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AWO Bergstraße: Ausbau der Suchtberatung und Suchtprävention notwendig

Mitarbeitende der AWO Suchthilfe und Prävention PRISMA freuen sich über die neue Präventionsbroschüre.

Jahresbericht und Präventionsbroschüre der AWO Suchthilfe und ...

... Prävention PRISMA . Fotos: Pressedienst AWO Bergstraße

Die Cannabislegalisierung ist bereits im Gespräch, hier besteht deutlich steigender Bedarf an Unterstützung besonders von Jugendlichen und Familien

LAMPERTHEIM. - Der Fachbereich AWO Suchthilfe & Prävention PRISMA der AWO Bergstraße hatte zum diesjährigen Austausch zu aktuellen Themen sowie zur Vorstellung seiner Arbeit eingeladen.

Gäste waren unter anderem Matthias Schimpf, Hauptamtlicher Kreisbeigeordneter, welcher auch das Grußwort sprach, und Marius Schmidt, Erster Stadtrat der Stadt Lampertheim.

Im Jahr 2021 wurden von PRISMA 544 Menschen beraten, dabei kam es zu 2.568 Kontakten in Form von Terminen.

Dies konnte nun im vorgestellten Jahresbericht der Beratungsstelle differenziert dargestellt werden.

Die Bedarfe in der Beratung steigen, da die Problemlagen der Hilfesuchenden komplexer werden und unterschiedliche, auch individuelle Formen der Unterstützung benötigt werden.

Der Konsum von Alkohol und Cannabis wurde als häufigster Grund bei der Kontaktaufnahme angegeben.

Auch der Opiatgebrauch wird für viele Konsumierende zunehmend problematischer, da riskante Konsumweisen zu einer deutlichen Verschlechterung der Gesundheit führen.

In der Beratung zeigt sich zudem, dass Glücksspiel und Mediennutzung für Hilfesuchende zu großen Problematiken für sich selbst und ihre Familie führen.

Die größten Folgeprobleme sind der Verlust des Arbeitsplatzes, das Anhäufen von Schulden und drohender Verlust des Wohnraums.

Für einige Klient*innen ist die Unterstützung in einen selbstkontrollierten Konsum wichtig, z.B. beim Gebrauch von Medien. Der Aufbau einer tragfähigen Beziehung, um von Sucht betroffene Menschen gut und konstruktiv zu begleiten, benötigt viel Zeit und häufig mehrere Beratungstermine. Zudem gibt es einige Hilfesuchende, die zu einem problematischen Konsum auch eine psychische Erkrankung haben.

Dies benötigt Bedarf an flexiblen und Individuellen Hilfestellungen. Vielfach haben Menschen, die in die Beratung kommen, Familie und Kinder, für die die mit der Sucht einhegenden Belastungen schwer auszuhalten sind. Umso wichtiger ist hier eine gute und vertrauensvolle Begleitung.

Mehr als 3 Millionen Kinder in Deutschland leben in einer suchtbelasteten Familie. Es benötigt hierbei schnelle und dringende Hilfe für die Eltern, wie beispielsweise für die Vermittlung in einen Entzug, eine Reha-Klinik oder auch in eine Selbsthilfegruppe.

Auch die Angehörigenberatung ist ein wichtiger Bestandteil des Angebots der AWO Suchthilfe & Prävention PRISMA. So war fast jede dritte Beratung eine Eltern- oder Angehörigenberatung.

Gerade wenn es um konsumierende Jugendliche geht, ist der Bedarf an schnellen Terminen sehr groß. Wenn das eigene Kind mit Konsum von Cannabis oder anderen Substanzen in Berührung kommt, machen sich Eltern große Sorgen und suchen einen schnellen Kontakt zur Beratungsstelle.

Dort aber fehlt der Beratungsstelle teilweise die finanziellen und personellen Ressourcen, um zeitnahe Termine anbieten zu können. Auch Einrichtungen wie Schulen wenden sich oft mit der Bitte um Unterstützung und Intervention bei konsumierendem Schüler*innen an PRISMA.

Auch hier fehlen die personellen und finanziellen Ressourcen, um zeitnah und ausreichend Unterstützung anbieten zu können. Die Beratungsangebote der AWO Bergstraße sind für jede*n kostenfrei. Finanziert werden sie durch öffentliche Mittel.

Da diese nicht dynamisiert sind, trifft die aktuelle Kostenentwicklung auch die Beratungsstelle und führt zu dem strukturellen Dilemma, dass die genannten Bedarfe schon jetzt nicht vollumfänglich abgedeckt werden können.

Durch weiterhin steigende Kosten in der Zukunft wird das Angebot zudem weiter eingeschränkt
oder Wartezeiten verlängert werden müssen – und dies bei eher steigender Nachfrage. Eine an den Bedarfen orientiere, auskömmliche Finanzierung der Leistungen sollte daher das Ziel sein.

Wie groß der Bedarf ist, zeigt sich anhand einer Befragung, die PRISMA im Jahr 2022 im Kreis Bergstraße im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe durchgeführt hat.

An dieser Befragung nahmen 33 Einrichtungen teil, darunter 20 weiterführende Schulen, wie auch Einrichtungen der Jugendhilfe und weitere Einrichtungen, die mit Jugendlichen zusammenarbeiten.

Nach Einschätzung der dortigen Fachkräfte benötigen aktuell 438 Jugendliche Interventionsmöglichkeiten bei ihrem Substanzkonsum. Derzeit gibt es kein ensprechendes, flächendeckendes Angebot im Kreis.

Dabei ist hier die Platzierung eines gezielten Angebots für Jugendlichen essenziell, um riskanten Konsum zu reduzieren und die Entwicklung einer Abhängigkeit vorzubeugen. Hierzu würde PRISMA gerne sogenannte FreD-Kurse anbieten.

