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Verschiedene Perspektiven Europas beim Heringsessen der SPD

BENSHEIM. - Das traditionelle Heringsessen der SPD Bensheim fand erstmalig im Weingut Mohr statt. Aufgrund der bevorstehenden Wahlen stand Europa diesmal im Mittelpunkt des Abends.

In einer Art >Speakers Corner< konnten die Teilnehmer mit eigenen kurzen Redebeiträgen den Abend mitgestalten und sich an der anschließenden Diskussion beteiligen.

Rolf Müller, ausgewiesener Frankreich-Experte, wies darauf hin, dass die Gelbwesten jetzt schon zum 17. Mal am Samstag Demonstrationen veranstaltet haben. Trotz rückläufiger Teilnehmerzahlen waren es zuletzt immer noch etwa 35.000, die mit den finanziell belastenden Entscheidungen von "Manu" Macron nicht einverstanden waren.

Dies, obwohl manche Entscheidungen wie die Benzinpreiserhöhung wieder zurückgenommen wurden. Neueste Forderung der Gelbwesten ist ein Mindesteinkommen von 2.000 €. Die weitere Entwicklung ist noch nicht absehbar.

Norbert Bauer wies daraufhin, dass er sich als EU-Bürger fühlt und eine EU-Staatsbürgerschaft befürworten würde. Dies stehe aber nicht im Widerspruch dazu, dass er auch stolz darauf sei, deutscher Staatsbürger zu sein.

Die rechtspopulistischen Parteien machen Ewald Nyc Sorgen. In fünf Staaten der EU sind sie bereits an der Regierung beteiligt und in zwei davon stellen sie sogar absolute Mehrheiten. In diesen Staaten wurden bereits restriktive Pressegesetze erlassen, bzw. Rechtssysteme gleichgeschaltet.

Derartige Maßnahmen können in der Zukunft noch weiter vorangetrieben werden und könnten so das gesellschaftliche Klima in ganz Europa negativ beeinflussen und die pluralistische Demokratie gravierend schwächen.

Zypern hingegen, ein Land am Rande Europas, hat mit Nikosia heute noch eine geteilte Hauptstadt. Es ist in der EU, aber nicht in der NATO. Darauf wies Dr. Walther Fitz hin. Welches verborgene Konfliktpotential in dieser Gesellschaft schlummert, lässt sich u.a. daran ablesen, dass es im türkisch geprägten Nordteil des Landes früher noch etwa 300 christlich orthodoxe Kirchen gab, heute jedoch nur noch 5.

Der Vorsitzende der Bergsträßer SPD, Marius Schmidt, erläuterte in seinem Referat, dass auch die Bergstraße von Förderprogrammen der EU profitiere. 14,5 Millionen Euro sind allein in den vergangenen fünf Jahren in den Kreis geflossen.

Wie Präsident Macron ist er der Meinung, dass die EU so wichtig ist wie nie zuvor, aber auch so gefährdet wie nie zuvor. Die Sozialdemokratie sollte eine Union nicht nur in politischer und wirtschaftlicher, sondern gerade auch in sozialer Hinsicht einfordern.

Eine gemeinsame Entwicklungs- und Handelspolitik wäre ebenso zielführend wie der Kampf um Steuergerechtigkeit. Schließlich sollte aber auch noch ein europäischer Mindestlohn eingeführt werden, der sich am durchschnittlichen Einkommen des jeweiligen Staates orientiert.

Entscheidend wird es sein, ob es den proeuropäischen Kräften gelingt, mit diesen und weiteren Vorschlägen die Bevölkerung für die EU zu begeistern und eine akzeptable Wahlbeteiligung bei der Europawahl zu erreichen.