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„Wir müssen das Grundrecht auf Barrierefreiheit gewährleisten“

Manfred Kern, Bürgermeisterkandidat der Bensheimer GRÜNEN (Mitte), lies sich beim Stadtrundgang von Erika Theiss (rechts), Jaqueline Joas und Moritz Müller (links) informieren. Foto: © GRÜNE Bensheim

Bürgermeisterkandidat Manfred Kern (GRÜNE) macht sich zusammen mit Menschen mit körperlichen Einschränkungen auf die Suche nach Barrieren in der Stadt

BENSHEIM. - „Die Beseitigung von Barrieren für Behinderte in Bensheim ist mir immer wieder ein wichtiges Anliegen“ sagt Jaquline Joas im Anschluss an den Rundgang.

Die junge Bensheimerin spricht dabei für sich selbst als Rollstuhlfahrerin, vertritt aber auch die Interessen von Müttern und Vätern mit Kinderwagen und Benutzer*innen von Rollatoren.

Immer wieder, sagt sie, werde sie von vielen freundlichen Mitbürgerinnen und Mitbürgern spontan unterstützt, wenn ihr unüberwindbare Hindernisse wie Hochbordsteine, Treppen auf öffentlichen Verkehrsflächen oder Zugängen zu Gebäuden das Weiterkommen unmöglich machten.

Gleichwohl habe sie die Gelegenheit gerne wahrgenommen, sich gemeinsam mit dem Kandidaten die Innenstadt im Hinblick auf die Barrierefreiheit genauer anzuschauen.

Mit von der Partie ist Erika Theiss, stellvertretende Vorsitzende der Bezirksgruppe Darmstadt/Südhessen im Blinden- und Sehbehindertenbund Hessen e. V. und ebenfalls aus Bensheim.

„Menschen mit besonderen Bedürfnissen gehören mitten in die Gesellschaft,“ sagt Frau Theiss, die nicht völlig blind, aber dennoch auf Hilfen angewiesen ist, und schließt gleich die Frage an, wie weit wir damit denn in Bensheim seien.

Mit der Expertise der beiden Damen ist es gelungen, eine ganze Reihe von „wunden Punkten“ in der Stadt in Bezug auf Zugang und Teilhabe von behinderten Menschen auszumachen.

Gemeinsam mit Manfred Kern und dem Grünen-Stadtverordneten Moritz Müller suchte man gleichzeitig auch nach realistischen Lösungsansätzen.

Folgendes sei hier beispielhaft genannt:

Zugänge zu Ladengeschäften, Gaststätten und öffentlichen Gebäuden, z.B. Amtsgericht oder Polizei, können nicht mit Rollstühlen erreicht oder überwunden werden.

Kern: „Wichtig wäre hier in erster Linie die Ermöglichung von baulichen Lösungen durch eine veränderte Genehmigungspraxis und die Ausräumung von Hindernissen in Gestaltungssatzungen.“

In Fällen, wo das nicht möglich sei, sollten sich die Ladeninhaber eine mobile Rampe zulegen und auf deren Vorhandensein werbewirksam hinweisen.

Die Toilette in der Touristen-Info bietet nicht genügend Raum, um die Tür von innen per Hand zu schließen. Joas: „Eine einfache Lösung wäre ein per Knopfdruck steuerbarer elektrischer Türschließer.“

Eine nicht barrierefreie Toilette steht auch auf dem Markplatz. Anstatt diese im unteren Bereich aufzustellen, wurde sie so platziert, dass man erst den steilen Hang überwinden muss.

Das neue Weindorf am oberen Marktplatz, so Moritz Müller, sei eigentlich eine wunderbare Idee, die hier bereits vor einiger Zeit von der Bürgerinitiative „Bensheimer Marktplatz besser beleben“ in den Raum geworfen worden sei.

Leider käme man aber mit Rollstuhl oder Rollator nicht hinauf. Kandidat Kern: „Auch hier gilt wieder: Eine gescheite Planung hätte viel Ärger, Kosten und Mühe gespart.“

Das Nummernsystem im Bürgerbüro ist für sehbehinderte Menschen unpraktisch. Theiss: „Die Nummer, die dran kommt, sollte akustisch aufgerufen werden“.

Angesprochen wurde auch die Querung des Fußweges im Stadtpark durch eine zu tiefe Abflussrinne fürs Oberflächenwasser, die ein unüberwindliches Hindernis für einen E-Rolli-Fahrer, für Schieberollstühle und Kinderwagen darstellt. Moritz Müller schlug dazu vor, die Querrinne zu überdeckeln.

Bemängelt wurden auch fehlende kontrastreiche Treppenmarkierungen an zahlreichen neuralgischen Punkten.

Zum Schluss kam noch so manche Anregung für die Freizeit zur Sprache:

Bei Festen außer den üblichen Stehtischen an Ständen auch einen „Sitztisch“ zu stellen, an dem Rollifahrer sitzen und bedient werden können

Getränke- und Speisekarten in Großdruck auf Anforderung vorhalten, da viele die Karten sonst nicht lesen können.

Speise- und Getränkekarten in Gaststätten in Brailleschrift drucken lassen und deren Internetauftritte so gestalten, dass diese mit den Screenreadern von PC und Smartphone auslesbar sind.

In Fahrstühlen, die ohnehin häufiger schon Braillebeschriftungen haben, auch eine akustische Stockwerkansage integrieren.

Möglichkeit schaffen für außergewöhnlich gehbehinderte Menschen, auch mal mit dem Taxi zum Kirchberghäuschen oder ähnlichen Sehenswürdigkeiten fahren zu dürfen

Bürgermeisterkandidat Manfred Kern tat das, was man von ihm erwarten konnte: Er versprach, sich um echte Verbesserungen für die Menschen mit Behinderung zu kümmern, wenn er im November zum Bürgermeister gewählt würde.

Zudem würde er die Einrichtung eines Behindertenbeirats befürworten – dadurch wäre die Einbindung der Betroffenen in die Planungsprozesse von Anfang an gewährleistet.

An seine fachkundige Begleitung gewandt schloss Kern mit den Worten: „Sie haben mir sozusagen klar gemacht, wo es langgeht – und wo nicht. Dafür danke ich ihnen.“