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LESERBRIEF: Das Wahlvolk wird es einzuschätzen wissen

Als offenkundige Replik auf die „Notizen zum Bensheimer Marktplatz: Kultur, Gastronomie, Grün, Aufenthaltsqualität, kommunikativer Treff, Multifunktionsfläche ...“ des Unterzeichners, wie sie auf dessen Homepage unter www.festspiele-auerbach.de nachzulesen sind, propagiert Manfred Berg als Schreiber einer Überlegung >Eine Vision kann Wirklichkeit werden< gegensätzlich ein „vielfältig verwendbares Gebäude“ als funktionales Element zur östlichen Begrenzung des Marktplatzes.

Aus städtebaulicher Sicht ist eine solche Auffassung selbstverständlich zu vertreten, zumal sich der Schreiber als geschätzter Stadtarchivar a.D. verständlicherweise in erster Linie der Historie verpflichtet fühlt.

Mit dem aktuell unverbauten Blick auf die imposante Kulisse von St. Georg „atmet“ der Bensheimer Marktplatz wieder und hat eine einzigartige Aura.

Ein atmosphärisches Alleinstellungsmerkmal, das imagebildend und vielfach gewinnbringend für die Stadtgesellschaft auch mit Außenwirkung als „das Gesicht“ für Bensheim eingebracht werden kann, wenn das hier schlummernde Potential professionell ausgeschöpft wird: Inhaltlich und kommunikativ.

Das Argument, dass der Marktplatz einen baulichen Abschluss haben muss, überzeugt nicht. Abschluss ist die imposante Fassade von St. Georg. Ohne diesen „Schorschblick“ würde der Marktplatz an Atmosphäre und Flair verlieren.

Der Stadtarchivar a.D. nimmt das in seinem Schlusssatz in Kauf, wohlwissend, dass Bibiliothek, Musikschule und Archiv vom Flächenbedarf niemals bei nur zweigeschossiger Bauweise an dieser Stelle unter einem Dach unterzubringen sind.

Sehr positiv ist jedoch die Ãœbereinstimmung zu registrieren, dass es sinnstiftend ist, diese wichtigen Einrichtungen alle unter einem Dach zu vereinen.

Die jetzigen baulichen Proportionen stimmen, die bestehende Mauer gleicht sich völlig stimmig an die Fassade von St. Georg an und ist optisch nicht etwa ein störender Fremdkörper.

Es besteht keine Not für ein neues Gebäude. Auch in anderen Orten gibt es historisch gewachsene Marktplätze, bei denen die Kirche den Abschluss bildet.

Das Argument, daß da historisch schon immer ein Gebäude gestanden hat (das alte Rathaus), überzeugt nicht. Aktuell gibt es eine völlig andere Ausgangslage:

Die alte Kirche der Vorkriegszeit mit dem einen schlanken Spitzturm hatte einen völlig anderen, unauffälligeren baulichen Charakter, von dem heute keiner als „Schorschblick“ reden würde und die Diskussion um eine neues Haus am Markt wäre kein Streitthema.

Erst die Nachkriegskirche mit den beiden Türmen und der monumentalen Fassade hat dem Marktplatz diese besondere Aura verliehen, die heute ein Gebäude davor entbehrlich macht.

Bei realistischer Einschätzung ist schwer vorstellbar, daß ein wie auch immer geartetes und genutztes neues Haus am Markt in Bensheim auch nur einen einzigen Leerstand beheben und die Innenstadt nachhaltig beleben würde.

Erfahrungswerte liegen doch schon vor: Gastronomie gab es dort schon lange Jahre und auch andere Frequenzbringer, wie die Stadtbibliothek, Tourist-Info oder VHS mit Seminarräumen.

Eine nachhaltige „Belebung“ ist keine Frage der Quantität, etwa derart, daß da unablässig den ganzen Tag über bis in den Abend einige hundert Personen über den Marktplatz hinauf in ein neues Haus am Markt strömen.

