NEWS

Vorschlag zur Hebesatz-Verdoppelung der Grundsteuer B einstimmig abgelehnt

Haupt- und Finanzausschuss der Bensheimer Stadtverordnetenversammlung sieht 1.275 Hebesatzpunkte, wie vom Magistrat gewünscht, als falschen Lösungsansatz zur Behebung der städtischen Finanzkrise

BENSHEIM. - Die Sitzung der Bensheimer Stadtverordneten am Donnerstag, 03. April, im Dorfgemeinschaftshaus in Gronau soll insbesondere Klärung herbeiführen, wie mit dem Vorschlag des Magistrats der Stadt umgegangen wird, den Hebesatz der Grundsteuer B von aktuell 617 Punkten auf dann rückwirkend zum 01. Januar 2025 mit 1.275 Punkten mehr als zu verdoppeln.

Bereits in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses in der vergangenen Woche wurde diese Thematik ebenso ausführlich diskutiert, wie die damit untrennbar einhergehenden Maßnahmen zur Sanierung des defizitären Haushaltes und der in arge Schräglage geratenen Finanzsituation der Stadt.

Nach der mit einhelliger Tendenz versehenen Diskussion votierten die Ausschussmitglieder einstimmig gegen den Vorschlag der Verwaltung, die Grundsteuer B auf 1.275 Hebesatzpunkte zu erhöhen. Die Aufnahme eines Liquiditätskredits in Höhe von 10 Millionen Euro fand hingegen das einstimmige Votum des Gremiums.

Schlussendlich einigten sich die Mandatsträger auf einen noch auszuarbeitenden gemeinsamen Antrag zur Lösung der prekären Finanzlage der Stadt für die Stadtverordnetenversammlung am 03. April.

Franz Apfel, Fraktionschef der Bürger für Bensheim (BfB), trat der von Verwaltungsseite geplanten exorbitanten Erhöhung der Grundsteuer B mit folgendem Änderungsvorschlag entgegen. „Wir müssen bei den Investitionen runter, das geht schon aus der Ablehnung der Kommunalaufsicht zum Nachtragsplan 2024 hervor“, sagte er.

Dazu bedürfe es auch der Aussetzung des bereits beschlossenen und mit einem eingeplanten Budget versehenen Projekts Laufbahnsanierung Weiherhaus.

„Eine Änderung der Hebesatzsatzung zur Grundsteuer B in Höhe von 1.275 Punkte lehnen wir ab. Wir haben hier einen Änderungs-Antrag zusammen von BfB und VuA eingereicht und wollen die Anhebung auf 1.000 Punkte begrenzen. Bei einer Verlängerung des Konsolidierungszeitraumes auf 10 Jahre wären auch deutlich unter 1.000 Punkte möglich.“

Man sei der Auffassung, dass es – wegen der Liquiditätssicherung – zu einer Anhebung der Grundsteuer B kommen werde. Diese Anhebung wolle die BfB begrenzt sehen mit folgenden Punkten:

Anhebung der Grundsteuer B begrenzt auf 1.000 Punkte, und einer eringfügigen Anhebung der Gewerbesteuer von 390 auf 400 Punkte. Ein Hebesatz bei der Gewerbesteuer von bis zu 400 Punkten belaste Einzelunternehmer und Personengesellschaften nicht, wie auch die Präsentation der Kommunalberatung gezeigt habe.

Ferner könne ein Abbau der Kapitalrücklage der MEGB von 5 Millionen Euro und Überweisung an die Stadt die aktuelle Not lindern. Natürlich müssten da zuvor die MEGB-Gremien gehört werden und das gehe nur ohne steuerliche Belastung des Betrages. Das wäre aber laut einem Bürgernetzwerk-Fachgespräch mit der MEGB möglich.

Auch ein Verkauf von GGEW-Anteilen der Stadt auf 50,1% - „damit behalten wir die Mehrheit, ein Verkauf könnte z. B. an den KMB gehen. Das hilft uns aber in der heutigen Situation“.

Und wenn es dann noch gelänge den Konsolidierungszeitraum von 10 Jahren zu bekommen – aufgrund der besonderen Situation von Bensheim, dann werde auch eine Grundsteuer B unter 1.000 Punkten möglich sein.

„Wir verstehen nicht, dass der Prozess der Haushalts-Beratung wegen einer zusätzlichen Gewerbesteuer-Rückerstattung von weiteren 8 Mio Euro unterbrochen wurde. Wir sind jetzt bereits Ende März und ein Beschluß über den Haushalt 2025 ist nicht in Sicht.

Die vorläufige Haushaltsführung ist auch ein Sparprogramm. Wir brauchen aber konkrete Beschlüsse zu Einsparmaßnahmen und Reduzierung des Investitionsprogramms. Und natürlich auch bei den freiwilligen Leistungen“, skizzierte Franz Apfel die Position der BfB.

