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Bensheim: Haupt- und Finanzausschuss kippt hohen Grundsteuer-B-Hebesatz

Zumindest vorläufig vom Tisch scheint die von seither 620 auf künftig 1.740 Punkte vom Bensheimer Magistrat vorgeschlagene Erhöhung des Grundsteuer B-Hebesatzes: per einstimmigem Votum kippte der vorberatende Haupt- und Finanzausschuss, in dem Vertreter aller Fraktionen sitzen, dieses Verwaltungsvorhaben, sodass es zunächst wohl vorbehaltlich eines entsprechenden Beschlusses der Stadtverordneten am 19. Dezember bei dem vom Land Hessen im Rahmen der generellen Grundsteuerreform für Bensheim vorgeschlagenen Hebesatz für die Grundsteuer B in Höhe von 617 Punkten bleiben wird, ehe mit dem städtischen Haushalt 2025 ein neuer, dann auch rückwirkend gültiger Hebesatz zwangsläufig zum Tragen kommen wird

BENSHEIM. - Mit einem einstimmigen Votum kippten die Mitglieder des zur Bensheimer Parlamentssitzung vorberatenden Haupt- und Finanzausschusses (HuF) am Montagabend, 09. Dezember, die vom Magistrat vorgeschlagene Erhöhung des Hebesatzes zur Grundsteuer B.

Der Hebesatz dieser Grundsteuer war von seither 620 Punkten auf ursprünglich 1.450 Punkte vom Magistrat veranschlagt, wurde aber aufgrund eines „Rechenfehlers“ in der städtischen Finanzverwaltung in der vergangenen Woche noch einmal um 290 Punkte auf zuletzt 1.740 Punkte „erhöht“ (siehe dazu auch FACT-Bericht unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/kreis-bergstrasse/details/?tx_ttnews).

Grund für die Forderung des Magistrats nach exorbitant hoher Steuererhöhung ist die Finanzmisere der Stadt nach massiver Gewerbesteuerrückerstattung und einem Jahresdefizit, zuletzt von Bürgermeisterin Christine Klein bei der Einbringung des erforderlichen Nachtragshaushalts 2024 im Stadtparlament mit 43,2 Millionen Euro angegeben (siehe FACT-Bericht unter: www.de-fakt.de/bundesland/hessen/kreis-bergstrasse/details/?tx_ttnews).

Für Tobias Heinz (CDU) war zunächst klar, dass der wichtigste Tagesordnungspunkt der HuF-Sitzung nicht erst an Position 8 behandelt werden darf, sondern angesichts der zahlreich interessierten Bürger, Priorität zu genießen habe. Darüber bestand uneingeschränktes Einvernehmen.

Völlig einig waren sich im Verlauf der Diskussion zur Verwaltungsvorlage des Grundsteuer-B-Hebesatzes auch parteiübergreifend alle Sprecher, die vorliegende Erhöhung sei nicht tragfähig, wenngleich Konsens darüber bestand, dass ein mittelfristiger Haushaltsausgleich nicht ohne Erhöhung auskommen werde.

So räumte Tobias Heinz ein, es sei schwer zu beurteilen, welcher Hebesatz der richtige sei, kritisierte aber, dass „Sparmaßnahmen von der Verwaltung nicht aufgezeigt, aber erforderlich, und in gewissem Umfang auch möglich“ seien.

„Wir müssen da runter, das ist für uns eine klare Sache“, wurde Franz Apfel (Bürger für Bensheim, BfB) deutlich. Er erwarte, „dass es Veränderungen gibt, aus der auch Sparmaßnahmen für die nächsten Jahre hervorgehen“.

Doris Sterzelmaier (GRÜNE) sieht es als „erschreckend, dass die Grundsteuer B alles ausgleichen soll“. Solidarität sei „wichtig für uns“, dabei dürfe es keine Denkverbote, auch nicht bei der Gewerbesteuer, geben.

Ebenfalls als „nicht tragbar“ bezeichnete Harald Boeddinghaus (FDP) die vorgeschlagene Erhöhung der Grundsteuer B auf 1.740 Punkte. In der Verwaltungsvorlage seien keinerlei Einsparungen erkennbar, kritisierte auch der Liberale.

