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„Grundsteuer ist kein Thema für den Bürgermeister-Wahlkampf“

Presseerklärung des Vorsitzenden der Lindenfelser SPD und des Haupt- und Finanzausschusses der Lindenfelser Stadtverordnetenversammlung Ingo Thaidigsmann

LINDENFELS. - Erneut hat ein Kandidat für die Lindenfelser Bürgermeisterwahl das Thema „Grundsteuer“ auf seine Plakate geschrieben und verspricht „Grundsteuer senken – Familien stärken“.

„Dieses Versprechen ist in sich unseriös“, sagt Ingo Thaidigsmann, Vorsitzender der Lindenfelser SPD und des Haupt- und Finanzausschusses der Lindenfelser Stadtverordnetenversammlung.

Das Bundesverfassungsgericht habe 2018 festgestellt, dass die sogenannten „Einheitswerte“ von 1964 (!) also die angenommenen Grundstückswerte als Bemessungswerte für die Grundsteuer nicht mehr verfassungskonform seien.

Der Bundes- und Landesgesetzgeber habe deshalb eine Neubewertung der Grundstücke angeordnet. Die Finanzämter hätten in den letzten Jahren deshalb den „Grundsteuermessbetrag“ für jedes Grundstück, nach Angaben der Eigentümer, neu festgelegt. Hauptfaktor für den Grundsteuermessbetrag sei der Bodenrichtwert und die Art der Bebauung.

Der vom Finanzamt festgesetzte Grundsteuermessbetrag werde mit dem von der Stadt Lindenfels festgelegten Grundsteuer-B-Hebesatz multipliziert. Daraus ergebe sich die zu zahlende Grundsteuer. Diese werde den Steuerpflichtigen von der Stadt mit dem Grundsteuerbescheid mitgeteilt.

Wenn also der Grundsteuermessbetrag im Verhältnis zu 1964 steige, könne der Hebesatz der Gemeinde sinken, ohne dass sich dadurch eine Senkung der Steuer insgesamt ergebe.

Die Grundsteuerreform solle nach dem Willen von Bund und Ländern aufkommensneutral umgesetzt werden. Die Kommunen sollen 2025 nach dem neuen Recht etwa gleich viel Grundsteuer einnehmen wie 2024 nach dem alten Recht.

Das heiße aber nicht, dass die Grundsteuer für den individuellen Steuerpflichtigen belastungsneutral sein müsse. Für die einzelnen Steuerpflichtigen könne sich die Steuerzahlung aufgrund der neuen Steuermessbeträge gegenüber dem alten Recht und der von den Kommunen festgelegten Hebesätze ändern.

„Die entscheidende Frage für die Grundbesitzer bei der Reform lautet sicherlich: Muss ich nach der Reform mehr oder weniger Grundsteuer zahlen? Es wird Verlierer und Gewinner im Zuge der Reform geben, je nach Lage der Immobilie.

Die Stadtverordnetenversammlung hat im Zusammenwirken mit Bürgermeister Helbig zuletzt den Grundsteuer B Hebesatz auf 870 Punkte angehoben. Damals betrug der direkte Zuschussbedarf für die Kindergärten 878.000,00 Euro (ohne Abschreibungen und Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen).

Im Jahr 2024 beträgt der direkte Zuschussbedarf für die Kindergärten 1.384.000,00 Euro (ebenfalls ohne Abschreibungen und Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen). Die Kosten für die Kindergärten sind damit um 506.000,00 Euro gestiegen.

Im Sinne der Familienpolitik sind diese Mehrkosten nicht auf die Eltern umgelegt worden, eine Erhöhung der Kindergartenbeiträge ist nicht erfolgt.

Die Gebühren für die Kindergärten der Stadt Lindenfels sind vergleichsweise mit anderen Kommunen auf einem sehr niedrigen Niveau. Eine Anhebung der Grundsteuer B um 360 Punkte, die vonnöten wäre dieses Defizit auszugleichen ist ebenfalls nicht erfolgt.

Derzeit nimmt die Stadt Lindenfels etwa 1,2 Mio. Euro an Grundsteuer ein. Um wieviel will der Kandidat denn die Grundsteuer senken?

Der Verweis auf geringere Hebesätze an der Bergstraße oder im Taunus hilft nicht weiter. Da dort die Bodenrichtwerte deutlich höher sind, kann hier der Hebesatz niedriger sein.

Ein niedriger Hebesatz heißt deshalb für die Bürger dort, dass die Belastung durch die Grundsteuer durchaus höher sein kann, als in Lindenfels, weil die Grundstücke höher bewertet werden.

Eines vergisst der Kandidat komplett: Die Neufestsetzung des Hebesatzes wird in diesem Herbst/Winter durch die Stadtverordnetenversammlung und nicht den Bürgermeister geschehen müssen. Selbst wenn der Kandidat gewählt werden würde, hätte er darauf keinerlei Einfluss.

Seine Amtszeit würde erst im April 2025 beginnen und die Vertreter der Bürger in der Stadtverordnetenversammlung hätten auch noch ein Wörtchen mitzureden. Deshalb ist das Thema Grundsteuer kein Thema für den Bürgermeisterwahlkampf“, schildert Thaidigsmann die Sicht der Lindenfelser SPD..

„Kommunaler Mandatsträger in der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Lindenfels ist ausschließlich, wer seinen festen Wohnsitz in Lindenfels hat. Somit sind die Vertreter der Bürger in diesem Fall immer auch selbst von den Hebesätzen der Grundsteuer B betroffen.

Glaubt der Kandidat wirklich, dass es nicht im eigenen Interesse der Mandatsträger liegt, die Grundsteuerhebesätze so niedrig wie möglich zu halten? Unterstellt der Kandidat den ehrenamtlichen Mandatsträgern damit, sich selbst und alle Bürger der Stadt Lindenfels als >Melkesel< zu betrachten?

Jetzt also eine Senkung der Grundsteuer plakatieren zu lassen, ohne zu sagen woher das Geld kommen soll, zeugt entweder von hemmungslosen Populismus, oder was noch schlimmer ist: keine Ahnung der kommunalen Finanzen im Allgemeinen und der Lindenfelser Finanzen im Besonderen.“

Bei einem Kandidaten, der weder Erfahrung in der Kommunalpolitik noch in der Verwaltung habe, sei dies auch kein Wunder, heißt es abschließend in der Erklärung von Ingo Thaidigsmann.