LESERBRIEF: Ausblutung der Innenstadt statt Belebung
Vollmundig wollen unsere Bensheimer Stadtverordneten die Innenstadt und insbesondere den Marktplatz beleben. Eine ebenso richtige, wie wichtige, allerdings viel zu späte Erkenntnis.
Mehr als fragwürdig allerdings die Entscheidung der Regierungskoalition aus CDU, GLB und BfB, dies mit einem >CafeExtrablatt< im inzwischen überwiegend gecancelten mehrgeschossigen >Haus am Markt 2.0< realisieren zu wollen.
Angesichts der einmütigen Belebungsabsicht bleibt festzuhalten, dass andere, naheliegende Lösungsansätze regelrecht verschlafen wurden. So ist mir ein Gegensteuern der lokalen Entscheidungsträger bei der „Aussiedlung“ eines Ärztehauses an die Peripherie der Stadt nicht erinnerlich.
Hier wurde ohne Not zumindest einer Entwicklung tatenlos zugesehen, die dem eigenen Anspruch „Innenstadtbelebung“ völlig entgegen läuft. Mehr noch: Diese Maßnahme blutet die Innenstadt weiter aus!
Zahlreiche Ärzte/innen und Zahnärzte/innen haben ihre Praxen in der Innenstadt bereits geschlossen oder werden diese zeitnah schließen um im neuen Ärztehaus am Berliner Ring zu praktizieren.
Das hat im doppelten Sinne negative Auswirkungen. Einmal haben insbesondere ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger aus der Kernstadt das Problem die Ärztin oder den Arzt ihres Vertrauens nicht mehr fußläufig in deren Praxen erreichen zu können und sind entweder auf öffentliche Verkehrsmittel oder Taxen angewiesen.
Abgesehen von den Kosten, gerade auch für gehbehinderte Zeitgenossen, die auf Rollatoren angewiesen sind, zweifellos eine besondere Erschwernis.
Aber auch die Folgen der auf diese Weise billigend in Kauf genommen Innenstadt-Ausblutung sind höchst fatal: Die wenigen im Stadtzentrum verbleibenden Ärzte sind überlastet und können keine weiteren Patienten mehr annehmen.
Auch verbinden Besucher den Gang zum Arzt oder Zahnarzt oft mit einem Einkauf in den praxisnahen Innenstadt-Fachgeschäften. Das werden Einheimische künftig nicht oder nur noch eingeschränkt tun, wenn sie Praxen am Stadtrand aufsuchen müssen.
Und Stadtteil- oder auswärtige Patienten werden nach einem Praxisbesuch am Berliner Ring die dringend belebungswürdige Bensheimer Innenstadt erst gar nicht mehr ansteuern.
Eine nicht nachvollziehbare, zumindest geduldete Innenstadtfeindliche Entscheidung unserer angeblich so sehr auf Belebung des Stadtzentrums ausgerichteten städtischen Verantwortungsträger!
Fritz Dorsheimer
64625 Bensheim