Fragwürdige Genehmigungspraxis für Windkraftanlagen in Hessen
ODENWALD. - Pünktlich zwischen den Feiertagen zum Jahresende genehmigte das Regierungspräsidium Darmstadt den Bau von insgesamt 20 Windkraftanlagen: 8 in Steinau / Main‐Kinzig‐Kreis, 9 in Schlüchtern‐Breitenbach, eine weitere Anlage am Greiner Eck (jetzt 5) sowie zwei im Felgenwald bei Vielbrunn.
Weitere elf Windkraftanlagen gehen von 2. Januar bis 3. Februar in die Offenlegung, Einsprüche können nur bis 16. Februar geltend gemacht werden, teilt Peter Geisinger, Vorsitzender Vernunftkraft Odenwald e.V., in einer Pressemitteilung mit.
„Man sieht am Zeitpunkt der Genehmigungen, dass die im hessischen Umweltministerium eingerichtete >Clearingstelle< ihrem Auftrag der >Verfahrensbeschleunigung< mehr als gerecht wird; und sei es auch nur durch ihre bloße (kurze) Existenz.“
Das RP Darmstadt müsse ganz offensichtlich den Erwartungen des Ministeriums gerecht werden, „allerdings nicht unbedingt im Rahmen geltenden Rechts“. Im Falle Greiner Eck liege nämlich ein Verstoß gegen EU‐Recht vor: Da es sich dort um ein europarechtlich geschütztes Flora‐Fauna‐Habitat handelt, sei eine Verträglichkeitsprüfung bei Bauvorhaben wie der Errichtung von Windkraftanlagen zwingend vorgeschrieben.
Diese Prüfung sei aus „Zeit‐ und Kostengründen“ abgelehnt worden. Odenwald e.V. hat dazu eine Beschwerde bei der EU‐eingereicht.
„Zu diesen Vorgängen passt auch, dass die Fraktionen von CDU, Grünen und SPD (bei einer Gegenstimme!) in der Regionalversammlung die FDP sowie die Freien Wähler mit 63 zu 15 für die 2. Offenlegung des Regionalplans überstimmt haben.“ Die AfD hatte kein Votum abgegeben, weil der Fraktion die Zeit zum Studium der Unterlagen nicht ausgereicht habe.
„Das Ergebnis der Abstimmung wurde offiziell mit der Ankündigung verbrämt, >Der Bürger hat das Wort!< und außerdem gebe es dann >Rechtssicherheit<. Da ist mehr als ein Hauch von Zynismus zu spüren: Bei der ersten Offenlegung gab es mehr als 25.000 Einsprüche gegen Vorranggebiete für Windkraft.
Der jetzt offenzulegende Regionalplan weist jedoch –oh Wunder!– nicht weniger, sondern mehr Vorranggebiete aus mit mehr als 400 neuen Anlagen im Odenwald!
Begründung: Anders hätte man das Ziel, 2% der Landesfläche für Windkraft bereitzustellen, verfehlt! Die 2% sind sowieso relativ: 0% für die Frankfurter Innenstadt aber 10% im Odenwald, weil es ja geeignete und ungeeignete Flächen gibt, logisch!
Das absurde Ergebnis der 1. Offenlegung sind also mehr Vorranggebiete und Windanlagen bei 25.000 Einsprüchen. Fühlt sich der Bürger da etwa schon verschaukelt?“
Er werde sich ans Schaukeln gewöhnen müssen: Nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit sei eine Novelle zum hessischen Denkmalschutzgesetz ins Gesetzgebungsverfahren eingebracht worden.
In dieser Novelle stehen zwei bedeutungsvolle Paragraphen:
§9 (1) Die Behörden haben bei allen Entscheidungen und Genehmigungen die Belange des Klima‐ und Ressourcenschutzes besonders zu berücksichtigen.
§18 (4) Wenn das öffentliche Interesse an der beabsichtigten Maßnahme entgegenstehenden Gründen des Denkmalschutzes überwiegt, ist die Maßnahme zu genehmigen.
„Klimaschutz ist als öffentliches Interesse definiert, d.h. dem Bau eines geplanten Windparks kann nach dieser Definition der Denkmalschutz nicht mehr entgegenstehen. Gegen die Verabschiedung dieser Novelle haben wir eine Petition an den hessischen Landtag gerichtet.“
Leider sei das nicht das einzige Politikfeld, in dem sich die Kräfte immer weiter Richtung Begünstigung der Windindustrie verschieben würden: „Eine weitere Novelle, diesmal des Bundesnaturschutzgesetzes, enthält massive Verschlechterungen für Wildtiere: Das Tötungsverbot soll nicht mehr für das einzelne Tier, sondern nur noch bei >signifikanter Gefährdung der Population< gelten.
Auch dagegen haben wir eine Stellungnahme verfasst und zusätzlich eine Petition zur Ablehnung der Gesetzesnovelle an den Petitionsausschuss des Bundestages gerichtet.“
Weitere Infos finden Interessierte unter: info(at)vernunftkraft odenwald.deinfo(at)vernunftkraft und www.vernunftkraft-odenwald.de