Ein derart allein quantitativ „belebter“ Marktplatz ist kein Mehrwert an sich. Eine nachhaltige, substanzielle „Belebung“ muss vielmehr eine Frage der Qualität sein

Damit wieder Leben in unsere Innenstädte einkehrt, brauchen wir Anlässe für Begegnungen, attraktive Freizeitangebote, die Möglichkeit, Kultur zu erleben und Gemeinschaft zu spüren.

Wie das in Bensheim zeitgemäß und zukunftssicher ganzheitlich vom Kirchplatz bis zur Hauptstraße unter Einbeziehung des ehemaligen Kaufhaus Krämer und der denkmalgeschützen, sanierungsbedürftigen Gebäude Marktplatz 2 und 3 ohne ein neues Haus am Markt umgesetzt werden kann auch unter Einbeziehung einer etwas spektakulär anmutenden Aufwertung des hervorragend geführten Museums zeigen die ausführlichen „Notizen“ des Unterzeichners auf.

Die Kernaussagen kurz zusammengefasst: Freiflächengestaltung in einer stimmigen Verbindung aus angedeuteter Freilichtbühne und Grünanlage mit Aufenthaltsqualität zu jeder Jahreszeit für alle Generationen und vielseitig nutzbare Multifunktionsfläche zu jeder Jahreszeit für alle Generationen, u.a. im Sommer auch für Kultur.

Gastronomie am unteren Marktplatz im ehemaligen Kaufhaus Krämer und/ oder den Gebäuden Marktplatz 2 und 3 mit Außengastronomie im Sommer unter den schattigen Bäumen rund um den Marktbrunnen mit Potential als der sommerliche Hotspot in Bensheim.

Schon aktuell könnte man die aufgeräumte Freifläche gewinnbringend nutzen u.a. beim Weihnachtsmarkt als kleiner innerstädtischer Festplatz mit einem historischen Kinderkarusell, das sich wunderbar in das historische Marktplatz-Ambiente einfügen würde.

Oder mit einer Eislaufbahn, umweltverträglich und energieeffizient auf Kunststoffbasis, wie sie vom Hersteller auch gemietet werden kann. Eine solche Eislaufbahn könnte über den Weihnachtsmarkt hinaus im Winter ein einzigartiger Besuchermagnet für die Innenstadt und belebender Faktor für den Einzelhandel und die Gastronomie sein.

Tags für die Kids, während Eltern in der Innenstadt einkaufen und abends after work unter Flutlicht mit Effekten für die Innenstadtgastronomie.

Letztlich ist es eine Frage der Abwägung: Worin liegt der größere Mehrwert? Ein Gebäude, für welche Nutzung auch immer, kann man auch an anderer Stelle bauen.

Die in den „Notizen“ vielfältig benannten Nutzungsmöglichkeiten zu jeder Jahreszeit bei der aufgezeigten Freiflächengestaltung ohne neues Gebäude sind an anderer Stelle in der Qualität und Wirkung für eine Innenstadtbelebung so nicht möglich.

Wer bauen will, sollte sich eher mit dem Hoffart-Gelände befassen. Diese Brache ausgerechnet vor dem Theater ist der größere Schandfleck in Bensheim, als der jetzt schon multifunktional ganzjährig und generationenübergreifend nutzbare Marktplatz, wie in den „Notizen“ aufgezeigt (wenn auch jetzt in einer kulturellen Großtat die nördliche Theaterfassade pünktlich zu Halloween? geradezu furchterregend dekorativ bepinselt worden ist. Wer hat sich da was dabei gedacht? Und was hat das gekostet?).

Hier bietet sich die wohl allerletzte Chance bei einem möglichen Gebäude doch noch ein überfällig, angemessen großes Foyer bei Anbindung an das Parktheater zu realisieren.

Das viel zu kleine untere Foyer hat nie den Ansprüchen genügt und schon gar nicht genügt es in der heutigen Zeit den erwarteten Standards und Ansprüchen eines Ausgehpublikums. Bildungshunger allein treibt heutzutage nicht mehr ausreichend komfortverwöhntes Publikum ins Theater.

