Was vom Winzerfest ĂŒbrig bleibt
Der Bauhof beseitigt jeden Morgen die Spuren des AbendsBENSHEIM. - Der Morgen macht den Tag. Was in der Werbung fast schon philosophische AnklĂ€nge hat, bedeutet umgemĂŒnzt auf das BergstrĂ€Ăer Winzerfest: Die Mitarbeitenden des Bauhofs machen den Tag.
Und retten ihn auch manchmal. Wenn sie Geldbörsen, Handys, Kreditkarten oder Handtaschen in den Hinterlassenschaften des vorangegangenen Abends finden.
âDann versuchen wir die Besitzer zu ermitteln. Wenn das nicht möglich ist, gehen die Sachen ins FundbĂŒroâ, erklĂ€rt Vorarbeiter Peter Stanzel.
Meistens treffen die Trupps aber auf âalte Bekannteâ, wenn sie gegen 7 Uhr auf dem FestgelĂ€nde in der Innenstadt ankommen:
GlĂ€ser und Weinflaschen, manche intakt, viele zerschellt auf dem Kopfsteinpflaster oder rund um die BĂŒhne im Winzerdorf â so auch am Donnerstagmorgen.
Ein Heer aus Leergut wartet auf Entsorgung. Dazu VerpackungsmĂŒll und als âGarnierungâ eine nasse Klopapierrolle. FĂŒr die MĂ€nner trotzdem reine Routine. Die AblĂ€ufe sind eingespielt.
Handschuhe an und erstmal schauen, wie heftig die Party zuvor war. âEine durchschnittliche Mengeâ, so die EinschĂ€tzung beim ersten Blick in die Runde.
Heftiger sei es an den Wochenenden und nach dem Tag der Betriebe. âDa knirscht es bei fast jedem Schritt.â Wenn Scherben tatsĂ€chlich GlĂŒck brĂ€chten, mĂŒssten die Bauhof-Mitarbeiter dringend Lotto spielen. Die groĂen Brocken sind schneller zusammengefegt.
Nerviger wird es, keine Splitter aus den Fugen zu kratzen. Oder, wie am Donnerstag, die Schnipsel einer Konfettikanone, die offenbar im Ăberschwang der GefĂŒhle gezĂŒndet wurde.
Beim Winzerfest wird eben lange, gerne und gut gefeiert. So auch bei der 86. Auflage in diesem Jahr. Dass es auch mal ausgelassener wird, gehört dazu.
Nicht unbedingt nachvollziehbar: Warum trotz GlĂ€serpfand von zwei und drei Euro (StielglĂ€ser) so viel zu Bruch geht oder einfach zurĂŒckgelassen wird. âOffenbar ist das Pfand noch nicht hoch genugâ, heiĂt es da schulterzuckend aus der morgendlichen Reinigungsrunde.
Ăndern können es die Mitarbeiter des Zweckverbands KMB, zu dem der Bauhofservice gehört, ohnehin nicht. Und so gehen Flaschen und Scherben aus dem Winzerdorf den Weg alles Irdischen und landen in einer der 14 MĂŒlltonnen, die dort stehen.
70 bis 80 sind es auf dem gesamten Areal. Die meisten voll bis zum Deckelrand, wenn sie zum Sammelplatz gebracht werden. Restalkohol inklusive, denn nicht alle Flaschen werden ausgetrunken. Am Abholpunkt wartet ein kleines, eigens fĂŒr das Winzerfest angemietetes MĂŒllauto.
âDas hat sich bewĂ€hrt, damit kommen wir ĂŒberall hin. Was aber viel wichtiger ist: Unsere Mitarbeiter mĂŒssen die schweren Tonnen nicht mehr wie frĂŒher auf die LadeflĂ€chen der Fahrzeuge wuchtenâ, verdeutlicht Harald Berger, GeschĂ€ftsbereichsleiter Technik.
Gesammelt werden die Ăberreste in einem groĂen Container an einem Standort des Bauhofs, der dreimal in der Woche geleert wird. Zwei Stunden dauert im Durchschnitt der morgendliche Einsatz. Danach sieht das FestgelĂ€nde wieder vorzeigbar aus.