Dr. Rolf Tiemann (Freie Wählergemeinschaft, FWG) wollte ebenfalls keine Denkverbote gelten lassen. Alle Verwaltungsstrukturen müssten zur Prüfung auf den Tisch und auch der Mitarbeiterstab auf Effizienz überprüft werden.

Das sei keineswegs ein Vorbehalt gegen Rathausmitarbeitende, aber situatiosnbedingt unumgänglich. Der unterbreitete Erhöhungsvorschlag sei indiskutabel.

Bensheim habe nie ein Einnahmeproblem gehabt, aber immer viele Ausgabeprobleme, sagte Rolf Kahnt für die Fraktion Vernunft und Augenmaß (VuA).

Jetzt habe sich die Sache umgekehrt und „wir haben ein riesiges Einnahmeproblem“. Die vorliegenden Lösungsvorschläge der Verwaltung zum Haushaltsausgleich seien „unbefriedigend, weil nicht in die Tiefe gehend“. Auch freiwillige Leistungen müssten auf den Prüfstand.

„Wenn wir die Bürger ernst nehmen, müssen Sparmaßnahmen transparent dargestellt werden“, sonst habe man riesige Probleme alle Bürger mitzunehmen. „Ein gemeinsamer Wille muss vorhanden sein.“ 1.740 Hebesatzpunkte bei der Grundsteuer B sei jedenfalls nicht zumutbar.

Für die SPD sei die Verwaltungsvorlage nicht beschlussfähig sagte HuF-Ausschussvorsitzender Werner Bauer für die Sozialdemokraten. „Die Last muss abgemildert werden“, forderte er. „Erhöhung ja, aber nicht in diesem Umfang.“

„Es ist erschreckend, dass alle Städte und Gemeinden sich in einer ähnlichen Lage befinden wie wir, denn Bensheim steht in dieser Situation keineswegs alleine da“, beantwortete Bürgermeisterin Christine Klein die Frage von Tobias Heinz nach der Positionierung der Aufsichtsbehörden, Regierungspräsidium und Innenministerium.

Erschwerend komme hinzu, „dass wir erhebliche Gewerbesteuer-Rückzahlungen haben aus den Jahren 2022 und 2023. Das zwingt uns Maßnahmen zu ergreifen, um den Haushalt genehmigungsfähig zu gestalten.“

Man habe eine Infrastruktur aufgebaut, die das Leben in Bensheim angenehm mache. „Auch das kostet Geld für Instandhaltung und Personal.“ Alleine für die Pflichtaufgaben müssten mehr als 80 Prozent des Haushaltsbudgets aufgewendet werden.

Man müsse auch die Fragen stellen: „was können wir uns noch leisten?, wo können wir Synergien schaffen?“ Begleitend müsse man die Organisation reinschauen und KI einführen. „Aber das alles braucht Zeit“, sagte die Rathauschefin.

Die vorgeschlagene Erhöhung „passt uns allen nicht“. Man wolle gleichwohl alles dafür tun um die Erhöhung der Grundsteuer B moderat zu gestalten. „Das war unser erklärtes Ziel“, aber die Aufsichtsbehörde habe den von der Verwaltung vorgeschlagenen 10-Jahres-Zeitraum zur Haushaltskonsolidierung auf fünf Jahre verkürzt.

Auf konkrete Nachfrage nach den Zwängen sagte der Leiter der städtischen Finanzabteilung Andreas Schneider: „Es ist grundsätzlich verpflichtend den Haushaltsausgleich innerhalb von zwei Jahren darzustellen.

Das können wir nicht, selbst wenn wir alle freiwilligen Leistungen komplett wegstreichen würden, reicht es nicht. Deshalb wollten wir bis zum Jahr 2034 restrukturieren, die Defizite verlässlich abbauen. Das wurde uns verwehrt und wir müssen bis 2027, spätestens 2028 im Haushaltssicherungskonzept (HSK) den Ausgleich darstellen.“

Die Abstimmung zur Empfehlung des HuF ans Stadtparlament brachte mit der einstimmigen Ablehung der Magistratsvorlage das erwartete Ergebnis.