Sinnstiftend könnte durchaus die Verbindung von Bibliothek und Theater sein, wie vom Unterzeichner in seinen „Notizen“ erstmals öffentlich ins Spiel gebracht, mit einem kleinen tags betrieben Theater- und Bibliotheks-Cafe, das eventuell auch im oberen Foyer mit einer kleinen Theke angeboten werden kann, die bei Veranstaltungen auch das untere Foyer beim Pausenausschank entlasten würde.

Gerade in den Pausen wird die Enge unerträglich, wenn auch die Besucher von Empore und Balkons nach unten drängen.

Oder/und das Theater-/ Bibliotheks-Cafe wiederbelebend in den Dalberger Hof verlagert, dessen regulärer Restaurantbetrieb seit 1. Mai dauerhaft geschlossen ist.

Vom oberen Foyer, das jetzt schon sehr ansprechend vielfältig möbliert ist, auch hervorragend als Rückzugsort zum Lesen geeignet, gibt es eine direkte Verbindung.

Auch die Wechselausstellungen im oberen Foyer würden in Verbindung mit den Öffnungszeiten der Bibliothek eine viel größere Aufmerksamkeit der regen städtischen Galerieaktivitäten mit mehr Publikum finden.

Das Parktheater könnte von einer solchen Verbindung nur profitieren und es würde der Stadt als Sitz der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste nur allzu gut anstehen.

Einmal im Jahr den roten Teppich auszurollen und zur Gala zu bitten passt da nicht so recht ins derzeit sonstige Bild.

Im oberen Geschoß eines neuen Gebäudes vorausschauend in zukunftssicheren neuen Räumen die Musikschule umsiedeln, bevor der derzeitige Altbau in der Hauptstraße ein Thema wird. Und in einem weiteren Geschoss gerne auch das Archiv. Die Geschosshöhe würde sich stimmig an die weiteren gegenüberliegenden Gebäude an dieser Kreuzung angleichen.

Auch über die Anbindung an eine erweiterte Tiefgarage mit direktem Zugang zu Theater und Bibliothek mit vorgelagerter Ein- und Ausfahrt muss nachgedacht werden, um zeitgemäßen und zukunftssicheren Anforderungen an einen dann stark frequentierten Gebäudekomplex gerecht zu werden.

Ein einladendes großzügiges, platzartiges Entrée zu einem solchen neuen Gebäudekomplex mit Begrünung würde nicht nur dem Namen Parktheater gut anstehen, sondern auch einem Georg-Stolle-Platz den gebührenden Rahmen geben, von dem derzeit keine Rede sein kann.

Ein solch kraftvoller, in die Zukunft gerichteter Akkord Theater, Bibliothek, Musikschule (und eventuell Archiv) an einem Ort in 1 A-Lage (statt der derzeitigen Hinterhof-Adressen von Bibliothek und Musikschule) wäre ein nachhaltiges kulturelles Ausrufezeichen.

Abgesehen vom Ansehen und Image der Stadt mit Außenwirkung, auch mit Strahlkraft und Synergien für die Innenstadtbelebung. Was sonst könnte sinnstiftend und wirtschaftlich tragfähig auf dem Hoffartgelände überhaupt gebaut werden?

In der Gesamtabwägung aller in den „Notizen“ aufgezeigten Aspekten für Marktplatz und Hoffartgelände könnte eine solch mutige, in die Zukunft gerichtete Entscheidungsfindung im Paket als Gebot der Vernunft und Wirtschaftlichkeit ein großer Wurf werden, der mehrere Problemfelder auf einmal abräumt und auf große Akzeptanz in der Bürgerschaft treffen dürfte.

Investitionen in Bibliothek, Musikschule und Theater sind in die Zukunft gerichtet und nachhaltige Investitionen in Bildung, Jugend und Kultur.

Investoren stehen bereit, das Stadtsäckel schonend nach den Wünschen der Stadt zu bauen und zu vermieten. Wer da nicht beherzt zugreift, muss das dem Bürger dann schon sehr gut und transparent erklären. Das Wahlvolk wird es dann einzuschätzen wissen.

Klaus P. Becker
Bahnstraße 15
64625 Bensheim