FreD ist ein europaweites Projekt der LWL-Koordinationsstelle Sucht und wurde speziell für die Zielgruppe konzipiert und evaluiert. Jugendliche könnten dann von den Schulen, Ausbildungsbetrieben, Eltern, aber auch von anderen Behörden, wie Jugendhilfe und Justiz, für den Kurs bei PRISMA angemeldet werden.

Hier erhalten sie die Möglichkeit gemeinsam in einer Gruppe, über mehrere Termine hinweg, ihren Konsum kritisch zu reflektieren und alternative Bewältigungsstrategien zu erlernen. Dadurch könnten Schulverweise, Verlust des Ausbildungsplatzes und Straffälligkeiten vermieden werden.

Bei der Erhebung fanden die 27 Einrichtungen der 33 befragten, FreD-Kurse sehr sinnvoll und gehen von einer geschätzten Zahl von 368 Jugendlichen im Jahr aus, die sie gerne an PRISMA vermitteln würden.

Es zeigt sich deutlich, dass es künftig weitere Finanzierungsmittel für die Suchtberatung und die Suchtprävention benötigt. Gerade Prävention sollte frühzeitig ansetzen, damit sie wirken kann.

Dass die AWO Suchthilfe & Prävention PRISMA vielfältige Möglichkeiten hat, Einrichtungen im Kreis Bergstraße zu unterstützen, findet sich mit dem ebenfalls neu vorgestellten Präventionsprogramm der Einrichtung.

PRISMA unterstützt Kinder und Jugendliche ab der Kita bis hin zur Ausbildungsstätte. Besonders für weiterführende Schulen gibt es eine große Angebotspalette an Präventionsangeboten, wie Workshops in Schulen und Seminare für pädagogische Fachkräfte.

Anschaulich gemacht wird dies durch das Weihnachtsgeschenk der Beratungsstelle an den Kreis Bergstraße: in einer Präventionsbroschüre wurden alle Workshops, Seminare, Kurse etc. anschaulich und kompakt zusammengefasst.

Diese Broschüren werden nun an alle weiterführenden Schulen kostenfrei zugesandt. Zudem kann sie auch allen pädagogischen Einrichtungen als PDF zur Verfügung gestellt werden.

Die Anfragen für diese Leistungen sind groß, besonders im Zuge der derzeitigen Debatte um die Cannabislegalisierung sind die Workshops zu diesem Thema sehr gefragt.

Für den Kreis Bergstraße, mit etwa 30 weiterführende Schulen und Berufsschulen, 50 Grundschulen, über 170 Kindertagesstätten und weiteren Einrichtungen wie Jugendzentren, Vereinen etc., steht derzeit eine Präventionsstelle mit einem Stellenumfang von 80% zur Verfügung.

Es steht außer Frage, dass den Bedarfen damit nur schwer zu entsprechen ist. Dabei sollte jedes Kind und jeder Jugendliche die Möglichkeit haben, Präventionsangebote wahrnehmen zu können, um Lebenskompetenz zu fördern und zu stärken.

Dabei ist eine frühzeitige Begleitung besonders bei Kindern und Jugendlichen wichtig, um prägend für ihr späteres Konsumverhalten sein zu können.

Was braucht es nun?

Die Mitarbeitende der AWO Suchthilfe & Prävention PRISMA haben vielseitige Angebote, um auf den aktuellen Bedarf und auf gesellschaftliche Veränderungen (wie die Cannabislegalisierung) zu reagieren und die benötigte Unterstützung Menschen und Familien anzubieten zu können. Jedoch benötigt es hierzu auch die entsprechenden personellen und finanzielle Ressourcen, um eine qualitativ und bedarfsorientierte Suchthilfe für den Kreis Bergstraße anbieten zu können.

AWO Bergstraße

Der AWO Kreisverband Bergstraße e.V. umfasst insgesamt 11 Ortsverbände im Landkreis Bergstraße (Bergstraße, Ried und vorderer Odenwald) und unterhält mit der Tochtergesellschaft AWO Bergstraße Soziale Dienste gGmbH Beratungsstellen für Menschen mit Schulden sowie in Suchtproblematiken, einen ambulanten Pflegedienst, verschiedene Betreuungsdienste mit Einzel- und Gruppenbetreuungen und führt Maßnahmen der Inklusion und der Kinder- und Jugendhilfe durch.

Zudem betreibt er unter seinem Dach eine Kindertagesstätte. Mit diesen Aufgaben sind über 140 haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende betraut, die im Rahmen des gesellschaftlichen Gedankens eines Wohlfahrtsverbandes ihr soziales Engagement verantwortungsbewusst leben.

AWO PRISMA Suchthilfe und Prävention PRISMA

Die AWO Suchthilfe und Prävention PRISMA bietet seit 1985 an den Standorten Lampertheim, Bensheim und Viernheim verschiedene Leistungen der Suchthilfe an.

Dazu gehören unterschiedliche Ansätze der Beratung von Betroffenen und Angehörigen, Nachsorge im Anschluss an Rehabilitationsmaßnahmen, Ambulant Betreutes Wohnen, Maßnahmen der Suchtprävention, Streetworkarbeit sowie weitere zielgruppenspezifische Leistungen beispielsweise der Medien- oder Glücksspielsucht.

Die Arbeit des Fachbereichs AWO Suchthilfe und Prävention PRISMA refinanziert sich durch Fördermittel des Kreises Bergstraße und des Landes Hessen, durch Zuwendungen der Kommunen des Kreises sowie durch vielfältige Leistungen für Menschen, die beispielsweise von Neue Wege, dem Jugendamt oder dem Landeswohlfahrtsverband unterstützt werden.