Mariechen ist - wie bei allem, was mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit missrät - wieder ebenso ganz vorne mit dabei wie die städtische Bensheimer Bauabteilung.

Die braucht ein komfortabel ausgestattetes früheres Yoga-Studio, um darin Archiv-Akten zu lagern, statt diese Räumlichkeiten für das dringend gesuchte – und angeblich nicht gefundene – kostengünstige Domizil der Stadtbibliothek zu nutzen und gibt lieber eine halbe Million Euro für ein Provisorium an völlig ungeeigneter Stätte aus.

Auch wurde mit dieser höchst fragwürdigen Entscheidung darüber hinaus noch eine weit über Bensheims Grenzen hinaus wirkende Kulturstätte zerstört.

Dennoch gibt es auch Positives: Wenigstens hat die CDU in Wiesbaden jetzt nicht mehr mit den GRÜNEN koaliert. Das ist schon mal viel wert und verschont uns damit hoffentlich vom allergrößten Blödsinn auf Landesebene.

Wenn ich aber an die derzeit chaotischen Verhältnisse im Bensheimer Rathaus denke, regen sich bei mir doch gewisse Zweifel an einer analogen euphemistischen These die größte Stadt im Landkreis Bergstrasse betreffend.

Und wenn wir von Rot und Grün reden, komme ich nicht umhin, einen Paragraphen aus dem weltweit viel beachteten Heizungsgesetz der Ampel zu zitieren.

Dieser formvollendete, glanzvolle Höhepunkt abendländisch-bürokratischer Dichtkunst offenbart mehr über die Qualifikation unserer Regierung und Politiker*Innen, als es die 734 Wörter an sich zunächst erahnen lassen.

Insbesondere wenn man bedenkt, dass die erste amerikanische Verfassung nur knapp 2 DIN A4 Seiten umfasste (Fundstelle: § 20 saudummes Heizungsgesetz (SdHG)):

Für das zu errichtende Wohngebäude und das Referenzgebäude ist der Jahres-Primärenergiebedarf nach DIN V 18599: 2018-09 zu ermitteln. (2)

Bis zum 31. Dezember 2023 kann für das zu errichtende Wohngebäude und das Referenzgebäude der Jahres-Primärenergiebedarf auch nach DIN V 4108-6: 2003-06, geändert durch DIN V 4108-6 Berichtigung 1: 2004-03, in Verbindung mit DIN V 4701-10: 2003-08 ermittelt werden, wenn das Gebäude nicht gekühlt wird.

Der in diesem Rechengang zu bestimmende Jahres-Heizwärmebedarf ist nach dem Monatsbilanzverfahren nach DIN V 4108-6: 2003-06, geändert durch DIN V 4108-6 Berichtigung 1: 2004-03, mit den dort in Anhang D.3 genannten Randbedingungen zu ermitteln.

Als Referenzklima ist abweichend von DIN V 4108-6: 2003-06, geändert durch DIN V 4108-6 Berichtigung 1: 2004-03, das Klima nach DIN V 18599-10: 2018-09 Anhang E zu verwenden.

Der Nutzwärmebedarf für die Warmwasserbereitung nach DIN V 4701-10: 2003-08 ist mit 12,5 Kilowattstunden je Quadratmeter Gebäudenutzfläche und Jahr anzusetzen.

Zur Berücksichtigung von Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung sind die methodischen Hinweise in DIN V 4701-10: 2003-08 Abschnitt 4.1 zu beachten.

Das SdHG ist ein wirklich schöner Text, der ausgezeichnet geeignet ist, an kalten Wintertagen gemeinsam im Kreise seiner Lieben mit Genuss und Wonne gelesen zu werden.

Während das Feuer im Kamin gemütlich knistert kann dann der etwas zurückgebliebene Habeck- oder Annalena-Verehrer bei einem Krug heißen Winzerglühweins und in behaglichem Kerzenschein sich der Inkompetenz und wenig leuchtender grüner Wirtschaftspolitik erfreuen.

Aber auch in Bensheim verkommen in jüngster Vergangenheit die Zündfunken lediglich zu Rohrkrepierern. Da errechnet doch die städtische Finanzabteilung fürs kommende Jahr einen Bedarf an frischem Geld von sage und schreibe 1.450 Punkten statt seither 620 Hebesatz-Punkten der Grundsteuer B, was einer Erhöhung um 233,9% entspricht.

Wenige Wochen später dann die kleinlaute Erkenntnis aus dem Finanzdezernat des Rathauses: „Wir haben uns verrechnet, müssen statt 1.450 Punkte auf jetzt 1.740 Punkte – sprich 280,7% – erhöhen", um der Finazmisere in der größten Stadt im Landkreis Bergstraße Herr zu werden.

Da soll mal einer sagen, wir hätten kein qualifiziertes Personal in Verwaltung und Magistrat der Stadt. Und so wünsche ich am zweiten Advent dem hessischen Entbürokratisierungsminister und dem Bensheimer Magistrat samt seiner Verwaltungsabteilungen viel Erfolg. Allein es wird aber nicht gelingen. Ein Blick nach Argentinien sei deshalb anempfohlen.

In diesem fernen Lande ist vor einem Jahr ein Lichtlein aufgegangen und ein junger Präsident zeigt dort, wie man die Verwaltung erfolgreich modernisiert und entbürokratisiert. „Afuera!“ ist das wundersam-wirksame Zauberwort, das man an jenem Ort den Beamten und Angestellten in der Verwaltung gemeinhin zuruft.

Bleibt der fromme Wunsch zum 2. Advent, dass im Bensheimer Rathaus ebenfalls zeitnah nicht nur ein Lichtlein aufgeht, sondern besser gleich eine ganze Flutlichtanlage entflammt.