Die Seele der Freitagabendandachten
Doris Schreiber ist aus dem Kirchenvorstand in Ueberau ausgeschieden: Ehrenurkunde der EKHN für ihre VerdiensteUEBERAU. - Die Kirchenvorstandswahl im vergangenen Sommer hat einen großen Wechsel gebracht. Viele langjährige Mitglieder des Kirchenvorstands sind ausgeschieden. Doris Schreiber war 24 Jahre lang im Ueberauer Kirchenvorstand.
Die Ueberauer Kirche ist eine der ältesten Kirchen im Evangelischen Dekanat Vorderer Odenwald und das höchste Gebäude im Dorf. Vor über 700 Jahren, am 23. Dezember 1316, wurde sie erstmals urkundlich erwähnt.
Damals war die Kirche, die vermutlich ursprünglich zu einem klösterlichen Gutshof gehörte, rund 100 Jahre alt. In den vergangenen Jahren hat sie sich immer mehr hin zu einer Kulturkirche gewandelt.
Fester Bestandteil sind die Freitagabendandachten im dunklen Winterhalbjahr mit unterschiedlichen Themen und Gästen.
Der Weg zur Kirche hin ist dann von Kerzen gesäumt, in dem gotischen Bau herrscht eine warme Atmosphäre. Diese besondere Gottesdienstreihe ist „mein Baby“, sagt Doris Schreiber.
Im Januar 2005 gab es die erste Freitagabendandacht, ab der dritten Andacht war regelmäßig der Reichelsheimer MichelsChor dabei, in dem sie seit mehr als 20 Jahren singt. Sie organisiert die Freitagabendandachten und bereitet sie vor, an den Abenden helfen ihr zwei Frauen.
„Eine riesige Kraftquelle“
Im Laufe der Jahre hat sich Doris Schreiber ein Netzwerk aufgebaut – Menschen aus der Region, Prädikantinnen und Prädikanten, Pfarrpersonen im Ruhestand. Sie fragt an, wen sie ansprechend findet und wer ihrer Ansicht nach gut etwas zu einem Thema zu sagen hat.
„Mir ist sehr wichtig, übergemeindlich zu denken“, sagt die 68-Jährige. Von Anfang an habe es positive Rückmeldungen gegeben.
Viele Menschen kommen von weiter her, so wie es auch Doris Schreiber dorthin zieht, wo es ihr gut tut und es sie berührt. „Mir sind die Freitagabendandachten eine riesige Kraftquelle.“
Von 1998 bis 2021 war Doris Schreiber ehrenamtlich im Ueberauer Kirchenvorstand, von 2015 bis 2019 als Vorsitzende zusammen mit Gudrun Körber. Ueberau ist eine kleine Kirchengemeinde.
Mit nur vier Mitgliedern im Kirchenvorstand lastete die Arbeit zuweilen schwer auf deren Schultern, vor allem dann, wenn es um komplizierte Bau- und Finanzangelegenheiten ging.
Von 2010 bis 2016 war sie in der Synode des Evangelischen Dekanats Vorderer Odenwald. Für ihre langjährigen Verdienste ist sie mit der Ehrenurkunde der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) ausgezeichnet worden.
Ehrenamt parallel zu Beruf und Familie
Doris Schreiber stammt gebürtig aus Heppenheim, ebenso wie ihr Mann. In Ueberau leben sie schon mehr als 40 Jahre. Ursprünglich war sie katholisch, ist als erwachsene Frau aus der Katholischen Kirche ausgetreten, um nach einer Pause in die Evangelische Kirche einzutreten.
Zur Kirchenvorstandsarbeit kam sie durch den damaligen Pfarrer Klaus Weinert. „Ideen hatte ich viele“, sagt die Ueberauerin, die nach der Familienzeit – die vier Kinder sind heute 46, 43, 41 und 39, außerdem hat sie fünf Enkel – mit 38 Jahren ein Lehramtsstudium aufnahm.
Sie arbeitete dann in der Ueberauer Grundschule, wo sie all die Jahre auch Religion unterrichtete, und sich parallel dazu ehrenamtlich im Kirchenvorstand engagierte. Es sei ein schönes Arbeiten im Team gewesen, sagt Doris Schreiber.
Aber: „Ich habe so lange in meinem Leben Ehrenamt parallel laufen gehabt.“ Ihr Mann war jahrelang für die Grünen im Reinheimer Stadtparlament; auch er hat aufgehört.
Die Erinnerungen bleiben. Zum Beispiel an das Altarprojekt, bei dem kreative, künstlerisch und handwerklich begabte Menschen aus Ueberau und der Region ein Altarmodell bauten und der Kirche als Leihgabe zur Verfügung stellten.
An viele schöne Konzerte. An das Luthermahl zum Reformationsjubiläum. An die Gedenkveranstaltung am Abend des 1. September 2019 mit Zeitzeugen und jungen Menschen, die an den Beginn des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren erinnerte.
„Die Kirche ist mir als Institution da wichtig, wo sie sich in gesellschaftliche Fragen einbringt“, sagt Doris Schreiber. Kirche sei da ein „wichtiges Sprachrohr“.
Glaube ist für sie nichts Statisches, sondern immer auch eine Frage der kritischen Auseinandersetzung. So wie Gott für sie nicht personalisiert ist, sondern spirituell. „Gott ist immer da, wo du es empfindest.“
Doris Schreiber ist zufrieden aus dem Kirchenvorstand ausgeschieden. Die Freitagabendandachten macht sie weiter, „bestimmt noch bis zum 20. Jahr“, sagt sie.