Rolf Kahnt bekräftigte für die mitantragstellende Fraktion Vernunft und Augenmaß, die von der Verwaltung vorgeschagene Erhöhung der Grundsteuer B auf 1.275 Punkte sei „sozial unverträglich“. Man könne der Bevölkerung schließlich nur ein bestimmtes Maß an Belastung zumuten.

Für die FDP wollte Harald Böddinghaus „keine Schnellschüsse“, vielmehr den Hebesatz als „Ergebnis der Haushaltsberatungen“ sehen. Dazu bedürfe es zusätzlicher Informationen, „die eine langfristige Perspektive eröffnen“.

Doris Sterzelmaier forderte ebenfalls „jetzt keine Steuererhöhung ohne Haushalt“, dessen Beratungen ja aktuell pausieren. Ein Weg zur Liquiditätssicherung sei die Inanspruchnahme der städtischen MEGB-Einlage.

Für die Bensheimer Christdemokraten erklärte Bernhard Stenger, man müsse eine Balance finden zwischen Bürgerbelastung und einvernehmlicher Genehmigung des Haushalts durch die Aufsichtsbehörden. Auch er halte die Erhöhung der Grundsteuer B auf 1.275 Punkte für nicht realistisch.

Vielmehr solle über eine Rückzahlung der MEGB-Einlage in Höhe von 4 Millionen Euro unter Gremienbeteiligung verhandelt werden. „Darüber kann heute nicht entschieden werden“, sagte Stenger.

Bürgermeisterin Christine Klein skizzierte noch einmal den zeitlichen Ablauf von ihrer Einbringung des Haushaltsentwurfs 2025 am 20. Februar in die Stadtverordnetenversammlung, dem fünf Tage später die Hiobsbotschaft weiterer Gewerbesteuer-Rückzahlungen in Höhe von 8 Millionen Euro folgte, und konstatierte: „Wir haben Liqiditionsprobleme.“

Diese würden spätestens zur Jahresmitte zur Zahlungsunfähigkeit der Stadt führen, wie auch der Leiter der städtischen Finanzabteilung Stephan Schneider bestätigte.

Für eine Verlängerung des Konsolidierungszeitraums für die städtischen Finanzen auf zehn Jahre sei sie mit dem hessischen Innenministerium im Gespräch sagte die Bürgermeisterin.

„Wir haben zehn Jahre lang Schulden vor uns hergetragen, deshalb besteht in Wiesbaden derzeit keine Bereitschaft über eine Lösung zu diskutieren.“ Ein Ergebnis dazu könne deshalb erst nach Vorliegen des städtischen Haushalts 2025 erwartet werden.

Für die Stadttochter Marketing- und Entwicklungsgesellschaft (MEGB) erklärte deren Geschäftsführerin Michaela Kemeter, eine kurzfristige Auskehrung des angedachten Teils der städtischen Einlage sei nicht möglich.

Außerdem würde das „einen Stillstand in der Entwicklung des Kaufhauses Krämer und weiterer Projekte wie Sanierung von Parkhäusern und anderen Gebäuden, die dringend notwendig seien, bedeuten“.

„Die MEGB ist unsere Zukunft. Der aktuelle Investitionsstau kann durch die MEGB abgebaut werden. Bei einem Ausbluten der MEGB kommt der Stau weiter auf uns zurück“, pflichtete Finanzabteilungsleiter Schneider der MEGB-Geschäftsführerin bei und ergänzte: „Wir müssen bei Instandhaltungsaufgaben die Balance halten“.

Nicht verstehen konnte Hans-Christian Wüstner (GRÜNE), dass die steuerliche Angelegenheit bei einer möglichen Auskehrung oder Teilauskehrung der städtischen MEGB-Einlage „noch immer nicht geklärt ist, denn wir reden schon lange darüber, dann muss man auch mal einen Deckel drauf machen“.

„Der MEGB wurde vor rund 20 Jahren mit einer städtischen Einlage in Höhe von 12,5 Millionen Euro geholfen, es wird Zeit, dass ein Teil dieses Geldes zurückfließt“, forderte Franz Apfel.

Harald Böddinghaus lenkte den Blick auf die Gesamtsituation: „Wir reden nur über Einnahmen, haben riesige Ausgaben und müssen über Einsparungen ein Signal an die Bürger senden.“

Tobias Heinz (CDU) sieht die Erhöhung der Grundsteuer ebenfalls fragwürdig, „denn eine mehrfache Erhöhung wird von den Bürgern nicht angenommen“. Stattdessern solle man bis zur Haushaltsentscheidung im Juni die Zerit mit einem Liquiditätskredit überbrücken.

In diesem Punkt bestand Konsens mit dem Vorschlag der GRÜNEN, die neben dem einstimmig beschlossenen Liquiditätskredeit ebenfalls eine steuerfreie Kapitalausschüttung in Höhe von 4 Millionen Euro von der MEGB fordern.

Über diese empfehlenden Vorschläge des Haupt- und Finanzausschusses, die in einem gemeinsamen Antrag der Stadtverordneten-Fraktionen münden sollen, muss das Parlament nun final entscheiden.