41 Mitarbeitende sind dafĂŒr unterwegs, aufgeteilt in fĂŒnf Gebiete. FĂŒr die Dauer des bedeutendsten und gröĂten Wein- und Volksfests in SĂŒdhessen herrscht beim Bauhof Urlaubssperre.
Alle Mann an Bord also, um das Mammutprogramm zu stemmen. Mit Kehrmaschine, Transporter und dem âSpritzwagenâ geht es in die FuĂgĂ€ngerzone. Letzterer dient eigentlich der GĂ€rtnerkolonne dazu, Pflanzen oder BĂ€ume zu bewĂ€ssern.
Aktuell wird er zusĂ€tzlich dafĂŒr verwenden, um unerwĂŒnschte Spuren zu verwischen. âWenn zu viel reinkommt, kommt es oft halt unkontrolliert wieder rausâ, lautet der Kommentar, der keiner weiteren ErklĂ€rung bedarf.
Kein Job fĂŒr zarte GemĂŒter oder zu feine NĂ€schen. Schreckhaft sollte man vermutlich auch nicht sein. Vor allem an den Wochenenden kann es passieren, dass die Menge an Alkohol im Blut den Weg ins heimische Bett unmöglich gemacht hat.
Ăberraschen kann die MĂ€nner kaum noch etwas, dafĂŒr sind sie meisten schon zu lange dabei. âViele machen das seit zehn, zwanzig Jahrenâ, schĂ€tzt Peter Stanzel, der selbst seit mehr als drei Jahrzehnten beim Bauhof ist.
Als Dankeschön lĂ€dt der Verkehrsverein als Ausrichter des BergstrĂ€Ăer Winzerfests immer donnerstags die Mitarbeitenden zum FrĂŒhstĂŒck ein. Das hat sich in den vergangenen Jahren zu einer schönen Tradition entwickelt.
âEin kleines Zeichen der WertschĂ€tzung, weil wir wissen, was wir am Bauhof habenâ, erlĂ€utert Thomas Herborn, geschĂ€ftsfĂŒhrender Vorsitzender des Verkehrsvereins.
Auch fĂŒr BĂŒrgermeistern Christine Klein ist es ein Termin, um danke zu sagen. Denn die Teams putzen nicht nur wĂ€hrend der Festwoche jeden Morgen bis 9 Uhr die Stadt heraus.
Beim Aufbau des Winzerdorfs wird schon lange vor den ersten SalutschĂŒssen zur Eröffnung auf dem Marktplatz tatkrĂ€ftig unterstĂŒtzt. BlumenkĂŒbel und BĂ€nke werden abtransportiert, um Platz fĂŒr StĂ€nde oder FahrgeschĂ€fte zu schaffen.
Blumenbeete erhalten den letzten Feinschliff. Lkw-Sperren werden aufgebaut, Schilder fĂŒr die Rettungswege angebracht. Kurzfristige Hilferufe von Standbetreibern werden, sofern machbar, ebenfalls erhört.
Rund um den Festzug werden Absperrgitter entlang der Strecke verteilt und Beschilderungen aufgestellt. Allein dafĂŒr sind sechs Mann sonntags einen halben Tag abgestellt. Nach der bunten Parade muss ebenfalls krĂ€ftig durchgewischt werden.
Die Kehrmaschine gehört nicht umsonst zum festen Bestandteil mit eigener Zugnummer. Doch auch hier ist Handarbeit angesagt, um die StraĂen, Gehwege und GrĂŒnflĂ€chen von Flyern, Pappbechern und Sonstigem zu befreien.
Am Donnerstagmorgen sind die Mitarbeiter pĂŒnktlich mit ihrer Schicht durch. Doch auch fĂŒr sie gilt: Nach dem Winzerfest ist vor dem Winzerfest. Am nĂ€chsten Tag geht es um 7 Uhr wieder von vorne los, die nĂ€chsten leergetrunken Flaschen warten schon.