Verdienstmedaille für die Fraa vun Bensem
BENSHEIM. - Als Fraa vun Bensem gehört Doris Walter zu Bensheim wie das Kirchberghäuschen und die Stadtkirche Sankt Georg.
Mit Leben erfüllt wird die Sagengestalt durch ihre Heimatliebe, ihr ehrenamtliches Engagement und ihre Hingabe. Vor 41 Jahren hat Doris Walter dieses Ehrenamt übernommen und in den vergangenen Jahrzehnten auf einzigartige Weise geprägt.
Am Freitag wurde sie dafür in Wiesbaden mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland geehrt. Staatsministerin Diana Stolz, die die Auszeichnung überreichte, lobte das außerordentliche Wirken der Bensheimerin.
„Doris Walter lässt seit über 40 Jahren als Fraa vun Bensem Stadtgeschichte lebendig werden. Sie besucht in ihrem historischen Kostüm zahlreiche öffentliche Veranstaltungen und hält dort auch Reden in Mundart.
Unmittelbarer kann man die vergangenen Zeiten wohl kaum erfahrbar machen, sie schafft Identifikation mit ihrer Heimatstadt.“
Doris Walter weiß, wie Bensheim tickt und wo manchmal der Schuh drückt. Sie spricht an, was angesprochen werden muss. Sie bringt sich zum Wohl ihrer Heimatstadt ein und ist als Bensheimer Botschafterin weit über die Grenzen der Region hinaus bekannt.
Die Geschichte der Sagengestalt gehört zum Grundwissen eines jeden Bensheimers. Sie geht auf ein Ereignis im Dreißigjährigen Krieg zurück.
Der Sage nach hat am 2. Dezember 1644 eine Bensheimerin den bayrischen Truppen einen Geheimweg durch den Mühlgraben, unter einem ziemlich langen Hausgewölbe, in die Stadt gezeigt.
Dort machten die bayerischen Soldaten kurzen Prozess mit Schweden und Franzosen, die Bensheim einige Wochen zuvor erobert hatten.
Als Fraa vun Bensem repräsentiert Doris Walter Bensheim. Sie ist seit 1974 Mitglied in der Heimatvereinigung Oald Bensem und übernahm 1983 die Aufgabe, die Fraa vun Bensem zu verkörpern.
Im Gewand und mit der obligatorischen Laterne in der Hand besucht sie im Jahresverlauf rund 150 Veranstaltungen. Der jährliche Höhepunkt steht mit dem Bergsträßer Winzerfest demnächst wieder an. Beim Festzug wird sie auf einem meterhohen Sockel durch die Stadt gefahren.
„Unsere Gesellschaft lebt von Menschen, die sich aktiv und mit Überzeugung einbringen. In dieser Hinsicht ist Doris Walter ein wirkliches Vorbild. Vor ihrem Engagement ziehe ich den Hut“, so Diana Stolz bei der Ordensverleihung.
Doris Walter schilderte in ihrer gewohnt sympathischen Dankesrede den Moment, als sie den Brief von Ministerpräsident Boris Rhein am Nikolaustag öffnete – und „gedacht habe, mich trifft der Schlag.“
Sie blickte in Reimform aber auch auf die nicht leichten Anfänge vor mehr als 40 Jahren zurück. Die „gute Ratschläge“ hätten sie gestählt. Richtlinien und Mahnungen habe es viele gegeben.
Sie dankte bei der Verleihung ihrer Familie, die sie bis heute trage. „Bensem hat für mich alles“, betonte Doris Walter. Die 40 Jahre seien voller Erlebnisse gewesen, eine gute Zeit, in der sie viele liebe Menschen kennengelernt habe.
„Ich liebe, was ich mache, von ganzem Herzen.“ Ans Aufhören denkt die Fraa vun Bensem deshalb noch lange nicht. Gewählt ist sie ohnehin auf Lebenszeit.
Doris Walter bedankte sich außerdem bei Ministerin Stolz „für die Auszeichnung und die lieben Worte“ sowie bei Christine Klein, die ihren Urlaub unterbrochen hatte, um der Auszeichnung beizuwohnen.
Die Bürgermeisterin wiederum dankte Doris Walter für ihren unermüdlichen und selbstlosen Einsatz. „Dein Engagement berührt die Herzen der Bensheimer. Damit hast Du Brücken geschlagen und das Band der Verbundenheit in Bensheim gestärkt. Diese Auszeichnung ist mehr als verdient“, so Christine Klein.
Sie überreichte ihr als kleines Dankeschön eine Flasche Bensemer Drobbe und einen Blumenstrauß. Ihre Rede trug die Bensheimer Bürgermeisterin in Reimform vor.
„Du bist stets authentisch, offen und ehrlich und als Botschafterin Bensems für uns unentbehrlich.“ Weiter führte Christine Klein aus: „Du bist immer da, wo man Hilfe benötigt, ehrenamtlich wird das alles erledigt. Deine Karriere ist geprägt, seit ewiger Zeit, von Freude und Bescheidenheit.“
Hintergrund:
Der damalige Bundespräsident Theodor Heuss stiftete im Jahr 1951 den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland. Er wird für besondere Verdienste um die Bundesrepublik Deutschland sowie für Leistungen im politischen, wirtschaftlichen, sozialen und geistigen Bereich verliehen.
Der Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland wird in acht Stufen verliehen. Verdienstmedaille, Verdienstkreuz am Bande (umgangssprachlich: Bundesverdienstkreuz), Verdienstkreuz 1. Klasse, Großes Verdienstkreuz, Großes Verdienstkreuz mit Stern, Großes Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband, Großkreuz sowie Sonderstufe des Großkreuzes.