LESERBRIEF: Bürgerbeteiligung nur dann, wenn's gerade passt
Die Vehemenz, mit der das Bürgernetzwerk gegen die BI zu Felde zieht, ist doch einigermaßen befremdlich und irritierend bei einer Institution, die sich angeblich dem Dialog mit den Bürgern verschrieben hat.
Fragwürdig erscheint mir auch der offensichtlich angemaßte Alleinvertretungsanspruch des Bürgernetzwerks für die allgemeinen Interessen der Bensheimer Bürgerschaft zu sprechen, zumal die Anzahl der Teilnehmer am Dialogforum auch nach eigenen Angaben keinesfalls als repräsentativ angesehen werden kann.
Um die „Unabhängigkeit“ des Bürgernetzwerks zu beleuchten, hilft vielleicht ein Blick auf die Genese. Gegründet wurde das Bürgernetzwerk 2016/17 von der Beratungsfirma IFOK gemeinsam mit dem eingetragenen Verein Transforum und dem Bergsträßer Anzeiger unter dem damaligen publizistischen Leiter Karl-Heinz Schlitt.
Das Bürgernetzwerk, die IFOK GmbH und Transforum e.V. haben eine gemeinsame Geschäftsadresse. Vorsitzender des Vereins ist der als „globaler Netzwerker“ gepriesene Dr. Hans-Peter Meister, der Gründer der IFOK GmbH mit Sitz in Bensheim, Berlin, Düsseldorf und München, in deren Beirat er heute sitzt und Senior Vice President der amerikanischen Cadmus Group, deren Tochter die Ifok GmbH seit 2017 ist.
Das Institut für Organisationskommunikation, so der ausgeschriebene Name der GmbH, wird wohl wissen, wie man Kommunikation organisiert, um das vom zahlenden Auftraggeber gewünschte Ergebnis zu erreichen.
Die nicht unerheblichen Kosten für das von der Stadt initiierte Dialogforum und die Honorare der Mediatoren wurden aus dem Stadtsäckel bezahlt. Die Beteiligung der Bürger ist also auf jeden Fall gegeben, zumindest in ihrer Funktion als Steuerzahler.
Die Bürgerinitiative muss hingegen auf eine derart großzügige Apanage verzichten und sämtliche anfallenden Kosten aus ihrem privaten Portemonnaie bezahlen, während die Stadt kein Steuergeld scheut, das angerichtete Baudesaster zu verschleiern und Bürgerinteressen mit überflüssigen Rechtsgutachten zu torpedieren.
Dazu passt die Info aus einem Presseartikel vom 24. Juni „Ohne Eingang keine Einweihung“, der erneut eine Bürgerbeteiligung, diesmal für die Gestaltung des Beauner Platzes in Aussicht stellt. Bürgerbeteiligung ist also immer dann gefragt, wenn die Verantwortlichen der Stadt ihre Bauprojekte im wahrsten Sinne des Wortes in den Sand gesetzt haben.
Wird das nun der nächste Auftrag ans Bürgernetzwerk, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen? Schließlich muss ja der überteuerte Kasten auch belebt werden. Aber da ist ja noch der Steuerzahler – Bürgerbeteiligung eben.
Doris Tiemann
64625 Bensheim