Politischer Gesprächskreis der Nachdenkseiten in Bensheim fand regen Zulauf
BENSHEIM. - Das zweite Treffen des NachDenkSeiten-Gesprächskreises Bensheim/Bergstraße lockte 17 interessierte Bürger unterschiedlichen Alters und einen Vertreter der Presse in das japanische Lokal Okami in der Bensheimer Hauptstraße.
Insgesamt gibt es über 100 Gesprächskreise der Nachdenkseiten, deren Ziel es ist, einen Beitrag zur Aufklärung über politische Hintergründe zu leisten, zum Nachdenken anzuregen und einen offenen Diskurs zu ermöglichen.
Nach einer Kurzvorstellung der Anwesenden fasste Willi Riese-Girolstein nochmals die diskutierten Themen des ersten Treffens zusammen, das sich mit den ersten Kapiteln des Buches „Die Revolution ist fällig - aber sie ist verboten“ von Albrecht Müller befasste.
Der Bestsellerautor und Gründer der politischen Webseite „NachDenkSeiten“ leitete Willy Brandts Wahlkampf 1972 und die Planungsabteilung unter den Kanzlern Brandt und Schmidt.
Es ging das letzte Mal vor allem um die Probleme durch Privatisierung und den Abbau staatlicher Vorsorge sowie durch die Deregulierung der Finanzmärkte, die zu zunehmender Ungleichheit führen, und wie diese Entwicklungen durch lobbyistisch vertetene Interessen großer Kapitalkonzerne, NGOs und Thinktanks beeinflusst werden.
Nehme man die Mietkosten mit in die Berechnung, seien über 20% der deutschen Bevölkerung von Armut und sozialer Kälte betroffen, so Riese-Gierolstein.
Dies könne beim Statistischen Bundesamt nachgelesen werden, wo die Armutsquote als Anteil der von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffenen Bevölkerung bezeichnet wird. Müller nennt unsere Zeit das Zeitalter der Restauration – der Rückschritte.
Das nächste Thema im Buch ist Krieg und Frieden – wobei festzustellen sei, dass der Frieden bei der aktuellen Politik nicht mehr hoch im Kurs stehe, sondern dass Deutschland kriegstüchtig werden solle.
Es würden zunehmend Feindbilder geschaffen, und noch nie habe es so viele Kriege gleichzeitig gegeben, wie im Moment. Weiterhin zeige sich ein reaktionärer Geist im Umgang mit anderen Völkern, wie auch mit Andersdenkenden im eigenen Land.
Es werde eine Sprache der Macht und Drohungen gepflegt – ausgehend von der Politik und transportiert durch die Medien. Eine Teilnehmerin erzählte von einem Interview mit dem ehemaligen Außenminsister von Singapur, der im westlichen Denken eher Konkurrenz und Macht sehe, im östlichen Geist dagegen eher Kooperation und die Förderung von Win-win-Situationen.
Dies sehe man auch an den Gepflogenheiten von USA, EU und NATO, andere Staaten mit wirtschaflicher (Sanktions-)Macht und politischer Einmischung unter Druck zu setzten. Der Zusammenschluss der BRICS-Staaten dagegegen spreche sich aus für eine Zusammenarbeit diverser souveräner Staaten auf Augenhöhe.
Dann gab es eine kurze Diskussion zum Thema Journalismus und Medien, und ein Teilnehmer merkte an, dass in den USA und England auch kritische Leitmedien zu finden seien, im Gegensatz zu Deutschland. Auch gäbe es dort sehr gute investigative Journalisten.
Als Beispiel wurde Seymour Hersh genannt, der vor einem Jahr die Hintergründe der Sprengung der Nordstream-Pipeline aufdeckte. Interessant sei dazu die Webseite „Swiss Policy Research“, welche die großen Medien in eine geopolitische Struktur einordnet und deren Interessenverflechtungen aufzeige: https://www.swprs.org/
Es fand zu den einzelnen Themen eine angeregte, faire Diskussion statt, auch wenn es unterschiedliche Meinungen gab. Wer mitdiskutieren möchte, ist zu den kommenden Gesprächskreisen herzlich eingeladen, die in der Regel am 2. Dienstag im Monat um 19 Uhr im Weiherhaus stattfinden, am 11. Feburar wahrscheinlich letzmalig noch einmal an einem anderen Ort.
Bei Interesse werden Meldungen bei Frithjof Ramb unter nds-gk-bensheim@freenet.de erbeten. Eine Übersicht der Gesprächskreise finden Interessierte auf der Webseite der Nachdenkseiten: https://www.nachdenkseiten.de/?page_id=3921